Stuttgart. Wie wirkt sich HÄPPI auf die Prozesse in einer hausärztlichen Praxis aus? Und wie können Hürden für eine flächendeckende Umsetzung abgebaut werden? Das soll das bundesweit erste Pilotprojekt herausfinden, haben Hausärztinnen- und Hausärzteverband sowie AOK in Baden-Württemberg am Freitag (15.3.) bekannt gegeben. HÄPPI steht für „Hausärztliches Primärversorgungszentrum – Patientenversorgung Interprofessionell“ und denkt die Versorgungsstrukturen unter hausärztlicher Verantwortung neu.
Von Juli an sollen zehn Praxen – von der Einzelpraxis bis zu größeren Praxen mit drei vollen Versorgungsaufträgen – das HÄPPI-Konzept in ihrer Praxis umsetzen. Interessierte können sich beim Verband melden (s. Kasten). „HÄPPI ist gerade auch ein Angebot für Einzelpraxen“, betonte Prof. Nicola-Buhlinger-Göpfarth, Co-Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg und Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Denn klare Strukturen der Zusammenarbeit mit akademisierten Fachkräften mache Einzelpraxen attraktiver für den ärztlichen Nachwuchs.
Sechs Monate Pilotphase
Der Verband unterstützt die Praxisteams in der sechsmonatigen Pilotphase mit Workshops etwa zu sich verändernden Prozessen. Ebenso werden die Praxen zwei digitale Instrumente etablieren: einen Messenger für die Patientenkommunikation sowie das Angebot einer Tele-/Videosprechstunde.
„HÄPPI sieht dabei nur die Anwendung dieser beiden Instrumente vor. Welches System die jeweilige Praxis dafür nutzen möchte, entscheidet sie selbst“, erklärt Dr. Susanne Bublitz, Co-Vorsitzende des Verbandes. Der Verband wolle in Zukunft zudem digitale Tools sondieren, um Praxen den Überblick zu erleichtern, etwa wie es um die Kompatibilität mit der Praxissoftware (Schnittstelle) steht, ergänzte Co-Vorsitzende Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth.
Wie bei der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) wird die Universität Heidelberg die Pilotphase evaluieren. Erkenntnisse erhoffen sich Verband wie AOK einerseits dazu, wie sich Versorgungsprozesse verändern werden, andererseits zu qualitativen Kriterien wie der Zufriedenheit von Patienten und Praxisteam. Ein Katalog der Qualitätsindikatoren werde derzeit mit der Uni Heidelberg erarbeitet.
Workshops und finanzielle Unterstützung
Die Umstellungen im Praxisteam – von Schulungen der MFA, Information der Patienten, Einführung der digitalen Instrumente sowie dem Neudenken der Praxisorganisation – werden anfangs einige Stunden in Anspruch nehmen, schätzt der Verband. Diesen Aufwand refinanziert die AOK Baden-Württemberg mit Verband und Medi-Verbund daher mit 10.000 Euro für die sechs Monate. Dies sei über eine Pauschale aus dem Strukturfonds innerhalb der HZV möglich, erklärte Buhlinger-Göpfarth. Daher setzt eine Teilnahme am Pilotprojekt die Teilnahme an der HZV voraus.
„Im EBM sind digital unterstützte Prozesse, wie sie bei HÄPPI angedacht sind, über den Arzt-Patienten-Kontakt nicht abbildbar“, erklärt Buhlinger-Göpfarth. Werde am Ende der Pilotphase festgestellt, dass die Finanzierung für die neuen Prozesse nicht ausreiche, „müssen wir mit den Kassen ins Gespräch gehen“. Neben der AOK zeigten bereits weitere Kassen Interesse, aber aufgrund der langjährigen guten Beziehungen zur AOK Baden-Württemberg sei mit ihr die Machbarkeitsstudie am schnellsten umzusetzen gewesen.
„Die Pilotierung in Baden-Württemberg ist ein wichtiger Schritt, um HÄPPI in der breiten Versorgung zu etablieren“, kommentiert Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Die Pilotierungskonzeption biete „eine Blaupause für andere Regionen, um HÄPPI möglichst schnell bundesweit in die Versorgung zu bringen“.