Berlin. Tests auf das Coronavirus (2019-nCoV) in Deutschland bezahlen nun die Krankenkassen. Darauf haben sich Kassen und Ärzte geeinigt, wie das Bundesgesundheitsministerium am Freitag (31.1.) mitteilte. Die Kostenübernahme gilt ab diesem Samstag (1.2.). Auch Ärzte, die sich testen lassen, müssen die Kosten nicht selbst tragen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) weist aber darauf hin, dass die Kostenübernahme nur gilt, wenn es sich um Risikogruppen laut der Kriterien des Robert Koch-Instituts (RKI) handelt – also ein begründeter Verdacht vorliegt (s.u.). Zudem können nur Fachärzte für Labormedizin, Mikrobiologie oder Infektionsepidemiologie die neue EBM-Ziffer 32816 abrechnen.
Praxishilfen aktualisiert
“Der Hausarzt” hat daher seine Checkliste für Praxisteams, den Praxisaushang sowie die Patienteninformation aktualisiert (Stand 4.2.20). Ärzte können diese online kostenfrei herunterladen. Hausärzte nehmen eine Schlüsselrolle ein, um die Versorgungskette und die Identifizierung bei einem möglichen Verdacht in Gang zu setzen. Das heißt, Hausärzte sind gefordert, mit der Anamnese und dem klinischen Bild mögliche Verdachtsfälle zu identifizieren.
Die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) rät, bei einem Verdacht einen Influenza-Schnelltest vorzunehmen. Falle dieser positiv aus, liege wahrscheinlich eine Influenza-Infektion vor.
Sofern ein Verdacht auf nCoV-Infektion besteht, sollten Hausärzte mit dem Gesundheitsamt das weitere Vorgehen abstimmen (PLZ-Suche: https://tools.rki.de/PLZTool/). Die Labortestung auf 2019-nCoV selbst wird routinemäßig also nicht in der Hausarztpraxis stattfinden, sondern erfolgt in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt in der Regel durch den Rettungsdienst oder in Kliniken.
Diagnostik in der Hausarztpraxis nur als Ausnahme
Die für eine sichere Diagnosestellung nötige Gewinnung von Sputum sei bei Personen ohne produktiven Husten “zeitaufwändig und häufig frustran”, schreiben Prof. Michael M. Kochen, Prof. Hanna Kaduszkiewicz und Dr. Josef Pömsl in einer aktuellen Empfehlung der DEGAM. In dieser wird von einer routinemäßigen 2019-nCoV-Diagnostik in der Praxis explizit abgeraten.
Der erhebliche personelle und logistische Aufwand dieser Maßnahme vergrößere im schlimmsten Fall die bestehende Unruhe bei vollem Wartezimmer. “Wer allerdings Erfahrung, Ausrüstung und Zeit hat, kann die Sputumgewinnung in der Praxis durchführen.” (weitere Tipps hierzu s. Kasten)
Dem Gesundheitsamt Baden-Württemberg zufolge betrifft die Coronavirus-Infektion vor allem die tiefen Atemwege. Daher sollten, wenn möglich, sowohl Proben aus den oberen als den tiefen Atemwegen entnommen werden. Die alleinige Testung von Probenmaterial aus den oberen Atemwegen sei zum Ausschluss einer Infektion schlecht geeignet, da dort die Virenbelastung in der Regel zu gering sei. Auch das RKI gibt umfangreiche Vorgaben zur Gewinnung einer gesicherten Diagnose vor.
Umgang mit symptomatischen Patienten bei nCoV im Umfeld
Am Donnerstag (6.2.) hat die DEGAM ihren Leitfaden für Ärzte nochmals aktualisiert. Nun enthalten ist ein Ablaufschema für Verdachtsfälle. Das aber im Wesentlichen auch der Checkliste von “Der Hausarzt” entspricht. Aufgenommen wurde eine Empfehlung für symptomatische Patienten, die zwar Kontakt zum Umfeld eines nachgewiesenen nCoV-Falls haben – aber damit trotzdem nicht die Kriterien für einen begründeten Verdacht erfüllen.
Hier rät die DEGAM, dass Ärzte unter Beachtung der Schutzmaßnahmen einen Abstrich von Naso- und Oropharynx nehmen. Sputum solle nur gewonnen werden, falls der Arzt darin geübt und in der Praxis dafür die nötige Zeit vorhanden sei. Bis das Ergebnis vorliegt, sollten die Patienten zuhause isoliert werden.
Meldepflicht erweitert
Ab Samstag greift laut der Eilverordnung auch eine bereits angekündigte neue namentliche Meldepflicht für Ärzte, Krankenhäuser und Labore. Sie müssen nun schon begründete Verdachtsfälle auf das Coronavirus an das Gesundheitsamt melden und nicht wie bisher nur bestätigte Fälle. Das geht auf eine Eilverordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hervor, die “Der Hausarzt” vorliegt. Zudem müssen Ärzte Verdachtsfälle und eine nachgewiesene Infektion mit der Ziffer 88240 in der Praxissoftware kennzeichnen, haben KBV und GKV-Spitzenverband beschlossen.
Meldepflichtig in Bezug auf das Coronavirus sind jetzt:
- Verdacht auf eine Erkrankung
- Erkrankung, auch wenn im Vorfeld bereits der entsprechende Verdacht gemeldet wurde
- “Entwarnung”, wenn sich der gemeldete Verdacht nicht bestätigt
- Tod infolge der Infektion
Ein Verdacht gilt laut der Verordnung als “begründet”, wenn Patienten entsprechende Atemwegsbeschwerden beklagen (“klinisches Bild”) und sich dies zusätzlich “durch einen wahrscheinlichen epidemiologischen Zusammenhang” begründen lässt. Damit sind besonders die Kriterien des Robert Koch-Instituts (RKI) gemeint, wonach entweder die Person bis zu 14 Tage vor Erkrankungsbeginn im Risikogebiet (Provinz Hubei, ggf. inzwischen auch weitere chinesische Regionen gemäß RKI-Karte) gewesen sein muss oder bis zu 14 Tage vor Beschwerdebeginn Kontakt zu einem bestätigten 2019-nCoV-Fall hatte.
Die Verordnung gilt zunächst für ein Jahr bis 1. Februar 2021, sofern der Bundesrat nichts anderes beschließt. Spahn will damit schnell dafür sorgen, dass Verdachtsfälle auf das Coronavirus früher erkannt und noch besser nachverfolgt werden, hieß es am Freitag aus dem Ministerium.
Unterdessen ist weiterhin unklar, welche Eigenschaften das Virus besitzt – beispielsweise wie leicht die Übertragung erfolgt, wie schwer die Krankheit verläuft und was die genaue Quelle des Ausbruchs war, teilt das Gesundheitsamt Baden-Württemberg mit.
Mit Material von dpa