Berlin. Bei sonstigen Produkten zur Wundbehandlung – insbesondere „nicht formstabilen Zubereitungen“ – sollten Ärztinnen und Ärzte aktuell mehr als vorsichtig bei der Verordnung sein. Denn hier ist die Ausnahmeregelung, wonach diese weiter auf GKV-Kosten verschrieben werden konnten, am 2. Dezember ausgelaufen.
Zu Wochenbeginn berichteten Medien vereinzelt, dass die Sonderregelung verlängert worden sei. Doch eindeutig geklärt ist die Situation hier noch nicht, wie aus einem Briefwechsel innerhalb der Selbstverwaltung hervorgeht, der “Der Hausarzt” vorliegt. Aktuell entwickelt sich für Ärztinnen und Ärzte vielmehr eine Hängepartie. Was ist vorgefallen?
Nicht aufs PVS verlassen
Bereits am Freitag, 29. November, hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in einem Schreiben an die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), den GKV-Spitzenverband und Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) appelliert, die Übergangsregelung „bis zum 2. März 2025 weiter anzuwenden“. Laut Ministerium hapere es derzeit noch an technischen Voraussetzungen, sodass die Produkte, die nicht mehr für die GKV erstattungsfähig sind, in der Software nicht gekennzeichnet sind.
Wichtig: Ärztinnen und Ärzte können sich hier also nicht auf ihr Praxisverwaltungssystem (PVS) stützen, sondern müssen selbst einschätzen, ob es sich um ein sonstiges Produkt zur Wundversorgung handelt oder nicht.
In den Apotheken ist die Lage ähnlich verwirrend: Hier sind nach einem Bericht der „Pharmazeutischen Zeitung“ bereits viele, aber nicht alle sonstigen Produkte als „Verbandmittel nein“ und damit nicht mehr auf Kassenkosten erstattungsfähig gekennzeichnet. Manche Hersteller seien ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen, heißt es – wahrscheinlich weil sie auch mit der geplanten Verlängerung der Übergangsregelung fest gerechnet hatten.
Reaktion der Kassen unklar
Aber zurück zum 29. November: Der Wunsch des BMG zur Fristverlängerung wurde an die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und die regionalen Krankenkassen entsprechend kommuniziert. Auf Nachfrage von „Der Hausarzt“ teilte die KBV jedoch am Freitag mit, man sei noch in Gesprächen mit den Kassen über die konkrete Auslegung.
Wie aus einem Briefwechsel innerhalb der Selbstverwaltung hervorgeht, ist derzeit nach wie vor nicht klar, wie die einzelnen regionalen Kassen dem Wunsch des BMG nachkommen werden.
So reagierte Dr. Sibylle Steiner aus dem KBV-Vorstand in ihrem Brief vom Mittwoch (4.12.) mit „großem Unverständnis“ auf eine Mitteilung der Fachebene des GKV-Spitzenverbandes, „dass sich der GKV-SV nicht in der Lage sieht, diesem Anliegen (Anm. d. Red.: des Ministeriums) zu entsprechen“. Steiner fordert die Kassen daraufhin erneut auf, die Verordnungsfähigkeit „ohne Gefahr von Wirtschaftlichkeitsprüfungen bis zur gesetzgeberischen Klarstellung aufrecht zu erhalten“.
Kassen prüfen noch
Darauf antwortete wiederum Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstands-Vize des GKV-Spitzenverbandes, am Donnerstag (5.12.), dass die Kassen sehr wohl die Versorgung sichern wollten. „Dabei ist nicht unwesentlich, dass Verbandmittel der Gruppen 1 und 2 gemäß der Richtlinie des G-BA lückenlos erstattungsfähig sind.“ Die gesetzlichen Kassen prüften aktuell „mit Hochdruck ihre rechtlichen Handlungsmöglichkeiten“.
Denn: „Der Übergang in den neuen Regelungsrahmen bei sonstigen Produkten zur Wundversorgung der Gruppe 3 kann derzeit leider nicht gesetzlich beschlossen werden.“ Es sei daher wichtig, dies im G-BA schnellstmöglich umzusetzen, schreibt Stoff-Ahnis.
Woran können sich Ärzte orientieren?
Da aktuell nicht abzuschätzen ist, wie lange diese Klärung im G-BA dauern wird, sollen Ärztinnen und Ärzte ihre Verordnungen zur Wundversorgung nach wie vor gut prüfen. Als Orientierung dienen können dabei die Anlage Va der Arzneimittel-Richtlinie, die die Verbandmittel unterteilt: In Teil 1 und 2 aufgeführte Produkte werden von den Krankenkassen erstattet, die in Teil 3 genannten aktuell nicht. Zudem gibt die KV Baden-Württemberg eine Erläuterung zu diesen beiden Anlagen ab.
Sonstige Produkte der Wundversorgung sollten derzeit besser als Privatrezept ausgestellt werden, raten einige KVen. Versicherte könnten dann ggf. die Erstattung bei ihrer Krankenkasse im Nachgang erfragen.
Mittlerweile (18.12.) haben der Verband der Ersatzkassen (VdEK) erklärt, dass sie bis zum 2. März 2025 die Verordnungskosten von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im gleichen Umfang wie bisher übernehmen.
Tipp: Moritz Eckert von den „Rauchenden Köpfen“ und Wundexperte Dr. Stephan Fuchs geben mit dem Wundauflagenleitfaden ebenfalls eine allgemeine Orientierungshilfe zur Wundbehandlung – unabhängig von der aktuellen Situation – an die Hand.
Der Beitrag wurde am 20.12.2024 um 13.40 Uhr aktualisiert.