ReformLauterbach legt Eckpunkte zur Reform der Notfallversorgung vor

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach hat Eckpunkte zur Reform der Notfallversorgung vorgestellt. In dem Papier erkennt der Hausärztinnen- und Hausärzteverband, der ein eigenes Positionspapier erarbeitet hat, einige positive Reformansätze und viele große Fragezeichen.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach stellte die Eckpunkte zur Reform der Notfallversorgung vor.

Berlin. Viele Patientinnen und Patienten steuern heutzutage die Notaufnahmen der Kliniken an, obwohl auch eine ambulante Versorgung ausgereicht hätte. Damit das in Zukunft weniger geschieht, will Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) die Menschen besser durchs System steuern und hat dazu am Dienstag (16.1.) in der Leitstelle der KV Berlin „Eckpunkte zur Reform der Notfallversorgung“ vorgestellt.

Grundsätzlich begrüßt der Hausärztinnen- und Hausärzteverband in einer ersten Reaktion, dass die dringend notwendige Reform nun angegangen und Versicherte zielgerichteter versorgt werden sollen. Gleichzeitig sieht er bei einigen Vorschlägen Umsetzungsschwierigkeiten, etwa was eine telemedizinische Erreichbarkeit rund um die Uhr angeht (siehe unten).

Um Patienten besser durch das System zu leiten, so Lauterbachs Plan, sollen die Terminservicestellen (TSS) ausgebaut und mit Rettungsleitstellen vernetzt werden. Bei den TSS sollen “konkrete Vorgaben zur Erreichbarkeit” festgelegt werden.

Darüber hinaus heißt es im Papier, soll “das Angebot von Beratungsärztinnen und -ärzten (erreichbar über die TSS), die zur Entlastung der Regelversorgung telemedizinisch möglichst abschließend agieren, verpflichtend ausgebaut” werden.

KVen sollen 24/7 Versorgungsangebote vorhalten

Als zweite Maßnahme schlägt Lauterbach eine “Stärkung der bundesweit einheitlichen notdienstlichen Akutversorgung der KVen durch Konkretisierung des Sicherstellungauftrages” vor.

Hierzu sollen die KVen verpflichtet werden, 24/7 eine telemedizinische Versorgung sowie 24/7 eine aufsuchende Versorgung insbesondere für immobile Personen bereit zu stellen. Außerdem werden die KVen verpflichtet, sich an der Einrichtung flächendeckender Integrierter Notfallzentren (INZ) zu beteiligen.

Drittens sollen bundesweit diese INZ und Integrierte Kindernotfallzentren (KINZ) als sektorenübergreifende Behandlungsstruktur eingerichtet werden.

Zentral: Gemeinsame Ersteinschätzungsstelle

Ein INZ oder KINZ besteht dabei aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer KV-Notdienstpraxis und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle. Die KV-Notdienstpraxis soll dabei in unmittelbarer Nähe der Notaufnahme angesiedelt sein, so Lauterbachs Vorstellung.

Wesentliches Element der INZ soll die zentrale gemeinsame Ersteinschätzungsstelle sein, über die die Patientinnen und Patienten dann in die richtige Ebene geleitet werden (Notdienstpraxis oder Notaufnahme).

Die Einrichtung der INZ obliegt der Verantwortung des jeweiligen Krankenhauses. Für den Betrieb ist eine gesonderte fallbezogene Vergütung im EBM vorgesehen, heißt es im Papier.

Terminvergabe der INZ und KINZ über TSS

Die KVen sind für die Besetzung der Notdienstpraxis zu konkret festgelegten Zeiten verpflichtet: an Wochenenden/Feiertagen von 9 bis 21 Uhr, Mittwoch/Freitag 14 Uhr bis 21 Uhr sowie Montag, Dienstag und Donnerstag von 18 bis 21 Uhr. Längere Besetzungszeiten sind möglich.

Die INZ oder KINZ sollen die Möglichkeit über die TSS erhalten, Patienten nach der Erstversorgung geeignete Termine zur Weiterbehandlung in der Regelversorgung anzubieten.

Benötigen INZ-Patienten Medikamente, soll auch eine Abgabe kurzfristig benötigter Arzneimittel erlaubt werden. In INZ soll auch eine Krankschreibung möglich sein, “damit ein gesonderter Besuch in der Hausarztpraxis ausschließlich zu diesem Zweck zukünftig nicht mehr notwendig ist”, heißt es im Papier.

Ambulant/stationärer Schulterschluss: Eigenes Positionspapier vorgelegt

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband hatte am Montag (15.1.) zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem Marburger Bund, dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen sowie dem Spitzenverband Fachärzte (SpiFa) ein gemeinsames Positionspapier zur Reform der Notfallversorgung vorgelegt.

Für die ärztlichen Vertreter aus dem ambulanten und stationären Bereich stellt sich bei dem von Lauterbach vorgestellten Eckpunkten vor allem die Frage, woher all die Ärztinnen und Ärzte sowie das nicht-ärztliche Fachpersonal kommen sollen, die etwa für ein 24/7 telemedizinisches Versorgungsangebot nötig wären.

Positiv bewertet es der Hausärztinnen- und Hausärzteverband, dass Lauterbach die Steuerung der Patienten über die 116117 bzw. die 112 stärken will.

“Positiv ist, dass die Steuerung der Patientinnen und Patienten über die 116117, bzw. die 112 sowie über Integrierten Notfallzentren deutlich gestärkt werden soll. Es muss endlich damit Schluss sein, dass Patientinnen und Patienten bei ihrer Suche nach medizinischer Hilfe in Notfälle allein gelassen werden. Es ist daher richtig, dass zukünftig Patientinnen und Patienten durch klare und verbindliche Strukturen an die richtige Stelle gelotst werden sollen. Ist es niemanden geholfen, wenn Patientinnen und Patienten gezwungen sind, von einer Anlaufstelle zur nächsten zu rennen, in der Hoffnung, dass sie irgendwann an die richtige Tür klopfen. In den Verträgen zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) sehen wir seit vielen Jahren, wie positiv sich eine gute Steuerung der Patientinnen und Patienten auf die Zahl vermeidbarer Notfälle in den Kliniken auswirkt”, sagt Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co-Bundesvorsitzende Hausärztinnen- und Hausärzteverband.

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