Nach und nach haben die Sozialgerichte ihre Rechtsprechung dahingehend geändert, dass Praxisvertretungen grundsätzlich als Arbeitnehmende anzusehen sind. Diese Rechtsprechung hat zwischenzeitlich das Bundessozialgericht bestätigt.
Dies hat leider für die betroffenen Praxisinhabenden unangenehme finanzielle und organisatorische Folgen. Zudem gilt diese Rechtsprechung rückwirkend bis zu vier Jahre, bei Vorsatz bis zu 30 Jahre.
Die Folge ist, dass nun Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung eintritt. Dies bedeutet einen Mehraufwand in Höhe von 40 Prozent, wenn man den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil zusammenrechnet.
Außerdem müssen Praxisinhabende als Arbeitgeber der Praxisvertretung auch gleich die Lohnsteuer abziehen und an das Finanzamt abführen. Des Weiteren ergeben sich arbeitsrechtliche Folgen daraus, sodass die Praxisvertretung, zumindest wenn sie länger tätig ist, Urlaubsansprüche, Kündigungsschutz sowie Anspruch auf Lohnfortzahlung an Feiertagen und im Krankheitsfall hat. Wer als Arbeitgeber all dies negiert, kann strafrechtlich belangt werden.
Nicht auf die leichte Schulter nehmen!
Das Fiese daran ist, dass der Arbeitgeber für alle Abgaben aus der Vergangenheit haftet und diese in der Regel nicht mehr beim Arbeitnehmenden zurückholen kann (Arbeitnehmeranteil Sozialversicherung), da das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht. Hierdurch können sich für die Vergangenheit, auch in Relation zu den Vergütungen, hohe Haftungsbeträge ergeben.
Wollen Sie demnächst eine Vertretung beschäftigen, sollten Sie Ihre Steuerkanzlei frühzeitig informieren, da diese die Vertretung anmelden muss. Das Steuerbüro benötigt Angaben zur Sozialversicherung und Lohnsteuer.
Die Informationen sind nötig, um die Abzüge zu berechnen und abzuführen. Bei Beendigung der Vertretungstätigkeit muss die Vertretung abgemeldet werden, ihr Arbeitslohn und die einbehaltenen Abzüge müssen bestätigt werden.
Meist sind die Praxisvertretenden Mitglieder in einem berufsständischen Versorgungswerk. Das bedeutet, dass jedes Mal eine Befreiung bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt werden muss, wozu wiederum die Vorlage einer Bescheinigung der Mitgliedschaft beim berufsständischen Versorgungswerk nötig ist.
All dies kann dazu führen, dass niemand mehr Interesse hat, Vertretungen zu übernehmen. Weiterhin ergibt sich bei Ihnen und auch beim Steuerberaterbüro ein erheblicher Mehraufwand. Trotzdem muss nach den neuen rechtlichen Gegebenheiten verfahren werden, da Sie sich sonst strafbar machen.
Wenn Sie sich trotz dieser Informationen dafür entscheiden, die Vertretung wie bisher zu behandeln, sollten sie dies ebenfalls Ihrem Steuerbüro mitteilen. Dieses wird dann keine Anmeldung vornehmen und keine Sozialversicherung und keine Lohnsteuer abführen.
Aufgrund der konkreten Anweisungen für jeden einzelnen Fall haftet die Steuerkanzlei dann allerdings nicht für die Nachteile, die möglicherweise später, etwa bei einer Sozialversicherungsprüfung, entstehen.
Fazit
Diese Änderung der Rechtslage ist ein großes Ärgernis für alle Beteiligten. Für die Vertretung, für Sie und die Steuerberatung. Um Strafen zu vermeiden, sollten Praxen aber entsprechend der Vorgaben verfahren.