Der Praktische FallMVZ: Künftige Alternativen

Die Einführung des MVZ liegt nunmehr 15 Jahre zurück. Zuletzt wurden mögliche Weiterentwicklungen diskutiert, etwa der Vorschlag, dass künftig mindestens drei volle Versorgungsaufträge erforderlich sein sollen, um ein MVZ gründen zu können. Ein Überblick.

Einige Hausärzte fragen sich: Ist das MVZ eine Option für die Zukunft?

Der Gesellschafter ist richtig informiert, dass zuletzt mögliche Weiterentwicklungen und Verbesserungen diskutiert wurden und werden, nachdem die Einführung des MVZ nunmehr bereits rund 15 Jahre zurückliegt. Gestützt auf ein Rechtsgutachten, das durch das Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegeben wurde, werden einige Vorschläge diskutiert, die zu einer gesteigerten Transparenz führen und einer möglichen Einflussnahme durch – insbesondere nichtärztliche – Dritte entgegenwirken soll.

Die diskutierten Vorschläge sollen nachfolgend auszugsweise vorgestellt werden – abzuwarten bleibt indes, ob es tatsächlich zu einer Umsetzung der Änderungsvorschläge durch den Gesetzgeber kommt.

1. Mehr Versorgungsaufträge Voraussetzung?

Einen in praktischer Hinsicht äußerst relevanten Aspekt stellt der Vorschlag dar, dass zukünftig mindestens drei volle Versorgungsaufträge erforderlich sein sollen, um ein MVZ gründen zu können. Derzeit reicht es noch aus, dass lediglich zwei Ärzte mit mindestens hälftigem Versorgungsauftrag die Gründung eines MVZ beabsichtigen.

Ausnahmen sollen lediglich dort gelten, wo es sich um einen unterversorgten Planungsbereich handelt bzw. eine Unterversorgung droht. Intention des Vorschlages ist eine klarere Trennung zwischen MVZ und Berufsausübungsgemeinschaften.

Für bereits in der Vergangenheit zugelassene MVZ besteht Bestandsschutz, auch wenn diese die diskutierte Mindestgröße (drei volle Versorgungsaufträge) nicht aufweisen. Anders soll dies für jene MVZ aussehen, die bereits die geplante Mindestgröße erreicht haben: Diese sollen keinen Bestandsschutz genießen, die neuen Regelungen sollen – soweit sie denn Gesetz werden – umfassend für diese MVZ gelten.

2. Mindesttätigkeitsdauer bei “Verzichtsmodell”?

Der sogenannte “Verzicht zugunsten einer Anstellung” gemäß § 103 Abs. 4a SGB V ist eine häufig in Anspruch genommene Alternative geworden. Gerade Ärzte, deren berufliche Tätigkeit in naher Zukunft willkürlich enden soll, nehmen diese Alternative gerne in Anspruch.

Denn auf diesem Weg findet hinsichtlich dem von dem Käufer zu übernehmenden Versorgungsauftrag keine Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses statt, man kann diesem Risiko also bereits frühzeitig begegnen. Den Vorteilen des “Verzichts” steht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) allerdings der “Nachteil” gegenüber, dass der auf seine Zulassung verzichtende Arzt die Absicht haben muss, mindestens für die Dauer von drei weiteren Jahren in dem MVZ beschäftigt zu sein.

Gerade in diesem Kontext war es in der Vergangenheit nicht unüblich, dass Anstellungsmodelle gewählt wurden, die mit fortschreitender Anstellungsdauer Reduktionen des Tätigkeitsumfangs vorgesehen haben. Nach der Rechtsprechung des BSG ist dies möglich: der angestellte Arzt kann nach seinem Verzicht auf die Zulassung zugunsten der Anstellung seine Tätigkeit jährlich um den vertragsarztrechtlichen Anrechnungsfaktor von 0,25 reduzieren. Dies kann zur Folge haben, dass ein im MVZ angestellter Arzt im dritten Jahr seiner Tätigkeit lediglich noch 11 Wochenstunden tätig ist.

Hier wird für die Zukunft ein Verbesserungspotenzial gesehen, nicht zuletzt um die Versorgung der Patienten zu verbessern. Ein möglicher Ansatzpunkt in diesem Kontext ist die Einführung einer gesetzlich festgeschriebenen Mindesttätigkeitsdauer von einem Jahr.

Nach einem Jahr der Anstellung könnte es dem auf seine Zulassung verzichtenden Arzt ermöglicht werden, aus dem MVZ auszuscheiden. Die hierdurch freiwerdende Arztstelle könnte dann anderweitig nachbesetzt werden, wobei der Mindesttätigkeitszeitraum jedenfalls Umgehungsmodelle verhindern will.

3. Stärkung ärztlichen Eigenbesitzes

Eine weitere, äußerst praxisrelevante Änderung würde die Stärkung des ärztlichen Eigenbesitzes bedeuten, die dadurch erreicht werden soll, dass zukünftig sowohl Vertragsärzte als auch in dem MVZ angestellte Ärzte unbeschränkt Gesellschafts-anteile an der MVZ-Trägergesellschaft erwerben können.

Unbeachtet soll in diesem Zusammenhang sein, ob der Anteilsveräußerer seinerseits das MVZ gegründet hat oder seinen Anteil von einem Gründer des MVZ erworben hat. Im Falle einer Umsetzung dieser Forderung könnte es auch dazu kommen, dass Ärzte außerhalb des vertragsärztlichen Systems MVZ gründen; Voraussetzung wäre allerdings, dass sie in dem zu gründenden MVZ selbst als angestellte Ärzte tätig werden. Hier ist nicht sicher, ob der Gesetzgeber sich zu einer solchen Änderung durchringen kann.

4. Ärztliche Leitung

Allenthalben bekannt ist, dass ein MVZ einen gesamtverantwortlichen ärztlichen Leiter zwingend erforderlich benennen muss. Dies soll unter anderem dazu dienen, den Einfluss von Seiten Dritter zu verhindern und eine freie ärztliche Berufsausübung sicherzustellen.

Abzuwarten bleibt, ob sich der Vorschlag durchsetzt, dass es eine weitere Stärkung der ärztlichen MVZ-Leiter bedarf. Hier wurde beispielsweise vorgeschlagen, dass Kündigungsschutzregelungen bei angestellten ärztlichen Leitern begründet werden könnten. Weiterhin diskutiert wurde, ob finanzielle Anreize für die Übernahme der Tätigkeit als ärztlicher Leiter eines MVZ verboten werden sollen.

5. Ende der “Konzeptbewerbung” im Ausschreibungsverfahren?

Bislang ist es möglich, dass ein MVZ sich ohne Benennung eines bestimmten Arztes auf einen zur Nachbesetzung ausgeschriebenen Versorgungsauftrag bewirbt. Hier erfolgte der Vorschlag, diese Möglichkeit zukünftig aufzugeben, sodass immer ein Arzt namentlich gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zur Nachbesetzung eines Versorgungsauftrages zu benennen ist.

“Hält” das MVZ bereits Arztstellen, so soll die Nachbesetzbarkeit freier bzw. freiwerdender Arztstellen ohne Einschränkung erfolgen können.

6. Stärkung der angestellten MVZ-Ärzte

Die Stellung der im MVZ angestellten Ärzte soll zukünftig verbessert werden, wobei sich der diskutierte Vorschlag auf eine Repräsentanz in den Zulassungsgremien erschöpft: Es wird insoweit angeregt, dass in Zulassungsangelegenheiten neben den bisher schon vorhandenen Vertretern der Krankenkassen und der Ärzte auch ein Vertreter der Gruppe der angestellten Ärzte vertreten sein soll. Ob dies tatsächlich zu einer Stärkung der Position angestellter Ärzte führen kann, darf sicherlich hinterfragt werden.

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