Berlin. “Am 6. Dezember ist nicht nur Nikolaus”, sondern auch das Dienstjubiläum von Prof. Karl Lauterbach (SPD), der vor drei Jahren zum Bundesgesundheitsminister berufen wurde, erinnerte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu Beginn seiner Rede bei der KBV-VV.
Nach dem vorzeitigen Ende der Ampel-Regierung sei Lauterbachs gesundheitspolitische Bilanz äußerst mager, kritisierte Gassen. Es bleibe nur ein teures Krankenhausgesetz, eine elektronische Patientenakte, die mehr Fragen aufwerfe als sie beantworte, und das Cannabisgesetz.
Gassen warf Lauterbach Wortbruch vor, die versprochene Entbudgetierung der Hausärzte werde wohl nicht mehr kommen. Dabei habe die Entbudgetierung der Kinderärzte gezeigt, wie einfach der Schritt gewesen wäre.
Selbstverwaltung geeint
Lauterbach habe – das sei mittlerweile bekannt – die Corona-Starre gegen die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts künstlich und zum wirtschaftlichen Schaden Deutschlands verlängert, kritisierte Gassen. Hier sei wenig politischer Raum für die Gesundheitsversorgung geblieben. Eins aber habe Lauterbach geschafft: Die Beteiligten in der Selbstverwaltung – wie ABDA, KZBV und auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft – zu vereinen.
Die künftige Bundesregierung müsse schnell handeln und mit den betroffenen Akteuren gemeinsam Veränderungen anschieben. Es sei sträflich und unklug, die Kompetenz und den Sachverstand der Selbstverwaltung zu ignorieren – wie es Lauterbach getan habe.
“Inakzeptable Arbeitsverweigerung”
„Ideologie hat im Gesundheitswesen nichts zu suchen. Hört auf die Vorschläge, die wir aus der Selbstverwaltung als Kenner und pragmatische Praktiker liefern können“, appellierte auch der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Stephan Hofmeister, in Richtung der Gesundheitspolitiker. Hofmeister: „Ich wünsche mir, dass eine neue Bundesregierung mit uns gemeinsam nach Lösungen sucht – und vor allem eine echte Ambulantisierung der Versorgung anstrebt.”
Die hausärztliche Entbudgetierung könne immer noch realisiert werden, sagte Hofmeister. Einen breiten Konsens habe es auch bei der Bagatellgrenze für Wirtschaftlichkeitsprüfungen gegeben. Und der mühsam gefundene Kompromiss zur Fortführung des Bereitschaftsdienstes stehe jetzt auch auf wackeligen Füßen. Dass hier nichts mehr gehe, sei inakzeptable Arbeitsverweigerung der Parlamentarier, kritisierte Hofmeister.
Kompletter Neustart nötig
Nun sei ein gesundheitspolitischer Neustart notwendig. Die KBV-VV stimmte einstimmig für das Positionspapier „Unsere Gesundheit erlaubt keinen Stillstand“, in dem sechs Kernforderungen der niedergelassenen Ärzteschaft an die neue Bundesregierung festgehalten sind.
Unter anderem fordern die Delegierten eine “nachhaltige Unterstützung von freiberuflich-selbstständigen Strukturen in der ambulanten Versorgung…” , „einen konsequenten Abbau der sachfremden Verwendung von Finanzmitteln…”, bei der Digitalisierung ein “konsequentes Umsteuern von Sanktionen hin zu Anreizen….”, “eine Patientensteuerung, die sich nach medizinischen Erfordernissen der Patientinnen und Patienten bemisst…” etc.
Das einstimmig verabschiedete Positionspapier der KBV-VV mit Forderungen an die neue Bundesregierung finden Sie hier: Positionspapier