ReformenKrankenhausreform: Gesetz ist ein “Verstationisierungsturbo“

Am Donnerstag (17.10.) hat der Bundestag der Krankenhausreform zugestimmt - trotz teils heftiger Kritik. Noch steht der Bundesrat aus. Für den Hausärztinnen- und Hausärzteverband ist insbesondere nicht nachvollziehbar, dass bestimmte Kliniken hausärztliche Versorgung übernehmen sollen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bat den Bundestag um Zustimmung für seine Krankenhausreform.

Berlin. “Wir brauchen diese Reform und zwar jetzt”, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag (17.10.) vor dem Bundestag, der um Zustimmung zu seinem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) bat. Das Gesetz wurde in zweiter und dritter Lesung behandelt. Es soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.

Lauterbach versprach, dass die Reform auch kleine Kliniken auf dem Land schütze. Die Finanzierung sei über kostendeckende Verträge gesichert. Die kleinen Häuser würden von zahlreichen Qualitätszielen ausgeschlossen, sofern sie auf bestimmte komplizierte Eingriffe verzichten würden. 100 Kliniken seien zu viel in Deutschland, sagte Lauterbach. Mit der Reform werde das System umgebaut und diejenigen Häuser geschützt, “die wir benötigen”, so Lauterbach weiter. Ohne die Reform werde es zu einem “beispiellosen Krankenhaussterben” kommen.

Zwei Jahre war über das KHVVG zäh verhandelt worden, die Kritik von den Ländern, den Krankenkassen und auch ärztlichen Berufsverbänden ist bis jetzt immens. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig, im Bundesrat könnte es aber noch gestoppt werden.

“Sinnvoller Weg wurde verlassen”

Das ursprüngliche Ziel des KHVVG sei gewesen, ineffiziente stationäre Strukturen zu optimieren und zu entlasten, erklärt der Hausärztinnen- und Hausärzteverband am Donnerstag (17.10.) im Vorfeld der Lesung des Gesetzes im Bundestag. “Diesen sinnvollen Weg hat das Gesetz in wesentlichen Teilen längst verlassen und bewegt sich stattdessen in die völlig entgegengesetzte Richtung. So sollen bestimmte Kliniken hausärztliche Versorgung übernehmen.

Im Klartext bedeutet das: Statt dafür zu sorgen, dass es in Zukunft noch ausreichend Hausarztpraxen gibt, will die Politik die Menschen in den betroffenen Regionen lieber direkt in die Kliniken schicken. Anstatt mehr Ambulantisierung zu wagen, ist das Gesetz nichts anderes als ein “Verstationierungsturbo””, resümieren die beiden Bundesvorsitzenden Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier. Dies werde der Versorgung schaden und neue Kosten verursachen.

Die Krankenhausreform wird zu mehr Ausgaben führen, davon ist auch der GKV-Spitzenverband überzeugt. “Wir blicken konstruktiv nach vorn, kritisieren aber weiterhin die enormen Umsetzungskosten des KHVVG und die Folgen für die Beiträge der GKV-Beitragszahlenden“, erklärte Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes. Eine Abkehr von der reinen DRG-Mengenfinanzierung für Krankenhäuser sei im KHVVG nicht erkennbar. Bedauerlich seien auch die Qualitätsabstriche, kritisiert Stoff-Ahnis.

Kritik an fehlender Auswirkungsanalyse

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU, Tino Sorge, kritisierte im Bundestag vor allen Dingen, dass bis jetzt keine ordentliche Auswirkungsanalyse des Gesetzes vorgelegt worden sei. Lauterbach warf er Wortbruch vor, auch weil das Gesetz mittlerweile nicht mehr zustimmungspflichtig sei und von der geforderten Brückenfinanzierung keine Rede mehr sei. Die CDU/CSU werde dem Gesetz nicht zustimmen.

Karl-Josef Laumann, Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, kündigte die Anrufung des Vermittlungsausschusses an. Eine Reform der Kliniken sei dringend nötig, Geschäftsgrundlage sei aber ein zustimmungspflichtiges Gesetz gewesen. Diesen Weg habe die Ampel verlassen.

Die 16 Länder hätten gemeinsam elf Punkte aufgeschrieben und gebeten, diese zu bedenken. Darauf sei nicht eingegangen worden. Auch Laumann kritisierte die fehlende Auswirkungsanalyse, die Lauterbach nach Zustimmung zum Gesetz versprochen hatte. “Ich weiß nicht, ob man eine Krankenhausreform im Bundestag beschließen kann, wenn keiner hier weiß, was das in Euro und Cent bedeutet”, sagte Laumann.

Gesetz nicht im Blindflug beschließen

Ein Gesetz zu beschließen und dann eine Auswirkungsanalyse vorzulegen, sei ja wohl die verkehrte Reihenfolge. Das sei so, wie man mit einem Taxi zum Stammtisch fahre und selbst mit dem Auto zurück. “Ich will das Gesetz nicht stoppen“, so Laumann, aber er werde den Vermittlungsausschuss anrufen.

“Wir werden sehr dezidiert sagen, worüber wir im Vermittlungsausschuss reden müssen. Das hätte ohnehin stattfinden müssen, wenn es ein zustimmungspflichtiges Gesetz gewesen wäre. Diesen Pfad haben Sie aber verlassen”, betonte Laumann.

Die Regierungskoalition stimmte am Ende dem Gesetzentwurf zu, CDU/CSU und AfD sowie zwei weitere Parteigruppen lehnten den Entwurf wie angekündigt ab. Enthaltungen gab es keine.

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