Viele Gesetze, gerade im Gesundheitswesen, sind so komplex, dass im Grunde nur eine Handvoll Expertinnen und Experten seriös einschätzen kann, ob sie nun sinnvoll sind oder nicht. Umso entscheidender ist daher die richtige mediale Kommunikation, denn Gesetzesvorhaben werden heute mehr in der medialen Arena als im Bundestag debattiert.
Kampf um die Meinungshoheit beginnt früher
Während früher die Bewertung eines Gesetzes in der Regel erst mit dem Referentenentwurf – also einem ausformulierten Gesetzesentwurf – begann, setzt der Kampf um die Meinungshoheit heute deutlich früher ein. Ein wesentlicher Aspekt ist daher, möglichst früh den so genannten Spin, also die mediale Erzählung über ein Thema, zu steuern.
Unter Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) hat es sich etabliert, dass zu Beginn eines Gesetzesprozesses Expertenrunden zum Thema einberufen werden, in deren Folge der Presse ein erstes Eckpunktepapier vorgestellt wird.
In weiten Teilen skizziert dies bereits die Stoßrichtung eines Gesetzes und wird öffentlich breit diskutiert. Dies war beim Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), aber beispielsweise auch beim Notfallgesetz der Fall.
Versorgungsgesetz oder Kostentreibergesetz?
Als Verband müssen wir also noch früher als bisher in die öffentliche Diskussion eintreten – auch, wenn zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wirklich klar ist, wie das Gesetz im Detail aussehen wird. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich eine Erzählung in Gang setzt, die die Perspektive der Hausärztinnen und Hausärzte nicht berücksichtigt.
Beispiel GVSG: Direkt im Anschluss an die Expertenrunde unter Leitung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach gab es eine Pressekonferenz, an welcher auch die Bundesvorsitzenden unseres Verbandes teilgenommen hatten. Wichtig war bei dieser Gelegenheit sowie in den anschließenden Pressestatements, deutlich zu machen, wie entscheidend etwa die Entbudgetierung für das Überleben vieler hausärztlicher Praxen ist.
Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte die Gefahr bestanden, dass in der Berichterstattung nicht die Einschätzungen der Ärzteschaft, sondern die der Krankenkassen im Fokus gestanden hätten. Diese hätten natürlich nicht die Versorgung, sondern die Kosten in den Mittelpunkt gerückt. Entsprechend wäre das Gesetz nicht als Versorgungs-, sondern als Kostengesetz in der Öffentlichkeit debattiert worden.
Das wäre dem Thema nicht angemessen gewesen und hätte die Nöte und Sorgen der Praxen ignoriert. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt hat sich also mitentschieden, wie das Gesetz in den Monaten danach diskutiert wird.
Politische Kommunikationsarbeit ist heute ein entscheidender Hebel bei der Vertretung der Interessen im politischen Berlin. Dabei streiten unzählige Akteure um die Aufmerksamkeit von wenigen Journalistinnen und Journalisten. Schnelligkeit und frühzeitige Positionierungen sind dabei beherrschende Kategorien, die darüber entscheiden, ob man gehört wird oder nicht.