Kinder-RichtlinieSprachstörungen sind eine Herausforderung

Eine Evaluation der Kinder-Richtlinie stellt den Maßnahmen insgesamt ein gutes Zeugnis aus. Doch gerade bei sprachlichen Störungen sieht das IGES-Institut Verbesserungsbedarf, die aber nur von Wissenschaft, Praxisteams, Eltern und Staat gemeinsam zu lösen sind.

Im Großen und Ganzen erreichen die U-Vorsorgen ihr Ziel, so das IGES-Institut.

Berlin. Die bis 2015 überarbeitete Kinder-Richtlinie erfüllt größtenteils ihren Zweck, Fehlentwicklungen bei Sehen, Hören, Sprechen oder der allgemeinen Entwicklung frühzeitig zu erkennen. Zu diesem Fazit kommt das IGES-Institut in seinem Evaluationsbericht, mit dem es vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beauftragt wurde.

Ärztliche Dokumentation anpassen?

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben aber auch Hinweise zur Weiterentwicklung der Kinder-Richtlinie. So könne die ärztliche Dokumentation im gelben Heft an einigen Punkten genauer gefasst oder das gelbe Heft grundsätzlich besser auf die Gespräche mit Eltern angepasst werden. Die Dokumentation dürfe aber nicht mehr Zeit in Anspruch nehmen als aktuell.

Zum Beispiel könne das gelbe Heft für Eltern Anregungen geben, was sie für die U-Untersuchung vorbereiten können: etwa Tests mit den Kindern üben oder auch Rückmeldungen von Kinderbetreuungspersonal einholen. Die neue Teilnahmekarte wird noch wenig genutzt. Hier könnten Ärztinnen und Ärzte die Eltern informieren, dass diese dazu dient, die Teilnahme nachzuweisen, ohne die vertraulichen Infos der Untersuchung preisgeben zu müssen, regt das IGES an.

Handlungsbedarf bei Sprachstörungen

Ein Problem sind geeignete Screening-Instrumente für Entwicklungs- sowie Sprach- und Sprechstörungen, heißt es im Bericht. Während das Institut bei den Entwicklungsstörungen keine Empfehlungen ausspricht, sieht es bei Sprachstörungen Verbesserungsbedarf – der jedoch nicht mit der Kinder-Richtlinie erreicht werden könne.

Die Befragungen der Ärztinnen und Ärzte zeige, dass eine differenzierte Diagnose oft nicht gelingt. Es fehle an Diagnoseinstrumenten, insbesondere auch für mehrsprachig aufwachsende Kinder. Eine weitere Herausforderung sei die Unterscheidung, ob es eine medizinische Maßnahme (wie Logopädie) brauche oder auch nicht-medizinisch behandelt werden kann. Pädiaterinnen und Pädiater ergänzten, dass es zudem an nicht-medizinischen Angeboten mangele.

Das IGES-Institut sieht vor allem die Wissenschaft gefordert, geeignete Diagnoseinstrumente zu entwickeln. Zudem schlägt es ärztliche Fortbildungen oder Qualitätszirkel vor, um für den Umgang mit Sprachstörungen in der Praxis zu sensibilisieren. Ein weiterer Ansatzpunkt sei, Eltern sowie Betreuungspersonal stärker über nicht-medizinische Angebote aufzuklären und solche Angebote stärker auszubauen.

Autorefraktometer mehr einsetzen?

Hinsichtlich der neuen Hör- und Sehtests stellt das Institut ein gutes Zeugnis aus. Aus den Daten und Befragungen ergebe sich aber der Hinweis, dass Sehstörungen womöglich früher und zuverlässiger abgeklärt werden könnten, wenn ein binokulares Autorefraktometer bei den U-Untersuchungen verwendet würde. Der genaue Anwendungsbereich und ob sich daraus ein Vorteil ergebe, sei aber noch weiter zu analysieren.

Daneben sollten Ärztinnen und Ärzte die Eltern noch stärker auf die zahnärztliche Vorsorge verweisen, lautet ein weiteres Ergebnis. Ein anderes hat der G-BA hingegen schon im Mai 2023 umgesetzt: Die Stuhlfarbkarte wird Teil des gelben Heftes. Damit sollen Eltern schneller auf einen Gallengangverschluss (bei blassem Stuhl) aufmerksam werden und ärztlich abklären lassen.

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