GesetzesvorhabenG-BA kritisiert Lauterbachs “Gesundes-Herz-Gesetz”

Den Gesetzentwurf zu einem "Gesundes-Herz-Gesetz" von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits der Hausärztinnen- und Hausärzteverband kritisch gesehen. Auch der Gemeinsame Bundesausschuss äußert jetzt erhebliche Bedenken.

Die drei unparteiischen Mitglieder des G-BA üben scharf Kritik am Referentenentwurf zu einem "Gesundes-Herz-Gesetz"

Berlin. Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Prof. Josef Hecken, kritisiert die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. “Mehr Medikamente und Check-ups schon für Kinder sind Aktionismus, aber keine Strategie, die Zivilisationserkrankung in den Griff zu bekommen”, sagte Hecken dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Auch der Hausärztinnen- und Hausärzteverband hatte den Gesetzentwurf bereits stark kritisiert.

Lauterbachs Entwurf für ein “Gesundes-Herz-Gesetz” sieht vor, dass sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene künftig regelmäßig Herzuntersuchungen unterziehen sollen, um etwa Fettstoffwechsel-Störungen zu erkennen und vorzubeugen.

Die Untersuchungen bereits im Kindes- und Jugendalter sollen frühzeitig Hinweise darauf geben, ob erbliche Gründe für Fettstoffwechsel-Störungen vorliegen. Auch Medikamente zur Rauchentwöhnung und zum Senken des Cholesterinspiegels sollen öfter verschrieben werden können.

Cholesterinsenker “keine Pfefferminzbonbons”

Aus Sicht von Hecken zielen die Pläne in die falsche Richtung: “Statt sich dafür einzusetzen, dass sich Kinder gesund und ausgewogen ernähren und es Aufklärungskampagnen zu einer gesunden Lebensweise gibt, sollen Arzneimittel verordnet werden”, beklagt er.

Die von Lauterbach präferierten Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels seien keine “Pfefferminzbonbons aus dem Supermarkt”, sondern Medikamente mit vielen Wechsel- und Nebenwirkungen. Sie verursachten beispielsweise Muskelschmerzen, Leberschäden oder Diabetes.

Hecken sagte, bei einem solchen Vorgehen beginne die lebenslange Medikation künftig schon im Teenageralter. “Die Herangehensweise, schon bei Kindern dauerhaft auf die Gabe von Arzneimitteln zu setzen, muss doch die absolute Ausnahme bleiben, wenn aus medizinischen Gründen nichts anderes geht.”

Rund 350.000 Todesfälle pro Jahr

Finanziert werden sollen die Leistungen laut Gesetzentwurf von den Krankenkassen. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Entscheidungsgremium für Leistungen der Krankenkassen im Gesundheitswesen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die führende Todesursache in Deutschland und verursachen nach Angaben des Robert Koch-Instituts etwa 40 Prozent aller Sterbefälle, rund 350.000 pro Jahr.

Das Gesundheitsministerium begründet die Notwendigkeit des Gesetzes unter anderem mit der im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern geringeren Lebenserwartung und zugleich einem Defizit bei Prävention und Früherkennung.

Holt Lauterbach Stellungnahmen nur pro forma ein?

“Starke Bedenken wurden nach Bekanntwerden des Gesetzentwurfs bereits von verschiedensten Seiten geäußert. Jetzt stellt sich die Frage, ob man sich im Ministerium mit diesen erheblichen fachlichen Bedenken ernsthaft auseinandersetzt oder die Bitte um Stellungnahmen zum ,Gesundes-Herz-Gesetz‘ nur pro forma erfolgt ist. Im Moment sind die vorgestellten Inhalte nicht dafür geeignet, dem hohen Anspruch des Gesetzestitels gerecht zu werden”, erklärt Hecken begleitend zur Stellungnahme des G-BA zum Gesetzentwurf.

Quelle: at mit Material von dpa

Die Stellungnahme der drei unparteiischen Mitglieder des G-BA zum “Gesundes-Herz-Gesetz” finden Sie unter: Stellungnahme

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