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ArzneimittelPrüfungen im Einzelfall nehmen zu – An passgenaue Diagnosen denken

Sowohl bei der Verordnung von Heil- als auch von Arzneimitteln ist es äußerst wichtig, eine plausible Diagnose zu dokumentieren, sagt Christian Nehling, KV Rheinland-Pfalz. Bei dem 13. Rheinland-pfälzischen Hausärztetag gab der Leiter des Ressorts Verordnungsmanagement Einblicke, welche Fehler häufig zu Prüfungen führen und welche bizarren Regeln rund um das E-Rezept auf Praxen zukommen.

Auch bei Wundverbänden schauen Krankenkassen hin: Hat die Praxis wirtschaftlich gehandelt?

Mainz. Manche Praxen wundern sich, wenn sie in eine Prüfung geraten. So wird zum Beispiel ein Hausarzt-MVZ in Rheinland-Pfalz wegen verordneter Ganzbehandlung Lymphdrainage auffällig.

Der Anteil der Einheiten Ganzbehandlung an der gesamt verordneten Lymphdrainage-Behandlung betrug im Jahr 2022 38,62 Prozent. „Wir haben doch Krebspatienten“, äußerte das MVZ-Team sein Unverständnis für Rückfragen.

Bei Betrachtung der ICD-Kodierung ergab sich laut Christian Nehling, KV Rheinland-Pfalz, jedoch folgendes Bild: Auffällig wurde die Praxis, weil sie häufig die I89.09 (unspezifisches Lymphödem) und die R60.0 (unspezifisches Ödem) kodierten. Wichtig sei hier spezifischer zu kodieren (z.B. I89.01 bis I89.05) – auch damit Praxisbesonderheiten anerkannt werden, die dann aus der Gesamtsumme herausgerechnet werden.

Auf plausible Diagnose achten

Prüfungen im Einzelfall wurden beispielsweise deshalb durchgeführt, so Nehling, weil bei standardisierten Heilmittelkombinationen oder der Massagetherapie die Höchstmenge nach der Richtlinie überschritten wurde.

Bei manchen ergab sich auch eine implausible Diagnose oder diese fehlte gänzlich. Auch wenn keine Untersuchung oder Diagnostik dokumentiert wurde bzw. diese in den Abrechnungsunterlagen fehlt, kann die Praxis in eine Einzelfallprüfung geraten. Laut des Experten haben diese Prüfungen nun wieder zugenommen.

Ähnliches gilt bei der Verordnung von Arzneimitteln. Im Jahr 2022 fehlten bei folgenden Wirkstoffen häufig die Diagnosen, erklärte Nehling beim 13. Hausärztetag in Mainz: Dazu gehörten Ibuprofen, Omeprazol, Pantoprazol, Metamizol-Natrium, Levothyroxin-Natrium, Bisoprolol, Atorvastatin, Simvastatin, Ramipril, Candesartan, Torasemid, Amlopidin, Allopurinol, Prednisolon, Metformin, Methocarbamol, Opopramol, Diclofenac, Spironolacton, Tamsulosin, Mirtazapin, Enoxaparin.

Das haben Prüfgremien im Blick

Vor allen Dingen bei den PPI fehlt häufig die Diagnose, aber auch bei Schilddrüsenmedikamenten vergessen Ärztinnen und Ärzte häufig den Eintrag einer Diagnose, so Nehling. „Prüfgremien akzeptieren dies gegebenenfalls für ein bis zwei Quartale, wenn mal die Diagnose fehlt“, weiß der Verordnungsexperte, danach aber werde es kritisch.

Bei den Prüfungen im Einzelfall gibt es in Rheinland-Pfalz aktuell Anträge zu folgenden Wirkstoffen und Impfstoffen inklusive der Begründungen (siehe Tabelle).

Preise vergleichen

„Lieblingsthema“ von Nehling sind teure, silberhaltige Wundauflagen. Nach der neuen Leitlinie zur Wundversorgung wird Silber nicht sonderlich favorisiert, sagte er in Mainz. Trotzdem würden die teuren Wundauflagen von Praxen verschrieben.

Auch gebe es hier Prüfungen im Einzelfall, weil die Wunddokumentation fehlte oder eine Praxis bei dem Blick auf Preisvergleiche zu lange und teuer verordnet habe.

“Orga-Wahnsinn” rund ums E-Rezept

Dass den Praxen technische Schwierigkeiten bei der Ausstellung eines E-Rezepts auf den Wecker gehen, ist die eine Sache. Nehling wies aber auch auf organisatorischen Wahnsinn in der Zukunft hin. Denn vieles könne weiterhin nur auf Papier verordnet werden.

So dürfen BtM- und T-Rezept, Hilfsmittel, Sprechstundenbedarf, Digitale Gesundheitsanwendungen, enterale Ernährung, sonstige nach Paragraf 31 SGB V einbezogene Produkte (z.B. Verbandmittel, Teststreifen) oder Verordnungen sonstiger Kostenträger (z.B. Sozialhilfe, Bundespolizei, Bundeswehr) weiterhin nur über Muster 16 laufen bzw. verordnet werden.

Ein Diabetiker – viele Rezepte

Das führt voraussichtlich zu bizarren Verordnungssituationen. Dazu nannte Nehling das Beispiel des insulinpflichtigen, GKV-versicherten Diabetikers: Dieser benötigt Insulin, Teststreifen und Lanzetten.

Die Praxis muss das Humaninsulin zukünftig über das E-Rezept verschreiben. Die Lanzetten zählen zu Hilfsmitteln, diese müssen über das Muster 16 Hilfsmittel verordnet werden. Die Blutzuckerstreifen zählen zu den sonstigen Produkten nach Paragraf 31 SGB V und werden wie Arzneimittel über Muster 16 verordnet.

Das Beispiel zeigt, sagte Nehling in Mainz, dass “wir noch nicht so digital unterwegs sind, wie wir es gerne wären.”

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