FortbildungsberichtDiabetes kennt keine Organgrenzen

Die Schnittstellen des Diabetes mellitus zu anderen Erkrankungen der Inneren Medizin und angrenzender Gebiete aufzuzeigen, ist das Ziel der Fortbildung „Innere Medizin fachübergreifend – Diabetologie grenzenlos“.

In Deutschland sind zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen übergewichtig.

Adipositas-Therapie 2024

Weltweit nimmt die Adipositas vor allem durch Umweltbedingungen und Lebensstil bei entsprechendem Risiko durch Vererbung zu. In Deutschland sind zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen, insgesamt ein Viertel der Erwachsenen übergewichtig. 2016 verursachte Adipositas in Deutschland direkte Kosten von 29 Milliarden Euro.

Die Adipositas ist einer der Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes und ist häufig mit Begleiterkrankungen wie Hypertonie, Dyslipidämie, Fettleber, Schlaf-Apnoe und degenerativen Gelenkerkrankungen aber auch einem erhöhten Risiko für bestimmte Krebsarten und Depression assoziiert.

“Deshalb ist die Anerkennung der Adipositas als Krankheit ein wichtiger Schritt, um die Versorgungssituation von betroffenen Patienten zu verbessern”, so Prof. Baptist Gallwitz, Tübingen.

Die Therapie der Adipositas umfasse eine holistische Behandlung durch ein interdisziplinäres Behandlungsteam. Dazu gehören verhaltenstherapeutische, ernährungstherapeutische ebenso wie medikamentöse und operative Verfahren.

Im Jahr 2006 wurde der erste GLP-1-Rezeptoragonist (GLP-1-RA) für die Diabetes-Therapie zugelassen. GLP-1 ist ein Darmhormon, das nach einer Mahlzeit den Stoffwechsel durch Stimulation der Insulinsekretion normalisiert. Schon sehr bald zeigte sich, dass GLP-1 auch die Magenentleerung verlangsamt und als Botenstoff im ZNS ein Sättigungsgefühl vermittelt.

In klinischen Studien konnte mit einem GLP-1-RA eine Gewichtsabnahme von 5 bis 10 Prozent des Körpergewichts erreicht werden. Seither wurden weitere GLP-1-RA mit stärkerer und längerer Wirkung entwickelt. In den entsprechenden Studien zeigte sich, dass solche Substanzen auch bei Stoffwechselgesunden das Gewicht reduzieren können.

Derzeit sind Liraglutid und Semaglutid für die Behandlung der Adipositas zugelassen, wobei Semaglutid nur einmal wöchentlich injiziert werden müsse und effektiver sei.

Eine noch stärkere Wirkung auf das Gewicht erwarte man sich von Co-Agonisten. Das sind Substanzen, die nicht nur an GLP-1-Rezeptoren sondern auch an anderen Stoffwechsel-Rezeptoren wie dem GIP ansetzen. Als erstes Medikament der sog. Mehrfach-Agonisten ist der GIP/GLP-1-Rezeptoragonist Tirzepatid zur Therapie der Adipositas auch bei Stoffwechselgesunden zugelassen.

Die Substanz führt dosisabhängig zu einer Gewichtsreduktion von bis zu ca. 20 Prozent. Sie müsse einmal wöchentlich gespritzt werden. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit, Völlegefühl und Erbrechen. Sie treten vor allem zu Beginn der Behandlung auf und nehmen im weiteren Verlauf der Therapie ab. Allerdings zeigten Studien insgesamt auch: Wird die Therapie abgesetzt, steigt das Gewicht wieder.

Typ-1-Diabetes: Was ist neu?

Der Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung bei Kindern und Jugendlichen. Die Inzidenz hat sich in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt. Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Die Erkrankung beginnt bereits lange, bevor Symptome auftreten. “Sie kann inzwischen bereits vor der klinischen Manifestation diagnostiziert werden”, so Prof. Michael Hummel, München.

Dies ermögliche therapeutische Interventionen, bevor ein ausgeprägter Verlust an Insulin-produzierenden Betazellen entstanden ist. Jetzt wurde erstmals in den USA eine präventive, krankheitsmodulierende Therapie zugelassen: Teplizumab (“Der Hausarzt” berichtete). Dabei handelt es sich um einen monoklonalen Anti-CD3-Antikörper, der sich gegen aktivierte T-Lymphozyten richtet.

Dadurch werden auch solche autoreaktiven T-Zellen supprimiert, die sich gegen die Betazellen richten. Eingesetzt wird dieser Antikörper bei prädiabetischen Kindern ab dem achten Lebensjahr. Ein 14-tätiger Therapiezyklus mit Teplizumab verzögere die klinische Manifestation des Typ-1-Diabetes um durchschnittlich nahezu drei Jahre und stabilisiere die Betazellfunktion. “Diese Therapie kann den Krankheitsverlauf verzögern, aber nicht komplett stoppen und die Manifestation des Typ-1-Diabetes auch nicht verhindern”, so Hummel.

Das frühe Erkennen von Vorstufen des Typ-1-Diabetes stelle die Voraussetzung für eine solche präventive Therapie dar. Entscheidend sei der Nachweis von Inselautoantikörpern in Kombination mit weiteren metabolischen Markern.

Dies ermögliche eine Prognose zum Voranschreiten der Autoimmunerkrankung und dem voraussichtlichen Zeitpunkt der Manifestation der Stoffwechselerkrankung. Lassen sich zwei oder mehr dieser Antikörper nachweisen, entsteht mit nahezu 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein Typ-1-Diabetes.

Update Typ-2-Diabetes 2024

Die Therapie des Typ-2-Diabetes hat sich in den letzten Jahren wesentlich verbessert. “Im Rahmen dieser Entwicklung ist es zu einem Paradigmenwechsel in der Therapie des Typ-2-Diabetikers gekommen”, so Prof. Petra-Maria Schumm-Draeger, München.

Laut NVL Typ-2-Diabetes sollten alle Typ-2-Diabetiker mit kardiovaskulärer Erkrankung zusätzlich zu Metformin je nach Risikoprofil einen SGLT- 2-Inhibitor oder einen GLP-1-Rezeptoragonisten erhalten. Dies gilt auch für Diabetiker mit chronischer Niereninsuffizienz nach individueller Entscheidung.

Bei Übergewicht oder Adipositas sollte eine Inkretin-basierte Medikation eingesetzt werden, sinnvoll seien auch Kombinationen mit einem SGLT 2-Inhibitor.

Werden damit im Verlauf die Therapieziele nicht erreicht, können kardiovaskulär sichere Insuline zum Einsatz kommen. “Mit diesen Behandlungsmöglichkeiten konnte die Therapie des Typ-2-Diabetes erheblich verbessert werden, zumal damit alle Risikofaktoren adressiert werden und die Sicherheit verbessert wird”, so Schumm-Draeger.

Quelle: 13. Fortbildung „Innere Medizin fachübergreifend – Diabetologie grenzenlos“, 2. – 4. Februar 2024, München

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