Hausarzt MedizinCholesterin & Co – Was gibt es Neues?

Hypercholesterinämie, Hypertriglyzeridämie und Lipoprotein(a)-Erhöhung sind häufig gesehene Dyslipidämien in der Hausarztpraxis. Wie man sie angehen sollte, erklärten Prof. Klaus Parhofer aus München und Priv.-Doz. Dr. Thomas Pusl aus Augsburg anhand anschaulicher Fallbeispiele.

Eine positive Familienanamnese für vorzeitige KHK stach beim Fall eines 60-jährigen Mannes besonders ins Auge. Ansonsten wies er einen BMI von 30,6 und 145/86 mmHg Blutdruck auf, war Nichtraucher und hatte keinen Diabetes. Laut Pusl sollte die Basisdiagnostik bei diesem Mann das Gesamtcholesterin und insbesondere das LDL- und HDL-Cholesterin sowie die Triglyzeride (TG) umfassen.

Zudem sei die Berechnung des Non- HDL-Cholesterins erforderlich, da diese bei übergewichtigen bzw. adipösen Patienten eine bessere Vorhersage ermögliche als der LDL-Cholesterinwert alleine. Aufgrund der Familienkonstellation mit vorzeitiger KHK sei auch die Bestimmung des Lipoprotein(a) (Lp(a)) sinnvoll.

Wie neue Untersuchungen zeigen, ist eine Nüchternbestimmung meist nicht nötig. „Die Nahrungsaufnahme übt nur einen geringen Einfluss auf die Lipidfraktionen aus, die sich zudem klinisch nicht relevant auswirken“, berichtete Pusl. Eine Nüchternbestimmung ist daher nur noch in bestimmten Fällen angezeigt, etwa bei bekannter Hypertriglyzeridämie, Hypertriglyzeridämie- bedingter Pankreatitis oder nichtnüchtern Triglyzeriden von > 5 mmol/l. Im vorliegenden Fall fand sich ein Gesamtcholesterinwert von 195 mg/dl, LDL 125 mg/dl, HDL 55 mg/dl, TG 100 mg/dl, Non-HDL 140 mg/dl und Lp(a) 20 mg/dl. Das anhand des SCORE-Systems bestimmte 10-Jahres-Risiko für Tod und kardiovaskuläre Ereignisse lag bei 3 Prozent und somit im moderaten Bereich. Laut Parhofer sind die vorhandenen Scores insbesondere für den mittleren Lebensbereich von Männern geeignet, weniger gut jedoch für junge Menschen und Frauen. „Gute Scores, die das Lebenszeitrisiko vorhersagen, fehlen bislang“, so Parhofer.

Bei einem moderaten Risiko liegt der LDL-Zielwert bei < 115 mg/dl. Um diesen Wert zu erreichen, empfahlen die Experten, mit einer Lebensstiländerung zu beginnen und falls diese Maßnahme erfolglos bleibt, zusätzlich eine Statintherapie zu initiieren.

Benefit durch Ezetimib-Zugabe

Die Sekundärprävention der Hypercholesterinämie wurde anhand einer 76-jährigen Frau besprochen, die unter Diabetes, positiver Familienanamnese für KHK und einem aktuellen STEMI der Hinterwand mit Stent-PTCA (Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie) der rechten Koronararterie litt. Ihre aktuelle Therapie bestand in Simvastatin 20 mg. Diskutiert wurde der Wechsel auf das potentere Atorvastatin oder eine Kombination mit Ezetimib.

Wie Parhofer berichtete, konnte die IMPROVE-ITStudie zeigen, dass die Kombination von Simvastatin plus Ezetimib den LDL-Wert weiter verringerte (69,5 mg/ dl vs. 53,7 mg/dl) und dies mit einer signifikant verminderten Anzahl kardiovaskulärer Ereignisse einherging (RR: -6,4 Prozent). „Von der Absenkung des LDL-Werts profitierten einer aktuellen Auswertung zufolge insbesondere Patienten mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse“, erklärte Parhofer. Bemerkenswert: In der Studie wiesen die Patienten mit geringerem LDL (aufgrund der Kombinationsgabe) keine höhere Nebenwirkungsrate auf. Laut Pusl wäre für die 76-jährige Patientin sowohl die Kombination Simvastatin/ Ezetimib als auch Atorvastatin/Ezetimib eine gute Option.

Isolierte Lipoprotein(a)-Erhöhung

Lp(a) ist ein genetisch determinierter unabhängiger Risikofaktor, dessen generelles Screening derzeit nicht empfohlen wird. Bei positiver Familienanamnese kann der Faktor jedoch wichtige Hinweise geben. Da sich der Lp(a)-Wert therapeutisch nicht direkt absenken lässt, versucht man das übrige Risikoprofil – insbesondere den LDL-Wert – zu optimieren. Dies gilt vor allem für Patienten ohne Atherosklerose. Patienten mit Atherosklerose und einer Progression trotz Optimierung der Risikofaktoren stellen laut Parhofer mögliche Kandidaten für eine Lipid- Apherese dar, sofern der Lp(a)-Wert über 60 mg/dl liegt. „Außerdem sollte man die Chance auf Prävention nutzen und den Lp(a)-Wert der engeren Familienmitglieder überprüfen“, riet Parhofer.

Alternative bei

Statin-Unverträglichkeit Für Patienten, die Statine nicht vertragen, steht mit den PCSK9-Hemmern eine alternative Therapieoption zur Verfügung. Der monoklonale Antikörper gegen PCSK9 (Proproteinkonvertase Subtilisin/ Kexin Typ 9) verhindert die Bindung von PCSK9 an die LDL-Rezeptoren, wodurch sich die Zahl der LDLRezeptoren an der Zellmembran erhöht und der Abbau von LDL-Cholesterin steigt. In einer Studie mit Patienten (unter maximal tolerierbarer Statintherapie) verringerte die zusätzliche Gabe von PCSK9-Hemmern den LDLCholesterinwert um etwa 45- 65 Prozent gegenüber Placebo (122,6 mg/dl vs. 57,9 mg/dl). Wie Parhofer hervorhob, profitierten alle Patienten von der PCSK9-Hemmung, unabhängig von der zugrunde liegenden Therapie – also sowohl nur diätetisch Vorbehandelte als auch mit niedrigen und hohen Statindosen behandelte Patienten. „Die Therapie ist ideal für Patienten, welche den LDL-Cholesterinzielwert deutlich verfehlen“, erklärte Parhofer. Zudem konnte die aktuelle FOURIER-Studie belegen, dass die LDL-Reduktion mittels PCSK9-Hemmung auch die kardiovaskulären Ereignisse nochmals deutlich verringert: das relative Risiko sank um 15 Prozent, das absolute Risiko um 1,5 – 2 Prozent. Die Erstverordnung darf nur durch Fachärzte erfolgen.

Vorgehen bei Hypertriglyzeridämie

Häufig ist die Hypertriglyzeridämie durch sekundäre Ursachen wie Alkohol oder Übergewicht bedingt, die sich mittels Lebensstiländerung beeinflussen lassen. Zur Therapie stehen zudem Fibrate und Omega-3-Fettsäuren zur Verfügung. Diese konnten in Monotherapiestudien kardiovaskuläre Ereignisse verhindern, in Kombination mit Statinen wiesen sie jedoch keinen zusätzlichen Nutzen auf. Laut Parhofer sind die Studien allerdings umstritten, so dass derzeit unklar ist, welche Patienten die Kombination erhalten sollten. Bei hohem Atheroskleroserisiko ist eine Statintherapie zu erwägen.

Quelle: 5. Forum: „Die Hausarztpraxis im Fokus“, am 12./13.05.2017 in München

E-Mail-Adresse vergessen? Schreiben Sie uns.
Passwort vergessen? Sie können es zurücksetzen.
Nur wenn Sie sich sicher sind.

Sie haben noch kein Passwort?

Gleich registrieren ...

Für Hausärzte, VERAH® und ÄiW (Allgemeinmedizin und Innere Medizin mit hausärztlichem Schwerpunkt) ist der Zugang immer kostenfrei.

Mitglieder der Landesverbände im Deutschen Hausärzteverband profitieren außerdem von zahlreichen Extras.

Hier erfolgt die Registrierung für das Portal und den Newsletter.


Persönliche Daten

Ihr Beruf

Legitimation

Die Registrierung steht exklusiv ausgewählten Fachkreisen zur Verfügung. Damit Ihr Zugang freigeschaltet werden kann, bitten wir Sie, sich entweder mittels Ihrer EFN zu legitimieren oder einen geeigneten Berufsnachweis hochzuladen.

Einen Berufsnachweis benötigen wir zur Prüfung, wenn Sie sich nicht mittels EFN autorisieren können oder wollen.
Mitglied im Hausärzteverband
Mitglieder erhalten Zugriff auf weitere Inhalte und Tools.
Mit der Registrierung als Mitglied im Hausärzteverband stimmen Sie zu, dass wir Ihre Mitgliedschaft überprüfen.

Newsletter
Sie stimmen zu, dass wir Ihre E-Mail-Adresse für diesen Zweck an unseren Dienstleister Mailjet übermitteln dürfen. Den Newsletter können Sie jederzeit wieder abbestellen.

Das Kleingedruckte
Die Zustimmung ist notwendig. Sie können Sie jederzeit widerrufen, außerdem steht Ihnen das Recht zu, dass wir alle Ihre Daten löschen. Jedoch erlischt dann Ihr Zugang.
Newsletter abbestellen

Wenn Sie den Newsletter abbestellen wollen, geben Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse an und wählen Sie die gewünschte Funktion. Wir senden Ihnen dann eine E-Mail zur Bestätigung.