Bei fieberndem Kind auch an Pyelonephritis denken
Betreff: “Fieber: Wie lange darf die Ursachensuche dauern?” HA 6/20 vom 5.4.20, S. 38
Die Autorin hat eine ganz wichtige Differentialdiagnose bei fiebernden Säuglingen und Kleinkindern vergessen. Eine bakterielle Nierenbeckenentzündung ist relativ häufig und zeigt in diesem Alter nur eine sehr unspezifische Symptomatik, typische Zeichen wie Dysurie und Nierenlagerklopfschmerz fehlen regelhaft. Die Diagnose ist mittels eines einfachen Urinstreifentests in jeder Praxis möglich. Eine verspätete Diagnosestellung nach 5 Tagen oder gar das völlige Übersehen dieser Erkrankung muss wegen der bleibenden Schäden am Nierenparenchym und der möglichen Urosepsis als Kunstfehler angesehen werden.
Dr. Andreas Michel, Facharzt f. Kinder- und Jugendmedizin, Greifswald
Antwort der Autorin
Ich danke dem Kollegen herzlich für diesen wichtigen Hinweis: In der Tat gehört der Urinstreifentest, die mikroskopische und möglichst auch die mikrobiologische Urinuntersuchung zu jeder Untersuchung eines fiebernden Kleinkinds oder Säuglings dazu, wenn kein Fokus für das Fieber durch die klinische Untersuchung ersichtlich ist. Immerhin werden in 4-7 Prozent aller unklaren Fiebererkrankungen bei Säuglingen Harnwegsinfektionen als Ursache gefunden. Die Dysurie gehört nur bei älteren Kindern und Erwachsenen zu den Leitsymptomen einer Harnwegsinfektion. Insbesondere Säuglinge mit bislang unbekannten, da screeningmäßig nicht erfassten Anomalien der Nieren und ableitenden Harnwege (z. B. vesikorureteraler Reflux, Urethralklappen) präsentieren diese Anomalien nicht selten primär mit einer hochfieberhaften Pyelonephritis.
Verschwendung von Lebensmitteln
Betreff: “Bauernfango gegen Bronchitis” HA 6/20, 5.4.20, S. 64
Die Beiträge (…) lese ich zumeist mit Interesse und Freude. Diesen Beitrag (s. o.) könnte man in heutiger Zeit eher als Glosse bezeichnen. Als “Tricks von Oma” werden, besondere emotionale Qualität und Naturverbundenheit suggerierend, Zubereitungs- und Anwendungshinweise von warmen Kartoffelwickeln bei Erkältungskrankheiten gegeben, die inzwischen wirklich obsolet sind. Diese Anwendungen stammen aus einer Zeit, in der Alternativen oft nicht verfügbar waren. Heute kann man das als Verschwendung von Nahrungsmitteln betrachten.
Dr. Sigrid Wirth, hausärztliche Internistin, Braunschweig
Hemmer der Acetylcholinesterase nur für Alzheimer zugelassen
Betreff: “Therapie fällt bei EBM- Reform durch”, HA5/20 vom 20.3.20, S. 32
In der Kasuistik wurde unter Diagnose eine leicht- bis mittelgradige Demenz beschrieben, als Therapie ein Acetylcholinesterasehemmer eingesetzt. Diese Therapie ist nicht leitliniengerecht und eine Off-Label-Therapie. Alle drei Substanzen sind für die Alzheimer-Demenz zugelassen. Somit erfolgt die Therapie außerhalb der Zulassung. Es besteht – sollte es zu einer Prüfung kommen – 100 Prozent Regress.
Natürlich werden diese Medikamente häufig auch bei anderen Demenzen eingesetzt, dies häufig in Ermangelung von Alternativen, allerdings gibt es keine Studien, die die Wirksamkeit belegen. Diese Therapie müsste also privat verordnet werden und der Patient oder dessen Angehörige über die Off-Label-Therapie besonders aufgeklärt werden.
Clemens Schneider, Facharzt f. Allgemeinmedizin, Braunschweig