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Serie ÖdemTherapie peripherer Ödeme

Periphere Ödeme sind selten eine eigenständige Erkrankung, sondern meistens ein Symptom einer anderen Grundkrankheit. Die Therapie ist kausal, adjuvant und konsequent durchzuführen.

Ein Ödem interagiert mit dem Gewebe und führt zu lokalen Versorgungsstörungen.

Pathophysiologisch ist ein Ödem nicht nur eine Flüssigkeitsansammlung in einem freien Raum, sondern interagiert auch mit dem Gewebe und führt so zu lokalen Versorgungsstörungen. Eiweiße lagern sich im Gewebe ab und erzeugen durch die lange persistierende Inflammation eine Fibrose bis hin zur Dermatolipo(faszio)sklerose bei der chronischen venösen Insuffizienz (CVI).

Diese Ödemfolgen führen langfristig zum Umbau des Gewebes und verzögern beispielsweise die Wundheilung. Daher ist es medizinisch indiziert, periphere Ödem zu vermeiden bzw. zu beseitigen. Dies ist nicht immer einfach und bedarf oft verschiedener, individuell unterschiedlicher Ansätze.

Ödemtherapie heißt immer auch Therapie der Grunderkrankung

Periphere Ödeme sind häufig Folge internistischer Grunderkrankungen. Die zugrundeliegenden Ursachen sind vielfältig (Tab. 1 unten) und die Therapie der Wahl ist daher die Behandlung der Grunderkrankung, sofern dies möglich ist.

1. Herzinsuffizienz

Bei der Herzinsuffizienz unterscheidet man die Insuffizienz auf dem Boden einer gestörten Pumpfunktion mit reduzierter Ejektionsfraktion (Heart Failure with reduced Ejection Fraction = HFrEF) von der Insuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (Heart Failure with preserved Ejection Fraction = HFpEF) aber gestörter diastolischen Befüllung der Herzkammern.

In der Echokardiographie gilt eine Ejektionsfraktion von mehr als 55 Prozent als normal. Von einer hochgradigen Einschränkung spricht man, wenn die Auswurfleistung unter 35 Prozent liegt. Der beste Screening-Test für eine Herzinsuffizienz ist die Bestimmung des Serum-B-Typ natriuretisches Peptid (BNP) oder des N-terminalen (NT-proBNP).

Bei der Diagnose einer Herzinsuffizienz ist NT-proBNP mit einem Grenzwert von 125 pg/ml mit einer Sensitivität von 100 Prozent und einer Spezifität von 60 Prozent für die Erkennung einer diastolischen linksventrikulären Dysfunktion verbunden [4].

Bei HFrEF ist die möglichst schnelle Therapieeinleitung nach dem “Vier-Säulen-Prinzip” bestehend aus Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) oder einen ACE-Hemmer sowie zusätzlich einen Betablocker, einen Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonisten und einen Inhibitor des natriumabhängigen Glukose-Kotransporters 2 (SGLT-2) indiziert. Die Medikamente dieser vier Substanzklassen sollen von Anfang an und kombiniert eingesetzt werden [5].

2. Niereninsuffizienz

Ödeme bei Niereninsuffizienz entstehen, wenn zu viele Eiweiße mit dem Urin ausgeschieden werden oder wenn die Funktion der Niere so stark eingeschränkt ist, dass zu wenig Wasser ausgeschieden wird. Eine Beurteilung einer Albuminurie, des Harnsediments und die Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) sind notwendig, um die Möglichkeit einer zugrundeliegenden renalen Ursache zu beurteilen.

Die GFR gilt als bester Marker für die Nierenfunktion. Wenn die GFR zwischen 60 und 90 ml/min beträgt, keine Proteinurie vorliegt und das Urinsediment unauffällig ist, kann eine Nierenerkrankung als Ursache eines Beinödems ausgeschlossen werden [6].

Typische Ursachen für eine chronische Nierenerkrankung sind eine arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus oder Glomerulonephritis. Es gilt dann diese Erkrankungen konsequent und ausreichend zu behandeln.

  • Bei arterieller Hypertonie sollen Medikamente, wie ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten, eingesetzt werden, welche die Nieren weniger belasten.
  • Menschen mit Diabetes sollen darauf achten, dass Ihre Blutzuckerwerte gut eingestellt sind.
  • Bei Glomerulonephritiden sind entzündungshemmende Medikamente, wie Kortison oder andere Immunsuppressiva, wirksam.

2. Leberinsuffizienz

Ödeme bei einer Leberzirrhose treten auf, wenn die Leber nicht mehr genug Eiweiße produziert. Es kommt auch zu Ödemen, wenn die Leber das Blut aus der Pfortader nicht aufnehmen kann (portale Hypertension) und Aszites entsteht. Bei großen Mengen Aszites steigt der intraabdominelle Druck und der venöse Abfluss wird behindert.

Wenn Leberfunktionstests, wie Alanin-Trans-aminase (ALT), Aspartat-Aminotransferase (AST), und γ-Glutamyltransferase (γ-GT) normal sind und das Serumalbumin > 20 g/l liegt, kann eine Leberinsuffizienz als Ödemursache ausgeschlossen werden [7]. Spezifische Medikamente, die eine Leberinsuffizienz beseitigen, gibt es nicht.

Unterstützende Ödemtherapie

Salzrestriktion

In europäischen und amerikanischen Leitlinien wird zwar für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz eine Salz- und Flüssigkeitsrestriktion empfohlen. Es fällt aber auf, dass die wissenschaftliche Datenlage hierzu dünn ist.

Aktuelle Daten aus randomisierten kontrollierten Studien legen sogar nahe, dass eine Natriumrestriktion bei Patienten mit Herzinsuffizienz schädliche Auswirkungen haben könnte [8]. Nur wenige randomisierte kontrollierte Studien haben klinische Ergebnisse als primären Endpunkt einbezogen.

Diese Studien waren dann entweder nicht leistungsfähig genug, um den Zusammenhang zwischen einer reduzierten Natriumzufuhr und den Ergebnissen zu testen, oder sie wurden im Zusammenhang mit einer aggressiven Diuretikabehandlung und Flüssigkeitsrestriktion durchgeführt [9].

Venentherapeutika

Venentherapeutika sind Medikamente, die für die Behandlung der subjektiven Beschwerden bei Venenerkrankungen zugelassen sind. Die hier eingesetzten Wirkstoffe sind beispielsweise Weinlaubextrakt, Rosskastaniensamenextrakt, Rutoside, Calciumdobesilat und Mäusedornwurzelextrakt.

Sie sollen die Venen stärken (“Venentonikum”) und sie abdichten, damit keine Ödeme entstehen. Es gibt mehrere aktuelle Übersichtsarbeiten, die diesen Medikamenten einen gewissen Effekt auf Ödeme zusprechen. Insgesamt sind die dabei gemessenen Volumenreduktionen jedoch gering.

Bewegung

Bewegung mit Aktivierung der Sprunggelenk- und Wadenmuskelpumpen ist der stärkste Motor des venösen Rückstroms. Aber auch schon geringe Muskelanspannungen fördern den venösen Rückfluss und sind Ödem-protektiv.

Bei langem monotonem Stehen auf der Stelle und Sitzen ist die Sprunggelenk- und Wadenmuskelpumpe nicht aktiviert und der venöse Abstrom limitiert. Er erfolgt lediglich bei komplett gefüllter Muskelfaszie durch die Gegenpulsation des einströmenden arteriellen Blutes.

Beim Gehen sollte man auf eine gezielte Abrollbewegung des Fußes mit Aktivierung der Sprunggelenk- und Wadenmuskelpumpe achten. Zur Vermeidung von Ödemen und Beseitigung von Ödemen sind Bewegungsübungen und das bewusste Gehen kurzer Strecken mit Sprunggelenk- und Wadenmuskelaktivierung sinnvoll.

Effektive Ödembehandlung mit Kompressionstherapie

Die Kompressionstherapie ist die effektivste Maßnahme, um periphere Ödeme zu beseitigen. Sie ist niemals eine kausale Therapie, sondern immer nur eine symptomorientierte Maßnahme. Daher sollte sie konsequent und langfristig angewandt werden.

Wie effektiv die Kompressionstherapie ist, zeigt eine kleine klinische Studie mit 19 Patienten im Hospiz, die fortgeschrittene Tumor- oder Herzerkrankungen und schwere therapieresistente Ödeme beidseits aufwiesen [10].

Die Patienten erhielten bereits eine parenterale Schleifendiuretika-Therapie, wurden mit Kompressionsverbänden versorgt und erhielten eine Erhöhung der Diuretikadosis (mittlere Dosis 60 mg, Range 40-100 mg). Nach drei Tagen konnte eine signifikante Abnahme des mittleren Gliedmaßenvolumens von 1,52 Liter erreicht werden. Die Behandlung wurde gut vertragen, ohne dass sich der Leistungsstatus der Patienten verschlechterte.

Unabhängig von dieser Studie, die die additive Wirkung der Kompressionstherapie zur internistischen medikamentösen Behandlung zeigt, gibt es eine gute Evidenz zur Heilung des Ulcus cruris venosum durch die Kompressionstherapie in ihren verschiedenen Facetten.

Hier können Kompressionsverbände mit Mehrkomponentensystemen, Ulkus-Strumpfsysteme und medizinische adaptive Kompressionssysteme (MAK) empfohlen werden [11-13] (Tab. 2 unten).

Fazit

Die Therapie von peripheren Ödemen ist grundsätzlich einfach, wenn man die Grunderkrankung kennt und suffizient behandeln kann. Die Therapie dieser Ödeme ist schwierig, wenn man die Ursache nicht findet, die Grunderkrankung nicht heilen kann oder die Ödeme multikausaler Ursache sind.

Neben der klassischen Kompressionstherapie als symptomorientierte, nicht kausale physikalische Therapie gibt es keine sinnvollen Ansätze für die Ödembeseitigung. Die Wirkungen von Salzrestriktion, Flüssigkeitsrestriktion, Venostatika und Bewegungsübungen mit Aktivierung der Sprunggelenk- und Wadenmuskelpumpe sind eher gering.

Der Einsatz von Diuretika entwässert den Körper und kann abhängig von der Grunderkrankung kurz- oder langfristig indiziert sein. Fixierte periphere Ödeme z.B. bei einer CVI, einem Lymphödem oder einer schweren Adipositas, lassen sich aber auch mit hoch-dosierter intervenöser Diuretikagabe nicht beseitigen.

Mögliche Interessenskonflikte:

Prof. Dr. Knut Kröger: Urgo, Coloplast

Prof. Dr. Joachim Dissemond: 3M, Curea, medi, Juzo, Lohmann & Rauscher, Smith & Nephew, Thuasne und Urgo.

Kerstin Protz: Bauerfeind, Curea, Juzo, medi, Lohmann & Rauscher, Hartmann und Urgo.

Dr. Jürg Traber: Urgo und PIOMIC.

Dr. Stephan Eder: Hartmann und Urgo.

PD Dr. Severin Läuchli: Kerecis und Urgo.

Prof. Dr. Markus Stücker: Bauerfeind, Juzo, Viatris, Mölnlycke, medi, Huntleigh Healthcare Ltd., Rheacell und Urgo.

Literatur:

  1. Herpertz U. Die häufigsten Beinödeme. Phlebologie 2001;30: 48-52.
  2. Deutsche Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie e.V.: S2K-Lipödem, 5.0, 2024, https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/037-012 (abgerufen am: 13.02.2024).
  3. Krijnen RM, de Boer EM, Ader HJ et al.. Diurnal volume changes of the lower legs in healthy males with a profession that requires standing. Skin Res Technol 1998; 4: 18-23.
  4. Luchner A, Birner C, Laufs U. BNP und NT-proBNP: Zwei kardiale Marker werden „erwachsen“. Dtsch Arztebl 2016; 113;66.
  5. Westphal K. Vier-Säulen-Prinzip bei Herzinsuffizienz. Neue europäische Leitlinien-Empfehlung. MMW Fortschr Med. 2022; 164:66.
  6. Vassalotti JA, Stevens LA, Levey AS. Testing for chronic kidney disease: a position statement from the National Kidney Foundation. Am J Kidney Dis 2007;50:169–180.
  7. Cho S, Atwood JE. Peripheral edema. Am J Med 2002;113:580–586.
  8. Ezekowitz JA, Colin-Ramirez E, Ross H et al. SODIUM-HF Investigators. Reduction of dietary sodium to less than 100 mmol in heart failure (SODIUM-HF): an international, open-label, randomised, controlled trial. Lancet 2022; 399(10333): 1391-1400.
  9. Colin-Ramirez E, Ezekowitz JA. Salt in the diet in patients with heart failure: what to recommend. Curr Opin Cardiol 2016;31:196-203.
  10. Gradalski T. Diuretics combined with compression in resistant limb edema of advanced disease – A case series report. J Pain Symptom Manage 2018;55:1179-1183.
  11. Shi C, Dumville JC, Cullum N et al. Compression bandages or stockings versus no compression for treating venous leg ulcers. Cochrane Database Syst Rev 2021;7:CD013397.
  12. Turner BRH, Jasionowska S, Machin M et al. Systematic review and meta-analysis of exercise therapy for venous leg ulcer healing and recurrence. J Vasc Surg Venous Lymphat Disord 2023;11:219-226.
  13. Rabe E, Földi E, Gerlach H et al. S2k-Leitlinie Medizinische Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS), Phlebologischem Kompressionsverband (PKV) und Medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK). AWMF Registernummer 037 – 005, 31.12.2018.
  14. Dissemond J, Läuchli S, Partsch H et al. Praxisrelevante Aspekte der Kompressionstherapie für Patienten mit chronischem Ulcus cruris unter besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit. WUNDmanagement 2018; 12:77–84.
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