Traditionell wurde die unkomplizierte Divertikulitis als bakterielle Infektion betrachtet und mit Antibiotika behandelt. Aktuelle Evidenz regt dazu an, diesen Ansatz zu überdenken.
Wie gehen Sie in der Hausarztpraxis an eine unkomplizierte Divertikulitis heran? Im Kontext der evidenzbasierten Medizin wird dies zu einer entscheidenden Frage, die die tägliche Praxis beeinflusst und gewohnte Prinzipien ärztlichen Handelns herausfordert. Vor allem bei Patientinnen und Patienten über 60 Jahren, die oft mit entzündlichen Divertikeln konfrontiert sind, gilt es zu klären: Antibiotika geben oder nicht?
Traditionell wurde die unkomplizierte Divertikulitis als eine bakterielle Infektion des Dickdarms betrachtet und auch im hausärztlichen Bereich großzügig mit Antibiotika behandelt. Doch aktuelle Evidenz regt dazu an, diesen Ansatz zu überdenken.
Statt sich ausschließlich auf die Infektion zu fokussieren, gewinnt die Vorstellung an Bedeutung, dass Divertikulitis eher eine reaktiv-entzündliche als ausschließlich eine bakteriell-infektiöse Erkrankung ist. Dieser Paradigmenwechsel fordert Hausärztinnen und Hausärzte heraus, die konventionelle Rolle von Antibiotika kritisch zu hinterfragen.
Der vorliegende Cochrane-Review [1] beleuchtet klinische Studien, die den Einsatz von Antibiotika bei unkomplizierter Divertikulitis untersuchen. Dabei werden verschiedene Aspekte von unterschiedlichen Antibiotikatherapien bis zur Dauer intravenöser Behandlungen berücksichtigt.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der vermeintliche Nutzen von Antibiotika nicht so eindeutig ist wie bisher angenommen und fordern dazu auf, die herkömmliche Sichtweise auf eine unkomplizierte Divertikulitis zu überdenken [1].
Fazit für die Hausarztpraxis
Angesichts der wachsenden Herausforderungen durch Antibiotikaresistenzen und der potenziellen Nebenwirkungen dieser Arzneimittel erscheint die Diskussion über alternative Therapieansätze ohne Antibiotika nicht nur dringlich, sondern geradezu zwingend.
Die vorliegende Evidenz deutet darauf hin, dass der Verzicht auf Antibiotika bei unkomplizierter akuter Divertikulitis möglicherweise genauso effektiv ist wie die routinemäßige antibiotikabasierte Therapie bzw. dass der Einsatz von Antibiotika möglicherweise keine erheblichen Vorteile hinsichtlich Komplikationen oder Notfalloperationen bietet.
Dieser Ansatz könnte nicht nur die individuelle Patientenversorgung optimieren, sondern auch dazu beitragen, den sorglosen Einsatz von Antibiotika zu hinterfragen und somit die Risiken für Patienten und die Gesellschaft insgesamt zu minimieren.
Für Hausärzte bedeutet dies eine kritische Überprüfung ihrer bisherigen Antibiotikaverschreibungen bei unkomplizierter akuter Divertikulitis. Eine individualisierte Anpassung, die die spezifischen Bedürfnisse und Risikofaktoren der Patienten berücksichtigt, könnte hierbei von entscheidender Bedeutung sein.
Dieser Review unterstreicht erneut die Dringlichkeit einer praxisnahen und evidenzbasierten Herangehensweise. Er verdeutlicht die Notwendigkeit einer patientenzentrierten und individuellen Behandlung von unkomplizierter akuter Divertikulitis im Hausarztalltag – in dem Bewusstsein, dass die endgültige Antwort noch in der sich entwickelnden Evidenzlandschaft liegen könnte [1].