"Rauchende Köpfe"Heimbesuch: Wenn der Doktor zweimal klingelt…

Die Abrechnung von Haus- und Heimbesuchen bietet einige Tücken. Was etwa gilt als Gemeinschaft oder als dringlich? Die "Rauchenden Köpfe" geben die Antworten.

Hausbesuche: An welche Ziffern können Sie dabei denken?

Zur hausärztlichen Tätigkeit gehören die Hausbesuche einfach dazu, ob man sie mag, weil sie einen anderen Blick auf die Lebensrealität eines Patienten ermöglichen, oder nicht, weil sie aufwändig sind und oft nach der normalen Sprechzeit erledigt werden müssen. Wer Besuche macht, sollte diese dann auch korrekt abrechnen. An welche Ziffern können Sie dabei denken?

Normaler Hausbesuch

Im EBM wird der normale Hausbesuch mit der 01410 (23,88 Euro) abgerechnet. Hinzu kommt das Wegegeld, hierzu gibt es in jeder Kassenärztlichen Vereinigung eigene Ziffern. Besucht man parallel in derselben häuslichen Gemeinschaft einen weiteren Patienten, ist der Mitbesuch nach 01413 EBM (11,94 Euro) anzusetzen.

Sonderfall Seniorenheim

Sehr viele Hausbesuche fallen in den Seniorenheimen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen an. Hier ist zu beachten: Den “Erst-Besuch” darf man nur auf eine Person abrechnen. Sofern es sich nicht um abgeschlossene Wohneinheiten mit eigener Klingel, Briefkasten, Küche u.ä. handelt, sind die Besuche bei allen weiteren Personen als Mitbesuch abzurechnen.

Verschiedene Stockwerke eines Altenheims beispielsweise sind fast immer zusammen als eine Gemeinschaft anzusehen. Anders könnte es etwa bei Einrichtungen des betreuten Wohnens mit jeweils eigener Wohnung aussehen. Cave: Zu großzügig sollten Sie diese EBM-Vorgabe allerdings nicht auslegen, da diese Fälle sehr häufig geprüft werden!

Tipp: Es ist ja auch gar nicht erforderlich, hier kreativ zu werden, wenn man einen Pflegeheimvertrag abgeschlossen hat. Dann ist der Mitbesuch genauso viel “wert” wie der Erstbesuch, nämlich 01413 plus 37113 EBM (11,94 + 11,94 = 23,88 Euro, also die gleiche Summe wie 01410 EBM).

Sie haben noch keinen Vertrag abgeschlossen, obwohl sie Patientinnen und Patienten im Heim versorgen? Das lohnt sich finanziell unbedingt, sobald sie mehr als eine Person im gleichen Heim betreuen! Denn die Anforderungen zum Vertragsabschluss sind seit der Einführung etwas weniger anspruchsvoll geworden. Wenn Sie Menschen in einem Seniorenheim (und es müssen nicht alle sein, die dort leben!) engagiert hausärztlich betreuen, erfüllen Sie eigentlich bereits alle Voraussetzungen (mehr dazu: www.hausarzt.link/tRQNF).

Eine weitere Besonderheit im Seniorenheim gilt es zu beachten: Wenn hier ein Hausbesuch am Tag der Anforderung ausgeführt wird, gilt er als “dringend” und kann nach 01415 EBM (61,51 Euro) plus Wegegeld abgerechnet werden. Dass das Pflegepersonal anruft und man noch am gleichen Tag im Heim nach dem Rechten sieht, kommt regelmäßig vor. Auch hier gilt: Nur einen Besuch in der gleichen häuslichen Gemeinschaft darf man nach 01410 oder 01415 abrechnen, alle anderen sind Mitbesuche.

Was ist dringend?

Im Gegensatz zum dringenden Heimbesuch (01415) müssen die dringlichen Hausbesuche nach 01411 (52,84 Euro) und 01412 EBM (70,53 Euro) unverzüglich ausgeführt werden. Sollte man gerade in der Sprechstunde sein, muss man diese ggf. auch verlassen, dann kann man die 01412 abrechnen, ebenso bei dringlichen Besuchen zwischen 22 und 7 Uhr sowie am Wochenende. Die 01411 ist für unverzüglich ausgeführte Besuche am Wochenende oder abends zwischen 19 und 22 Uhr vorgesehen.

Die genaue Definition von “unverzüglich” füllt etliche Artikel und beschäftigt Widerspruchsausschüsse. Merke: Man kann grob sagen, dass man den Besuch ohne schuldhafte Verzögerung auszuführen hat. Notfälle in der Praxis darf man beispielsweise noch fertig behandeln.

Impfung

Immobile Patienten wurden während der Pandemie oft zu Hause oder im Seniorenheim gegen Covid-19 geimpft. Hierfür gibt es in der Corona-Impfverordnung (ImpfV) die Hausbesuchsziffer 88323 (35 Euro), bei mehreren Personen ab der zweiten Person als Mitbesuch die 88324 (15 Euro). Diese Ziffern können Sie neben den Covid-Impfziffern ansetzen.

Sollte es parallel dazu kommen, dass Sie nicht nur impfen, sondern auch kurativ tätig werden, etwa Fragen zur Medikation beantworten, Wunden versorgen etc., können Sie wählen, ob Sie den Hausbesuch mit den “normalen” Ziffern (s.o.) ansetzen oder nach 88323/4 (jeweils plus Impfziffer). Beides gleichzeitig geht nicht!

Die KV Hessen [1] schreibt dazu: “Hausbesuche und Mitbesuche können Sie bei immobilen Personen über die ImpfV abrechnen. Auch bei einem Hausbesuch können Impfung und Krankenbehandlung (Abrechnung über den EBM) zusammenfallen. Sie rechnen dann jedoch nicht zwei Hausbesuche ab. Wenn Sie die Leistung schon nach dem EBM abrechnen (Hausbesuch und Wegepauschale), ist ein Aufsuchen der Person für die Impfung nach der ImpfV nicht mehr notwendig und Sie rechnen den Besuch nicht noch mal über die ImpfV ab. Wenn Sie eine Abrechnung nach der Corona-ImpfV wählen, entfällt die Abrechnung des Hausbesuchs über den EBM.”

Sollten Sie im Ausnahmefall zweimal am gleichen Tag zum Patienten fahren – etwa morgens zum Impfen, abends notfallmäßig nach einem Sturz – dann können Sie beides an einem Tag abrechnen. Merke: Achten Sie dann aber darauf, die Uhrzeit mit zu dokumentieren.

Welche Ziffern dürfen Sie neben den Hausbesuchen abrechnen?

Neben den Hausbesuchsziffern können relativ viele Ziffern angesetzt werden. So sind bei entsprechender Erbringung die Ziffern für das hausärztliche Gespräch (03230 EBM) oder die psychosomatische Grundversorgung (35100 und 35110 EBM) möglich. Auch chirurgische Leistungen, Chirotherapie, Sonographie, Langzeit-RR und Langzeit-EKG, Impfungen etc. können abgerechnet werden, sofern man sie im Hausbesuch erbracht hat.

Fallen Hausbesuche am Samstag an, ist zwar die 01102 EBM (11,38 Euro) für die Samstagssprechstunde nicht neben der 01410 und 01415 möglich, jedoch neben jedem Mitbesuch nach 01413 EBM. Das ist im Seniorenheim unter Umständen durchaus relevant! Zu beachten ist natürlich die medizinische Notwendigkeit, etwa bei aktiver Ansprache durch das Pflegepersonal oder die Patienten, die man möglichst auch dokumentieren sollte.

Bei chronisch kranken oder geriatrischen Patienten können die Chroniker-Ziffern 03220 (14,65 Euro) und 03221 (4,51 Euro) sowie die Geriatrie-Ziffern 03360 (12,73 Euro) und 03362 (19,60 Euro) abgerechnet werden. Des Weiteren kommen bei Palliativpatienten die 03372 (13,97 Euro) und 03373 (13,97 Euro) in Frage.

Die 03372 kann neben den “normalen” Hausbesuchen (01410/01413) angesetzt werden – je vollendete 15 Minuten (max. 5x/Tag). Bei den dringlichen Hausbesuchen (01411/ 01412/ 01415) wäre gegebenenfalls die 03373 fällig, hier jedoch nur einmal pro Besuch.

Achtung, besonders absurd dabei: Ein Patient kann nicht beim gleichen Kontakt chronisch und palliativ krank sein, ebenso nicht gleichzeitig geriatrisch und palliativ. Merke: Wägen Sie ab, bei welchem Kontakt Sie die Chroniker- und Geriatrie-Ziffern und bei welchem die Palliativ-Ziffern ansetzen! Auch das hausärztliche Gespräch 03230 EBM ist nicht neben den Palliativziffern möglich, immerhin jedoch die Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung (35100, 35110).

Da diese Vorgaben verwirrend sind, zeigt die folgende Tabelle sie übersichtlich zusammengefasst:

Hausbesuche nach GOÄ

Auch privat Versicherte wollen versorgt sein. Hier gelten nach GOÄ komplett andere Ziffern:

Der normale Hausbesuch kann nach Nr. 50 GOÄ (42,90 Euro*) abgerechnet werden, plus Wegegeld. Hierfür werden in der Regel Pseudoziffern/Barpreisziffern in den Praxis-Softwares angeboten oder man muss sie selbst anlegen. Die Wegegelder zeigt Tabelle 2:

Wichtig: Die Zeit, ab denen das Wegegeld für “nachts” abgerechnet werden darf, unterscheidet sich von der im EBM, nämlich ab 20:00 Uhr in der GOÄ statt 19:00 Uhr im EBM.

Weiter zu beachten ist, dass beim Besuch mehrerer Menschen wie im gleichen Seniorenheim das Wegegeld nicht voll berechnet werden darf. Es ist anteilig, geteilt durch die Zahl der besuchten Personen in Rechnung zu stellen.

Der Mitbesuch in derselben häuslichen Gemeinschaft wird nach Nr. 51 GOÄ (33,52 Euro) berechnet.

Beide Ziffern enthalten bereits die symptombezogene Untersuchung (entsprechend Nr. 5 GOÄ), nicht jedoch beispielsweise die Untersuchung eines Organsystems nach Nr. 7 (21,45 Euro), den Ganzkörperstatus Nr. 8 (34,86 Euro) und weitere Untersuchungsziffern. Die Beratung des Patienten ist ebenfalls enthalten (1 und 3 GOÄ).

Möglich ist jedoch die Abrechnung von Ziffer 4 (29,49 Euro) für die Fremdanamnese und Unterweisung von Bezugspersonen, die durchaus bei Hausbesuchspatienten immer mal vorkommen – Pflegepersonal im Seniorenheim beispielsweise gilt natürlich als Bezugsperson, aber auch Familienangehörige etc.

Diese Ziffer dürfen Sie einmal im Behandlungsfall abrechnen, also bei gleicher Diagnose einmal im Monat, bei neuer Diagnose auch früher. Ebenso können die 34 GOÄ (40,22 Euro) für das mindestens 20 Minuten dauernde Gespräch bezüglich der Neudiagnose oder Verschlechterung einer lebensverändernden Erkrankung (maximal 2 x in 6 Monaten) sowie gegebenenfalls die 15 GOÄ (40,22 Euro) für die Koordination therapeutischer und sozialer Maßnahmen (maximal 1 x pro Kalenderjahr) anfallen.

Selbstverständlich können Sie auch bei Privatpatienten etliche andere Leistungen im Hausbesuch erbringen und abrechnen, wie Impfungen, Wundversorgungen, LZ-EKG, LZ-RR, Vorsorgeuntersuchungen etc.

Der Zuschlag “A” (für die Erbringung von Leistungen außerhalb der Sprechstunde) ist nur neben Untersuchungsziffern berechenbar. Neben den Besuchsleistungen gibt es – im Gegensatz zum EBM – jedoch die Zuschläge E, F, G, H und K2 (siehe Tabelle 3).

Wichtig: Denken Sie unbedingt daran, dass die Covid-19-Impfung bei Privatpatienten über die Impfverordnung abzurechnen ist. Waren Sie nicht parallel kurativ tätig, rechnen Sie auf keinen Fall Ziffern über die GOÄ ab!

Quelle: 1. “Auf den Punkt” Februar 2022, KV Hessen

*Anmerkung: Bei den Angaben zu den GOÄ-Ziffern ist der “normale” Steigerungssatz angegeben.

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