Soziale MedienMit Insta gegen Doktor Google

In den sozialen Medien tummeln sich mittlerweile zahlreiche professionell vermarktete "Ärzte" – und nicht zuletzt Fehlinformationen. Mit kleinem Aufwand macht eine Praxis aus Schorndorf vor, wie es anders gehen kann. Ihre Videos helfen nicht nur, Fragen außerhalb der Praxis zu klären, sondern sogar bei der Suche nach neuen MFA.

Durch ein Instagram-Reel besorgte Patienten beruhigen - funktioniert das?

Mit einem Facebook-Post die Praxis entlasten? Durch ein Instagram-Reel besorgte Patienten beruhigen? Dr. Ralf Brügel aus Schorndorf bei Stuttgart macht genau das: Mit seiner Präsenz in den sozialen Medien will er dem Versorgungsdruck gerade in den Infektmonaten begegnen, indem er allgemeine Patientenfragen außerhalb von Praxis und Sprechstunde klärt – beispielsweise in Form kurzer Erklärvideos.

Der Kinderarzt betreibt seit dem ersten Corona-Lockdown einen Instagram- und Facebook-Kanal. Mittlerweile haben beide Konten in Summe 8000 Follower. Brügel ist, wie er sagt: “sehr happy mit dieser Entwicklung”.

Denn das Mitspielen in der Online-Welt ist dem 52-jährigen Vater dreier erwachsener Töchter schon lang ein Anliegen. Doch erst mit der Zwangspause der Pandemie, als im ersten Lockdown das Patientenaufkommen rapide einbrach, hat sich der Mediziner Zeit genommen, um das Projekt zu starten.

Alltagsthemen werden adressiert

Nach nunmehr dreieinhalb Jahren kann Brügel, der die Praxis gemeinschaftlich mit Kollegin Marina Hahn, zwei angestellten Ärztinnen, einer Weiterbildungsassistentin und zehn Medizinischen Fachangestellten (MFA) betreibt, eine positive Bilanz ziehen.

Die wöchentlichen Videos mit maximal drei Minuten Länge kommen bei den Patienten, die überwiegend im Einzugsgebiet rund um die Praxis leben, gut an. Mehrere tausend Mal werden sie geklickt, vielfach gelikt und oft kommentiert, gehen teils viral. Sein Rekord: Fast eine halbe Million Klicks für ein Video.

In der Regel greift Brügel, der auch als Ärztesprecher des Rems-Murr-Kreises aktiv ist, vor allem Alltagsthemen auf: In seinen Erklärvideos spricht er über Einschlafprobleme, Wutanfälle, Wespenstiche oder thematisiert das Schwimmen lernen.

Die 150 Videos stehen alphabetisch geordnet auch auf der Homepage der Praxis. Hier verweist der Mediziner bereits auf der Startseite auf die verschiedensten Kontaktwege für Patienten: von den “Klassikern” bis hin zu den Social-Media-Kanälen, die auch über Aktuelles aus der Praxis informieren.

Hier beginnt auch die Erleichterung im Arbeitsalltag: “In bis zu einem Drittel der Fälle, die uns telefonisch oder per Mail erreichen, können wir auf unsere Videos verweisen”, so Brügel. “80 Prozent davon helfen die Videos sowie die danebenstehenden Merkblätter.”

Weniger los ist deshalb in den Sprechstunden zwar nicht. “Aber ich sehe mich auch als Alternative zu Doktor Google”, verdeutlicht er. Denn seinen Leitsatz: “Seltenes ist selten und Häufiges ist häufig” kehre der Suchmaschinen-Algorithmus um. “Kopfschmerzen kommen eben fast nie durch einen Hirntumor”.

15 Minuten Aufwand pro Woche

Seinen Aufwand zur Videoproduktion schätzt der Kinderarzt auf maximal 15 Minuten pro Woche. Hinzu kommen ein, zwei lustige Fotos. Darin geht es oft um Fußball und den Lieblingsverein des Schwaben. In einer Stellenanzeige für eine MFA liest sich das dann so: “Unser Chef ist VfB-Fan und montags ist seine Laune vom Ergebnis am Wochenende abhängig. Wer damit klar kommt, bewerbe sich bitte umgehend!”.

Die Selbstironie kommt gut an: Die saloppen Stellen-Postings werden vielfach in Social Media geteilt. Und tatsächlich bewirbt sich eine Fachkraft, die sich als Bayern-Fan outet – und dass schon im ersten Satz des Anschreibens. “Wir haben sie sofort eingestellt”, lacht Brügel.

Im Hintergrund arbeitet der Arzt mit einer befreundeten Kommunikationsagentur zusammen. Sie übernimmt das Posten. Die Videos hingegen dreht Brügel meistens donnerstagnachmittags allein. Damit er dabei keinen Unsinn erzählt und auf dem neusten Stand ist, blickt er zuvor kurz in die Leitlinien, fasst Aussagen knackig zusammen.

Dabei folgt der Mediziner aber nicht dem üblichen Instagram-Muster vieler Influencer. Statt zu dramatisieren will der Schorndorfer viel mehr deeskalieren. “Ich nehme wahr, dass junge Eltern in den zurückliegenden 18 Jahren meiner Praxiszeit übervorsichtig geworden sind.”

Dieser gesellschaftliche Wandel, sicher auch befeuert durch Social Media, treibe die Menschen heute eher dazu, den Arzt zu kontaktieren – und sei es nur ein Schnupfen.

Aktuelle Leitlinien gefragt

Und wenn ihm doch mal ein Fehler unterläuft? “Dann korrigiert mich das Publikum”, berichtet Brügel. So wie unlängst bei einem Video zu Phimose. Bei angeborener Vorhautverengung wurde lange Zeit zur “großzügigen Entfernung” ab dem siebten Lebensjahr geraten, wenn konservative Behandlungen nicht funktionieren.

Das war auch sein Hinweis. “Worauf hin ich eine scharfe E-Mail eines Mannes bekam”, erinnert sich der Arzt. Gespickt mit Links zu neuster Forschung und mit Verweis auf die aktuelle Leitlinie: “Heute wird der operative Eingriff deutlich später empfohlen”, weiß er inzwischen. Das alte Video ist gelöscht und durch ein neues ersetzt. Die Qualitätsprüfung klappt – und zeigt nicht zuletzt, dass seine Videos Menschen wirklich erreichen.

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