Vergütung: Orientierungswert steigt um nur 3,85 Prozent
Der Orientierungswert als Basis für die Preise ärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen steigt für 2024 um 3,85 Prozent (2024: 11,9339 Cent; aktuell: 11,4915 Cent). Vor dem Hintergrund der Kostensteigerungen für Praxen hatte der Hausärztinnen- und Hausärzteverband das Ergebnis der Honorarverhandlungen deutlich kritisiert.
Praxistipp: Der EBM-Spicker wird im Januar basierend auf den neuen Werten aktualisiert: www.hausarzt.link/ebm-spickzettel
Darüber hinaus finden sich zum Jahresbeginn wie gewohnt verschiedene kleinere und größere Änderungen sowie Verlängerungen im EBM. So dürfen Ärztinnen und Ärzte beispielsweise die Authentifizierung von unbekannten Patienten bei einer Videosprechstunde weiter mit der EBM 01444 abrechnen (vorerst bis 31. Dezember 2025).
Die medikamentöse HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) wird weiterhin extrabudgetär vergütet (bis 31. Dezember 2025).
Neu ab 1. Januar ist, dass die Kontrolle im Rahmen der PrEP über eine Pauschale vergütet wird. Die EBM 01922 wird dazu von bislang 82 Punkten (9,42 Euro) um 81 Punkte auf 163 Punkte erhöht (mehr dazu: www.hausarzt.link/NKSHw).
Die extrabudgetäre Vergütung der 01472 EBM (DiGA Vivira) läuft zum 30. Juni aus, die EBM 01744 als Übergangsregel bei der Gesundheitsuntersuchung entfällt zum Jahresende 2023 ganz.
Telefon-AU zurück in der Praxis
Die Telefon-AU, die während der Corona-Pandemie bereits zeitlich befristet möglich gemacht wurde, soll die Krankschreibung künftig dauerhaft vereinfachen. Dafür hatte sich der Hausärztinnen- und Hausärzteverband immer wieder starkgemacht.
Update im Onlinebeitrag: Nach Redaktionsschluss der Ausgabe wurde dies vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowohl für Erwachsene als auch “Kind krank”-Bescheinigungen noch in 2023 umgesetzt.
Praxistipp: Zum weiteren Zeitplan auf dem Laufenden bleiben Sie mit dem Newsletter von “Der Hausarzt”: www.hausarzt.digital/newsletter
Pro Kind und Elternteil stehen Familien in den Jahren 2024 und 2025 nun 15 bezahlte Kinderkrankentage zu. Vor der Corona-Pandemie waren es regulär zehn Tage. Für Alleinerziehende erhöht sich der Anspruch entsprechend von 20 auf 30 Tage. Dies gilt ab 1. Januar 2024.
Digitalisierung: Der Druck auf Praxen steigt
Mit Jahresbeginn steigt der Druck auf Praxen, digitale Anwendungen im Alltag umzusetzen. So wird auf das E-Rezept umgestellt. Praxen, die dazu technisch nicht in der Lage sind, soll das Honorar pauschal um 1 Prozent gekürzt werden – und zwar so lange, bis der entsprechende Nachweis gegenüber der KV erbracht ist.
Auch E-Arztbriefe müssen Praxen ab Anfang 2024 mindestens empfangen können, hier sind andernfalls Kürzungen der TI-Pauschale ab März 2024 vorgesehen.
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten können ab dem 1. Januar elektronisch an Berufsgenossenschaften und Unfallkassen mitgeteilt werden.
Ab 1. Juli sollen Hausärztinnen und Hausärzte in ihrer Praxisverwaltungssoftware (PVS) auch Informationen des DiGA-Verzeichnisses finden. Ab dann soll das Muster 16 für die Verordnung von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) auch nur noch über die Verordnungssoftware und nicht mehr manuell am Computer ausgefüllt werden dürfen. DiGA per E-Rezept zu verordnen, soll hingegen erst ab Januar 2025 möglich sein.
Insgesamt wird das kommende Jahr wohl genutzt werden, um die elektronische Patientenakte (E-PA) als Opt-out-Lösung umzusetzen. Denn ab 15. Januar 2025 sollen gesetzlich Krankenversicherte automatisch eine E-PA erhalten. Bis dahin wurde die EBM 01648 zur Erstbefüllung der E-PA verlängert.
Ab dem 1. Januar 2024 müssen Krankenkassen ihren Versicherten auf Wunsch eine digitale Identität in Form einer Gesundheits-ID zur Verfügung stellen. Diese soll einen kartenlosen Zugang zu allen Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) ermöglichen.
Link-Tipp: Alle praxisrelevanten Inhalte der aktuellen Digital-Gesetze mit Bewertung durch den Hausärztinnen- und Hausärzteverband: www.hausarzt.link/oSSio
Verordnung von Intensivpflege vorübergehend gelockert
Bei der Verordnung außerklinischer Intensivpflege, die jüngst neu geregelt wurde, gilt bis Ende 2024 eine Übergangsregelung: Demnach darf die Leistung auch dann ärztlich verordnet werden, wenn ausnahmsweise keine Potenzialerhebung vorliegt (mehr: www.hausarzt.link/EPUJd)
Wichtig in der Praxis: Als eine Folge der neuen AKI-Vorgaben wurde der Portokosten-Höchstsatz angepasst. Im hausärztlichen Bereich beträgt die abrechenbare Höchstsumme für die EBM 40110 und 40111 nur noch 6,88 Euro statt wie bisher 28,38 Euro.
Die Verordnung medizinischer Rehabilitation wird weiterhin extrabudgetär vergütet, die EBM 01611 wird bis 31. Dezember 2024 verlängert.
Eine Formalie betrifft unterdessen die Testungen auf Corona: So endet die Corona-Testverordnung zum 31. Dezember 2024. In der Praxis ergeben sich keine Folgen, zuletzt hatte die Verordnung vor allem für Abrechnungsprüfungen Bestand. Ein Anspruch auf Testungen besteht bereits seit April 2023 nicht mehr.
Pflege und weitere Schnittstellen in die Praxis
Bis Ende 2024 werden Videofallkonferenzen mit Pflegefachkräften noch extrabudgetär gezahlt, danach wird die EBM 01442 in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) überführt.
Wichtig für betroffene Versicherte: Das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen werden im Jahr 2024 um fünf Prozent erhöht. Eine Erhöhung um weitere 4,5 Prozent ist 2025 geplant. Außerdem können berufstätige pflegende Angehörige ab 2024 das Pflegeunterstützungsgeld jährlich beantragen, was zuvor nur einmal pro Pflegefall möglich war. Auch der Zuschuss zum Eigenanteil an den Pflegekosten wird erhöht.
Das Pflegestudiumstärkungsgesetz sieht unter anderem eine Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten für Diabetes, chronische Wunden sowie Demenz vor. Das Inkrafttreten war bei Redaktionsschluss noch unbekannt.
Voraussichtlich ab 1. April sollen sich Patienten in einem Klinik-Transparenzregister online über Fachgebiete, Fallzahlen und Personalausstattung verschiedener Kliniken informieren können. Das sieht das Krankenhaustransparenzgesetz vor. Ob es bei dem Zeitplan bleibt, war bei Redaktionsschluss unklar: Der Bundesrat hat Ende November den Vermittlungsausschuss angerufen und das Vorhaben ausgebremst.
Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) soll zum 1. Januar in eine Stiftung überführt werden. Bei Redaktionsschluss waren jedoch viele Fragen offen, sodass befürchtet wird, dass es zu einer Lücke im Beratungsangebot kommen könnte.
Voraussichtlich ab 1. Juli sollen Versicherte eine ärztliche Zweitmeinung auch zu einem künstlichen Hüftgelenk einholen können.
[Ergänzung im Online-Beitrag: Ebenso ist eine ärztliche Zweitmeinung zu Eingriffen an Aortenaneurysmen geplant; ebenfalls voraussichtlich ab dem 1. Juli können ambulant oder stationär tätige Ärztinnen und Ärzte eine entsprechende Genehmigung beantragen.]
Praxisführung: Feuerlöscher prüfen
Per- und polyfluorierte Stoffe (PFAS), die unter anderem in Feuerlöschern enthalten sind, werden ab 2024 verboten. Alte Feuerlöscher müssen dann ersetzt werden.
Zudem lohnt sich ein Blick auf die Arbeitsverträge etwaiger Minijobber. Denn ihre Entgeltgrenze steigt von 520 auf 538 Euro im Monat als Folge des zum 1. Januar steigenden Mindestlohns: Dieser beträgt dann 12,41 Euro statt bisher 12 Euro.
Ab Herbst 2024 soll es bei der technischen Ausstattung übrigens weniger Kabelsalat geben: Dann müssen Elektrogeräte wie Smartphones, Kopfhörer oder Tablets mit dem gleichen Kabel (USB-C) aufladbar sein.
Steuerliches: Inflationsprämie noch bis Ende 2024 möglich
Der Grundfreibetrag steigt 2024 um weitere 696 Euro auf 11.604 Euro, der Kinderfreibetrag um weitere 360 Euro auf 9.312 Euro. Der sogenannte Spitzensteuersatz soll 2024 ab einem Jahreseinkommen von 66.761 Euro erhoben werden.
Interessant für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber: Die Freigrenze für betriebliche Geschenke soll nach Plänen der Bundesregierung ab 2024 von 35 auf 50 Euro erhöht werden, die Freigrenze für Betriebsveranstaltungen von 110 auf 150 Euro (für maximal zwei Veranstaltungen im Jahr).
Die Inflationsprämie, die Arbeitgeber dem Personal zahlen können, ist bis 31. Dezember 2024 möglich. Das steuer- und sozialabgabenfreie Extra darf bis zu 3.000 Euro betragen, als Einmalzahlung oder in Teilen.
Das Bundesgesundheitsministerium hat den durchschnittlichen Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung für 2024 um 0,1 Prozentpunkte auf 1,7 Prozent erhöht.
Die Regelsätze für Bürgergeld und Sozialhilfe steigen ab Januar um gut 12 Prozent.
Sonst noch interessant: Vom PKW bis in den Supermarkt
Bis 19. Januar müssen Autofahrer, die zwischen 1965 und 1970 geboren sind, ihre alten grauen oder rosa Papierführerscheine in das neue Scheckkarten-Format umtauschen.
Beim Privatkauf kleinerer E-Autos gibt es ab Januar nur noch 3.000 statt 4.500 Euro “Umweltprämie”.
Und im Supermarkt sind ab Juli 2024 bei allen Produkten sogenannte “Tethered Caps”, also nicht ablösbare Flaschendeckel, Pflicht. Dadurch sollen in Zukunft weniger Plastikdeckel in der Natur landen.
Wichtig für Eltern: Neuregelung beim Kinderreisepass
Ab 1. Januar werden keine neuen Kinderreisepässe mehr ausgestellt, verlängert oder aktualisiert. Ab diesem Datum benötigen Eltern, die mit ihren Kindern über die Grenzen der Europäischen Union hinaus reisen, für sie einen regulären Reisepass mit Chip, wie sie ihn selber besitzen.
Es gilt jedoch eine wichtige Übergangsregel: Vor dem 1. Januar 2024 ausgestellte, noch gültige Kinderreisepässe können noch bis zum Ende der Gültigkeit genutzt werden.