SAPVPalliativmedizin: Neue Hürden für Hausärzte?

Die Palliativversorgung stützt sich in hohem Maße auf die Kompetenz von Hausärztinnen und Hausärzten. Nicht zuletzt ein neuer Rahmenvertrag für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) könnte das jedoch ins Wanken bringen – durch neue Mindestvorgaben für teilnehmende Ärzte.

Hausärzte leisten einen Großteil der ambulanten Palliativversorgung.

Die bewährten Versorgungsstrukturen in der Palliativversorgung könnten künftig auf eine Belastungsprobe gestellt werden. Das deutet der jüngst vorgelegte Entwurf für einen neuen Rahmenvertrag für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) an. Dieser sieht etwa eine Mindest-Personalausstattung vor, wonach Ärztinnen und Ärzte mindestens 50 bzw. 25 Prozent beim SAPV-Träger angestellt sein müssen. Für die fachliche ärztliche Leitung wäre demnach sogar eine 75-Prozent-Stelle nötig.

Damit wären aber Hausärztinnen und Hausärzte mit der Zusatzbezeichnung Palliativmedizin faktisch von der Teilnahme ausgeschlossen, da sie ihren Praxisbetrieb in der Regel nicht mit einer Teilzeitanstellung vereinen können, bemängelt der Deutsche Hausärzteverband. Würden sie sich hingegen in größerer Zahl für die Tätigkeit im SAPV-Team entscheiden – und damit gegen ihre Praxis –, könnten Lücken in der hausärztlichen Versorgung drohen.

Zur Erinnerung: Seit 2007 haben gesetzlich Krankenversicherte einen gesetzlichen Anspruch auf eine SAPV, in der Regel geleistet durch Hausärztinnen und Hausärzte mit der Zusatzbezeichnung Palliativmedizin in SAPV-Teams. 2018 führten rund 11.600 Ärzte in Deutschland diese Zusatzbezeichnung – Tendenz steigend.

Dabei ist die konkrete Umsetzung regional unterschiedlich. Der überarbeitete Rahmenvertrag, für den nun ein erster Entwurf vorliegt, soll den bestehenden Flickenteppich vereinheitlichen.

Neun von zehn allgemein ambulant palliativ versorgt

Ein Blick auf die zweite Säule der Palliativversorgung jedoch zeigt, was die in dem Vertrag vorgesehenen Vorgaben bedeuten können. Denn: Nur etwa zehn Prozent aller Palliativpatienten sind so schwer erkrankt, dass sie in ihrem letzten Lebensabschnitt die in Paragraf 37b SBG V garantierte SAPV benötigen.

90 Prozent hingegen werden über die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) betreut, die in der Regel niedergelassene Hausärzte sicherstellen. Nichtsdestotrotz stand die AAPV der SAPV lange nach, etwa mit Blick auf die gesetzlichen und finanziellen Regelungen. Der Deutsche Hausärzteverband setzt sich daher seit Langem für eine Stärkung und gezielte Förderung der AAPV ein.

So wurden 2013 erste EBM-Gebührenziffern für die AAPV eingeführt, 2017 – als Vorgabe aus dem Hospiz- und Palliativgesetz – dann neue ergänzt. Doch deren Abrechnung wurde, ähnlich wie im neuen SAPV-Rahmenvertrag vorgesehen, an erhebliche Vorgaben für Hausärztinnen und Hausärzte geknüpft.

Durch die vom Deutschen Hausärzteverband deutlich kritisierten Vorgaben, an die einige Leistungen gekoppelt wurden, sahen sich Hausärztinnen und Hausärzte teils gezwungen, den Schritt aus der Palliativmedizin zu gehen. Gerade mit Blick auf die AAPV hat dies jedoch dramatische Folgen, war sie doch ins Leben gerufen worden, um die Lücke zwischen Regelversorgung und SAPV zu schließen.

Droht dies jetzt auch der SAPV? Ähnlich den Vorgaben in der AAPV will auch der neue Rahmenvertrag Mindestvorgaben an die Erbringung der SAPV knüpfen. Neben der Mindest-Personalausstattung sind auch Mindest-Stundenzahlen vorgesehen: In SAPV-Teams integrierte Ärzte müssten demnach 10 oder 13 Stunden leisten.

Verband fordert: Einbezug von Hausärzten muss verpflichtend sein

Unterdessen scheint die hausärztliche Expertise lediglich als “nice to have” eingestuft zu werden: Zwar wird die Zusammenarbeit des SAPV-Teams mit den behandelnden Vertragsärztinnen und Vertragsärzten im Vertrag “vorzugsweise” mit Hausärztinnen und Hausärzten geregelt. Jedoch enthalten die entsprechenden Passagen keine verbindliche Verpflichtung dafür, kritisiert der Hausärzteverband.

Was das bedeutet, zeigt sich nicht zuletzt bei einer Besserung oder Stabilisierung im Krankheitsverlauf: Dass in diesem Fall bei der Reduzierung oder dem Wegfall der SAPV nur die Absprache mit der verordnenden Ärztin, nicht jedoch zwingend der Hausärztin vorgesehen ist, trage nicht der Versorgungsrealität Rechnung. In dieser nämlich ermöglicht nur die genaue Kenntnis des Patienten und seines sozialen Umfelds, die notwendigen palliativen Maßnahmen einzuschätzen – ganz gleich, ob in der SAPV oder AAPV.

Fazit

  • Hausärztinnen und Hausärzte sichern größtenteils die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV), viele sind aber auch in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) tätig.
  • Für letztere ist ein neuer Rahmenvertrag in Arbeit. Nach dem zuletzt vorliegenden Entwurf würde dieser die Arbeit von Hausärztinnen und Hausärzten in SAPV-Teams jedoch erheblich erschweren bis unmöglich machen.
  • Der Deutsche Hausärzteverband warnt daher, die organisatorischen Hürden noch höher zu setzen. Denn das würde dazu führen, dass sich palliativ engagierte Hausärzte zwischen ihrer Praxis und einem SAPV-Team entscheiden müssten. Das wäre weder für die hausärztliche noch die SAPV-Versorgung von Vorteil, sondern würde Engpässe verursachen.
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