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GesundheitspolitikLauterbachs Versprechen an die Hausarztpraxen

Lange hat der Hausärztinnen- und Hausärzteverband dafür gekämpft, nun hat Gesundheitsminister Lauterbach zehn Maßnahmen zur Entlastung der Praxen vorgestellt. Von der Entbudgetierung über Vergütungspauschalen bis zu Regress-Erleichterungen: Ein Überblick, was der Minister gerne anpacken würde.

Am Krisengipfel nahmen neben dem Hausärztinnen- und Hausärzteverband auch Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt (l.) sowie Dr. Sibylle Steiner von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV, r.), der Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa), der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sowie Vertreter der Kassen teil.

Mit einem umfangreichen Paket will Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) Hausärztinnen und Hausärzte entlasten und dafür sorgen, dass “überfüllte Praxen künftig nicht mehr vorhanden sind”.

Darin enthalten ist unter anderem die lange erwartete und vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband erkämpfte Entbudgetierung nach dem Modell MGV plus, aber auch Erleichterungen bei großen Ärgernissen im Praxisalltag wie Regressen (siehe Tabelle unten).

Das hat der Minister im Januar nach einem Krisengipfel zur hausärztlichen Versorgung angekündigt, auf den der Hausärztinnen- und Hausärzteverband gedrungen hatte. “Wir stehen vor einer sehr großen Reform, wie wir Hausärzte künftig vergüten wollen”, sagte Lauterbach im Anschluss vor Journalistinnen und Journalisten in Berlin. Dies habe auch konkrete Auswirkungen auf die “Art und Weise, wie in Praxen gearbeitet wird”.

Darüber hinaus herrsche Einigkeit, dass man die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) “nach vorne bringen” wolle.

Entbudgetierung ein wichtiges Signal

Seit der Sommerpause letztes Jahr arbeitet das Ministerium am Entwurf für das Versorgungsstärkungsgesetz I. Der aktualisierte Entwurf wurde für Januar angekündigt, lag bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe Mitte Januar allerdings noch nicht vor.

Auch wenn das parlamentarische Verfahren noch ansteht, ist dies ein wichtiges Zeichen. So hatte Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, vor dem Krisengipfel appelliert, es dürfe nicht bei “warmen Worten” bleiben. “Wenn in den kommenden Wochen gesetzgeberisch nichts passiert, muss damit gerechnet werden, dass sich die Situation immer weiter zuspitzt.”

Diese Forderung gilt trotz der nun angekündigten Maßnahmen wohl weiterhin. Denn: Konkret listete ein Papier aus dem Bundesgesundheitsminis-terium im Anschluss an den Krisengipfel, 16 Schritte, von denen zehn direkt die hausärztliche Versorgung betreffen (siehe Tabelle).

Fünf sollen bereits ins Versorgungsgesetz I aufgenommen werden. Das weiterhin angekündigte Versorgungsgesetz II würde etwa zwei Monate später erwartet, so Lauterbach.

Jahresbezogene Versorgungspauschale

Laut des Papiers soll einer der ersten Schritte sein, für Menschen mit chronischen Erkrankungen eine jahresbezogene Versorgungspauschale im EBM zu schaffen. So könnte vielfach das quartalsweise Einlesen der Versichertenkarte und somit medizinisch unnötige Kontakte entfallen, sagte Lauterbach.

“Selbstverständlich wird es aber auch in Zukunft Patientinnen und Patienten geben, die einer aufwändigeren Versorgung bedürfen. Hierfür würde es weiter eine quartalsbezogene Abrechnung geben”, erklärte Markus Beier. Wie bei anderen Maßnahmen bleibt noch die Ausgestaltung abzuwarten, um die Effekte abzuschätzen.

Darüber hinaus soll es im EBM künftig eine Vorhaltepauschale für hausärztliche Versorgerpraxen geben. Diese sollen sie abrechnen können, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen, etwa Hausbesuche. Neu aufgenommen werden soll auch eine EBM-Ziffer für Hitzeberatung bei Risikopersonen.

Weniger Regresse

“Deutlich zurückgefahren” werden sollen zudem Arzneimittelregresse, hier soll Ärztinnen und Ärzten stärker “vertraut” werden. Künftig soll für Regresse eine Bagatellgrenze gelten, “um den bürokratischen Aufwand und den Zweck der Prüfungen in einem angemessenen Verhältnis zu halten”.

Bereits heute gibt es solche Bagatellgrenzen, die je nach KV bei 30 bis 50 Euro liegen. Bereits ein Anheben in ähnlicher Größenordnung würde einen Großteil der heutigen Regresse obsolet machen und damit für eine deutliche Entlastung sorgen.

Die Ankündigungen folgten auf den Krisengipfel, zu dem Lauterbach in sein Ministerium eingeladen hatte. Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband war zuvor vehement für die Notwendigkeit eines solchen Krisentreffens eingetreten.

In der Tat seien die final abgestimmten “großen Reformen” hinter den Kulissen schon seit Wochen in sehr enger Abstimmung mit dem Hausärztinnen- und Hausärzteverband vorbereitet worden, betonte Lauterbach schließlich vor der Presse. In den vergangenen Jahren seien größere Strukturreformen im hausärztlichen Bereich ausgeblieben, was unter anderem zu einer “Ungerechtigkeit in der Honorierung” geführt habe, räumte er ein.

Der Verband lobte daher das angekündigte Maßnahmenpaket. Wenn diese Reformen endlich angepackt würden, dann gäbe es trotzdem noch mehr als genug Baustellen, aber dann hätten die Praxen zumindest einmal die Chance, kurz durchzuatmen, sagte Beier. Lobend erwähnte Co-Bundesvorsitzende Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth, dass die hausärztlichen Anregungen – auch beide in Aussicht gestellten Pauschalen – angenommen worden seien.

Nichtsdestotrotz unterstrich die Bundesspitze der Hausärztinnen und Hausärzte unisono, dass die nun angekündigten Schritte lediglich ein Auftakt sein dürften. Der Krisengipfel müsse “ein Schritt in ein neues Denken und die umfängliche Förderung der hausärztlichen Versorgung sein”, so Buhlinger-Göpfarth. Andere Länder hätten dies bereits vor Jahren begonnen, erinnerte sie.

Boni für HZV-Versicherte in Aussicht gestellt

Dies gilt auch mit Blick auf einen Punkt, der im Ministeriumspapier zwar nicht zu finden ist, von Gesundheitsminister Lauterbach jedoch sowohl vor den Journalistinnen und Journalisten als auch während des Krisengipfels zugesagt wurde, wie Hausärzte-Chef Beier lobend festhielt: ein Bonus für Versicherte, die an der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) teilnehmen.

Es sei wichtig, dass die Verträge zur HZV, an denen inzwischen knapp neun Millionen Patientinnen und Patienten teilnehmen und ohne die es vielerorts “zappenduster” aussehen würde, politisch gestärkt werden, mahnte Beier.

Hier stimmte Lauterbach öffentlich zu: “Wir wollen die HZV nach vorne bringen.” Es bestehe kein Zweifel daran, dass es eine “Vergütungskomponente” brauche für diejenigen, die sich für die HZV entscheiden. “Die Evidenz für den Versorgungsvorteil in der HZV ist so stark, dass ich als Minister an diesen Daten nicht vorbeischauen kann.”

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