Rostock. Der diesjährige Hausärztetag Mecklenburg-Vorpommern hat zu seiner Jubiläumsausgabe einiges geboten: Bereits am Vorabend der Veranstaltung waren in diesem Jahr erstmals alle Ruheständler zu einem Abend über den Dächern Rostocks eingeladen. Unter den klassischen Klängen des Duos Ricardo Müller (Violine) und Pauline Gude (Cello), konnten sie sich alle untereinander austauschen.
In diesem Rahmen wurde auch Dr. Astrid Buch wurde für ihre 13jährige Arbeit als wissenschaftliche Leiterin des Hausärztetages in Rostock herausgehoben und geehrt. Als Dankeschön hat sie eine Karikatur des „Haus- und Hofkarikaturisten“ Michael Scholten erhalten.
Alle Besucherinnen und Besucher des am nächsten Tag startenden Hausärztetags durften in diesem Jahr eine Ausstellung seiner Karikaturen bestaunen und einige Gäste wurden mit einer Karikatur belohnt.
Karikatur “Chaos in der Hausarztpraxis”
So wurde beim traditionellen Gesellschaftsabend am ersten Kongresstag im Panoramadeck des Radisson Blu Hotel Rostock eine besondere Karikatur an Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, überreicht.
Stefan Zutz, Landesvorsitzender des Hausärzteverbandes Mecklenburg-Vorpommern, übergab die Karikatur „Chaos in der Hausarztpraxis“ mit den Worten: “Wir überreichen dir diese Karikatur, weil du für uns als Bundesvorsitzender immer versuchst, Licht in das Chaos des hausärztlichen Alltags zu bringen!”.
Der Abend wurde von einer lustigen hausärztlichen Parodie vom Kabarettisten Michael Ruschke abgerundet. Ein schöner Ausklang für alle Teilnehmenden am ersten Kongresstag, der mit einer großen Vielfalt hausarztrelevanter Themen gespickt war. Seien es Kurse für EKG, Wunderversorgung, Taping, Kindernotfälle, das immer beliebte Derma-Quiz oder die Arzneimittelverordnung – für Praxisteams bot der erste Tag ein buntes Programm von Hands-on und Updates.
Ein Highlight: Speed-Dating
Ein besonderes Highlight war das zum dritten Mal stattfindende Speed-Dating, bei dem niederlassungswillige junge Ärztinnen und Ärzte auf Nachfolgesuchende erfahrene Ärztinnen und Ärzte gestoßen sind und sich kennenlernen konnten.
Auch der zweite Tag bot ein spannendes und abwechslungsreiches Programm für das gesamte Praxisteam. Mit Themen wie Abrechnung, Palliativmedizin oder dem Notfall-Refresher für VERAH® setzten die Teilnehmenden den Kongress fort.
Auch ein Modul aus dem Werkzeugkasten Niederlassung oder der kurzfristig online übertragene Kurs Endokrinologie stießen auf viel positives Feedback. Im Sonografie-Kurs durften Ärztinnen und Ärzte dann selbst Hand anlegen und durch die Unterstützung von zwei Probandinnen die Arbeit mit Sonografiegeräten ausprobieren – Fortbildung zum Anfassen.
Klare Worte an die Politik
In der Mitgliederversammlung am 2.Dezember 2023 wurde dann aus aktuellem Anlass über die derzeitige Gesundheitspolitik diskutiert. Als Gäste konnte der Hausärzteverband Mecklenburg-Vorpommern die Staatssekretärin Sylvia Grimm aus dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport sowie Dr. Jens Placke, Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern begrüßen.
Nach jeweils einleitenden Grußworten beider Gäste fasste der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Stefan Zutz die aktuelle Lage und die drängendsten Probleme in deutlichen Worten zusammen. Beginnend mit der Belastung durch die aktuelle Infektwelle und der Meisterung der Impfkampagne beschrieb er dabei die hohe Leistungsfähigkeit der Praxisteams. Diese zu erhalten bedarf es bei zunehmendem Ressourcenmangel sowohl auf ärztlicher Seite als auch im MFA-Bereich großer Anstrengungen.
Insofern seien konkurrierende Doppelstrukturen wie Gesundheitskioske oder Krankenhausambulanzen keine Unterstützung, sondern führten noch zu weiterer Verknappung des vorherrschenden Personalmangels.
Schwerpunkt Nachwuchsgewinnung
Auch die geplante Einführung von Präventivmaßnahmen wie Cholesterin- und Blutzuckermessungen in Apotheken sei gegen alle wissenschaftlichen Erkenntnisse völlig unsinnig, teuer und würde neben einer Verunsicherung der Patienten zu einer unnötigen Mehrbelastung in den Hausarztpraxen führen.
Unverständnis wurde auch gegenüber den Krankenkassen und hier insbesondere der AOK Nordost geäußert, die anstatt sich ihren gesetzlichen Aufgaben zu widmen, die seit 2009 bestehende Pflicht zum Abschluss von Verträgen zur HZV beharrlich ignoriert. Hier ging ein dringender Appell an die Landespolitik ihre Aufgabe als Aufsicht wahrzunehmen.
Als weiterer wichtiger Schwerpunkt stand die Nachwuchsgewinnung im Raum. Trotz steigender Mitgliedszahlen im Verband bereitet die schwierige Situation an den Universitätskliniken und den Lehrkrankenhäusern im Land Sorgen. Durch zahlreiche Wortbeiträge von Mitgliedern belegt, wurden die Probleme der Weiterbildungsordnung mit dem Kammerpräsidenten Dr. Placke intensiv diskutiert.
Unsinnige Formulare abschaffen
Und auch das Problem der Abwanderung nach Studium und Weiterbildung wurden angerissen. Insgesamt herrschte eine konstruktive Stimmung im Saal und der Willen, gemeinsam Lösungen für unser Bundesland zu finden, wurde von allen Beteiligten geteilt.
Einfache Lösungen sind bei den anstehenden Problemen und der Komplexität der Gesundheitspolitik sicher nicht schnell zu finden. Aber schon kleine Dinge wären zumindest ein Anfang und so machte Stefan Zutz den konkreten Vorschlag, mit der Abschaffung unsinniger Formulare, wie der Chronikerbescheinigung, zwecks Bürokratieabbaus zu beginnen. Nach zwei Tagen voller spannender Fortbildungen und vielen interessanten Gesprächen ging der 30. Hausärztetag Mecklenburg-Vorpommern zu Ende.
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden, dem Referenten-Team und auch unseren Ausstellern und freuen uns, Sie im nächsten Jahr vom 29.-30. November 2024 wieder begrüßen zu dürfen, wenn der Hausärztetag dann in die 31. Runde geht.
Autoren: Dr. Jan Eska, Tilo Schneider, Raphael Lupp, Alina Lützenkirchen