Bei schwerem Asthma kommt eine Therapie mit monoklonalen Antikörpern infrage. Welche Präparate stehen zur Verfügung – und an welche Voraussetzungen ist ihr Einsatz gebunden?
Typisch beim Asthma ist eine variierende bronchiale Entzündung mit einer dadurch resultierenden variablen Atemwegsobstruktion. Von unkontrolliertem Asthma sprechen wir, wenn trotz einer Therapie der Stufe 4 bei guter Patientencompliance und Inhalationstechnik wiederholt Exazerbationen auftreten (≥ 1x/Jahr mit Krankenhausaufenthalt bzw. ≥ 2/Jahr mit ambulanter systemischer Kortikosteroid-Therapie).
Klinisch imponieren dabei Husten und Atemnot (auch nachts) mit einer dadurch bedingten Aktivitätseinschränkung. Dabei ist der Bedarf an inhalativen kurzwirksamen bronchodilatativ wirksamen Präparaten mit ≥ 2 Anwendungen/Woche erhöht [4][3].
Vor der Diagnosestellung eines schweren Asthmas muss der behandelnde Arzt andere Erkrankungen ausschließen, die eine ähnliche Symptomatik auslösen (etwa COPD). Zudem muss gesichert sein, dass die schlechte Asthmakontrolle nicht nur auf eine schlechte Patientencompliance zurückzuführen ist (zum Beispiel rauchende Asthmatiker, falsche oder nicht korrekte Durchführung und Anwendung der inhalativen Therapie) .
TH2-high oder TH2-low?
Die klinische Phänotypisierung unterscheidet verschiedene Asthma-Subtypen, in die aber auch laborchemische und molekularbiologische Unterscheidungskriterien einfließen [15][17]. Darüber hinaus differenzieren die Asthma-Leitlinien zwischen den beiden Endotypen TH2–high- und TH2–low-Asthma (TH = T-Helferzellen, Lymphozyten).
Ersteres ist durch eine Blut- oder Sputum-Eosinophilie charakterisiert, Letzteres hingegen durch eine neutrophile bzw. pauci-granulozytäre Entzündungsform [18]. Entsprechend der NVL-Asthmaleitlinie sind die Kriterien des schweren eosinophilen Asthmas erfüllt, wenn im Blut zweimal >300/µl eosinophile Granulozyten (EOs) außerhalb von Exazerbationen und ohne Kortikosteroid-Medikation nachgewiesen wurden [4].
Eine gleichzeitig vorliegende Aspirin-Intoleranz, eine atopische Dermatitis, eine Polyposis nasi oder eine chronische Urtikaria sind Begleiterkrankungen, die das Vorliegen eines TH2-high-Entzündungstyps untermauern [7].
Die TH2-dominierte Entzündung wird durch die Erhöhung von EOs im Differenzialblutbild, dem Gesamt- und spezifischen IgE im Serum und/oder erhöhtem exhalierten Stickstoffmonoxid (FeNO) angezeigt, die auf immunologischer Ebene ein Resultat der vermehrten zellulären Freisetzung bestimmter zellulärer Entzündungsmediatoren sind, wie dem Interleukin (IL)-4, IL-5 oder dem IL-13 [19].
Ein TH2–high-Endotyp spricht nicht nur gut auf die spezifische Inhibition von Antikörpern an, sondern meist auch gut auf inhalative und systemische Kortikosteroide [3].
Folgende, letztendlich arbiträre Grenzwerte für einen TH2-high-Entzündungstyp beim mit ICS behandeltem Asthma wurden vorgeschlagen: EOs im Blut ≥ 150 Zellen/µl und/oder FeNO ≥ 20 ppb und/oder EOs im Sputum ≥ 2 Prozent und/oder eine allergische Pathogenese (IgE-Erhöhung, positiver Allergietest) [13][3].
Unglücklicherweise sind die in Leitlinien formulierten Grenzwerte nicht mit denen für die Zulassung der Antikörper zur Therapie des Asthmas identisch und die vorgeschlagenen Grenzwerte differieren mitunter zwischen den verschiedenen nationalen Leitlinien und internationalen Empfehlungen.
Monoklonale Antikörper
Antikörper werden nur in der Asthmastufe 5 empfohlen – zusätzlich zu einer optimierten inhalativen Kombinationstherapie der Therapiestufe 4:
je nach Medikamentenzulassung bestehend aus einem inhalativen Kortikosteroid (ICS) plus einem inhalativen Bronchodilatator (oder einem anderen langwirksamen Präparat) bzw.
nach NVL-Leitlinie bestehend aus einem ICS und einem inhalativen langwirksamen ß-Mimetikum mit einem langwirksamen Anticholinergikum.
Die Verordnung eines Antikörpers beim Asthma erfordert eine differenzierte Diagnostik und ärztliche Patientenführung [4]. Der Einsatz eines systemischen Kortikosteroids soll wegen der vielen Steroidnebenwirkungen nachrangig zu den Biologika erfolgen, obwohl es im Vergleich wesentlich kostengünstiger ist Es stehen sechs wirksame Biologika zur Verfügung (Stand April 2023, siehe Tab. 1 unten):
Omalizumab (Xolair®): Omalizumab ist für die Therapie des schweren allergischen Asthmas mit einer perennialen Typ1-Sensibilisierung (etwa einer Allergie gegenüber Hausstaubmilben, Tierallergenen oder Nahrungsmitteln) und einer Serum-IgE-Erhöhung von 75-1.500 kU/l (Erwachsene, gewichtsabhängig) zugelassen. Es muss subkutan appliziert werden, wobei sich die Dosis (75 mg – 600 mg alle 2 oder 4 Wochen) aus einer Tabelle nach Patientengewicht und Serum-IgE-Spiegel errechnet.
Mepolizumab (Nucala®): Der IL-5-Antikörper wird subkutan appliziert (100 mg alle 4 Wochen) und ist sowohl beim allergischen wie nichtallergischen Asthma wirksam (s. Tab. 1). Es führt zudem zu einem Schrumpfen nasaler Polypen und Verbesserung der damit verbundenen Symptome (wie Riechstörungen). Hohe Blut-Eosinophile sind bei allen IL-5-Antikörpern ein guter Prädiktor für ein gutes Therapieansprechen und – je nach Präparat etwas unterschiedlich – Voraussetzung für deren therapeutischen Einsatz. Voraussetzung bei Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab ist der Nachweis einer Blut-Eosinophile ≥ 300 Zellen/µl (oder ≥ 150 Zellen/µl unter einer systemischen Kortikosteroid-Therapie).
Reslizumab (Cinqaero®): Es handelt sich um einen IL-5-Antikörper, der ähnlich wie Mepolizumab wirkt. Er wird vierwöchentlich intravenös appliziert (3 mg/kg Körpergewicht).
Benralizumab (Fasenra®): Dieser Antikörper hemmt den IL-5–Rezeptor. Die Applikation erfolgt subkutan zunächst monatlich, später zweimonatlich (30 mg; in der Induktionsphase vierwöchentlich, danach zweimonatlich).
Dupilumab (Dupixent®): Dieser Antikörper inhibiert den IL-4-Rezeptor und damit auch das IL-13. Er ist zur Therapie der atopischen Dermatitis, der chronischen Rhinosinusisits mit Nasenpolypen und des schweren Asthmas zugelassen. Die Applikation erfolgt zweiwöchentlich subkutan mit initial hoher, später niedrigerer Dosis (einmalig 600 mg oder 400 mg in der Induktionsphase, dann 300 mg oder 200 mg alle zwei Wochen). Voraussetzung ist der Nachweis einer Typ-2-Inflammation (erhöhte Blut-Eosinophilen-Anzahl) und/oder ein erhöhtes FeNO. In den Zulassungsstudien wurde dies ab ≥ 150 Zellen/μl und/oder FeNO-Werten ≥ 25 ppb angenommen.
Tezepelumab (Tezspire®): Es handelt sich um einen humanen monoklonalen Antikörper, der TSLP (thymic stromal lymphopoietin) blockiert [11]. Er ist im September 2022 in Europa zur Therapie des schweren Asthmas zugelassen worden. Die Applikation erfolgt vierwöchentlich sub- kutan mit einer Dosierung von 210 mg. Eine mindestens einmal pro Jahr durchzuführende Asthmakontrolle gehört zur In-Label-Verordnung im Therapieverlauf. Er ist der einzige Antikörper, dessen klinische Effektivität beim Asthma Biomarker-unabhängig ist, wenn auch eine Blut-Eosinophile in der NAVIGATOR-Studie die Therapieeffektivität weiter erhöhte [8][14].
Weiterlesen
Atemwegserkrankungen
Neue NVL Asthma: 3 Fragen an Leitlinienautor Prof. Michael Freitag