Viele Hypertoniker schlucken ihre Hochdruckmedikamente am Morgen. Inzwischen wird aber immer häufiger die abendliche Einnahme propagiert. Das soll einen Anstieg der nächtlichen Blutdruckwerte verhindern und sich günstig auf das Risiko schwerer kardiovaskulärer Ereignisse auswirken.
Allerdings wurden die entsprechenden Studien (MAPEC, HYGIA) wegen methodischer Mängel stark kritisiert. Mehr Klarheit in dieser wichtigen Frage verspricht eine pragmatische Studie aus dem Behandlungsalltag namens TIME (Treatment In Morning versus Evening).
In die prospektive kontrollierte randomisierte Studie waren 21.104 ältere Hypertoniker (mittleres Alter: 65,1 Jahre; 57,5 Prozent Männer) aus britischen Hausarztpraxen eingeschlossen. 13 Prozent hatten bereits eine kardiovaskuläre Vorerkrankung. Verteilt nach dem Zufallsprinzip sollten 10.503 Patienten ihre Antihypertensiva abends zwischen 20 und 24 Uhr einnehmen, 10.601 morgens zwischen 6 und 10 Uhr.
Nach median 5,2 Jahren war es in der Abendgruppe bei 3,4 Prozent und in der Morgengruppe bei 3,7 Prozent zu kardiovaskulärem Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinfarkt oder Schlaganfall gekommen. Das entspricht 0,69 Ereignissen pro 100 Patientenjahre bei Einnahme der Antihypertensiva am Abend versus 0,72 bei morgendlicher Gabe (nicht-adjustierte Hazard Ratio: 0,95).
Auch bei der Gesamtmortalität zeigte sich kein Unterschied zwischen beiden Gruppen. Bei abendlicher Einnahme lag der selbst gemessene mittlere systolische/diastolische Blutdruck am Morgen um 1,8/0,4 mmHg niedriger und am Abend um 1,1/0,9 mmHg höher als bei Einnahme morgens.
Antihypertensiva abends zu nehmen hat im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse also keine Vorteile gegenüber der Einnahme am Morgen. Hypertoniker können ihre(n) Blutdrucksenker schlucken, wann es ihnen am besten passt und bekommt. Für Patienten mit ausgeprägter nächtlicher Hypertonie könnte die Abendmedikation allerdings doch günstiger sein; das wurde in dieser Studie aber nicht untersucht.
Quelle: DOI: 10.1016/S0140-6736(22)01786-X