Mit zunehmendem Alter steigt das Sturzrisiko. Von den über 65-Jährigen, die selbstständig in den eigenen vier Wänden leben, kommt jede(r) Dritte einmal im Jahr zu Fall; Knochenbrüche und andere folgenschwere Verletzungen drohen.
Als wichtige Sturzursache gilt die Einnahme riskanter Medikamente. Eine neue Studie liefert Hinweise, in welchen Fällen sich das Absetzen lohnen könnte.
Die in einer schottischen Region durchgeführte bevölkerungsbasierte Fallkontrollstudie analysierte die Daten von Menschen ≥ 65 Jahren, die zwischen 2010 und 2020 wegen einer Fraktur im Krankenhaus behandelt werden mussten – ein mit hoher klinischer Relevanz verknüpfter Endpunkt bei Stürzen.
Jedem dieser 18.456 Fälle wurden bis zu zehn passende Kontrollfälle zugeordnet. Bei der Analyse ging es vor allem um die Einnahme von Medikamenten, die laut STOPP-Fall-Liste (mehr dazu in folgender Publikation: www.hausarzt.link/CTUca) das Sturzrisiko erhöhen, sogenannte FRIDs (fall-risk increasing drugs): Diuretika, Alphablocker, Anticholinergika und andere Medikamente gegen Reizblase, Antiepileptika, Opioide, Antipsychotika, Antidepressiva, Hypnotika und Antihistaminika.
Wie sich zeigte, war das Frakturrisiko bei den meisten FRIDs signifikant erhöht, bei Älteren deutlich mehr als bei Jüngeren. Relatives und absolutes Frakturrisiko stiegen mit der Zahl der in Kombination eingesetzten FRIDs.
Die höchste absolute Risikozunahme fand sich bei über 75-Jährigen unter selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (number needed to harm, NNH: 53), trizyklischen Antidepressiva (NNH: 81), Antipsychotika (NNH: 75) und Einnahme von drei oder mehr FRIDs (NNH: ≤ 66).
Fazit für die Praxis: Die meisten Versuche, das Sturzrisiko allein durch Absetzen sturzfördernder Medikamente zu reduzieren, haben bisher enttäuscht. Am ehesten von Deprescribing profitieren könnten über 75-Jährige, die Antidepressiva oder Antipsychotika erhalten oder mindestens drei FRIDs einnehmen.
Quelle: doi 10.1093/ageing/afad079