Der aktuelle Fehlerbericht (s. Kasten oben) zeigt ein Szenario auf, das vor allem die Schwierigkeiten bei der Fremdanamnese sowie die Vulnerabilität geriatrischer Patientinnen und Patienten betont. Die Behandlung dieser Patientengruppe stellt durch Multimorbidität und Multimedikation oft eine besondere Herausforderung dar.
Wenn kognitive Einschränkungen auftreten, können Diagnostik und Therapie noch schwieriger werden. Ist eine Eigenanamnese nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich, kann die Anamnese durch Angehörige oder Pflegekräfte eine wichtige Informationsquelle darstellen.
Die persönliche Einschätzung der befragten Person und ihre Erwartungshaltung an Diagnostik und Therapie können die Beurteilung der Situation jedoch stark beeinflussen. In dem beschriebenen Fall konnte der Patient nur limitiert Auskunft geben, weshalb anfänglich auf die Einschätzung der Angehörigen und der Pflegekraft zurückgegriffen wurde.
In einer stressigen Sprechstunde kann eine objektive Einschätzung der Situation ohne gedankliche Ablenkung zu kurz kommen. Eine regelmäßige Reevaluation durch interne Fallbesprechungen im Team kann hier einen klaren Blick ermöglichen.
An Exsikkose denken
Insbesondere bei älteren Patientinnen und Patienten sollte bei einer Vielzahl körperlicher und mentaler Beschwerden eine Exsikkose in Betracht gezogen werden. Schwäche, Unwohlsein, Schwindel, Verwirrtheit und Kopfschmerzen können auf eine Dehydrierung hinweisen. Ein erniedrigter Blutdruck, erhöhte Herzfrequenz, trockene Schleimhäute, dunkler Urin und verminderter Hautturgor können wegweisend sein.
Vor allem in Hitzeperioden ist dies besonders relevant. In 2023 führte das RKI einen wöchentlichen Bericht zur hitzebedingten Mortalität, der die Relevanz adäquater Hitzeschutzpläne und Prävention eindrücklich darstellt (www.hausarzt.link/tfdyv).
Ältere Menschen, Schwangere, Kinder und Menschen mit chronischen Erkrankungen gehören zur vulnerablen Bevölkerung. Unterschiede in der Regulierung der Körpertemperatur, verringerte Wasseraufnahme, eingeschränkte Nierenfunktion, allgemeiner Gesundheitszustand und Medikamentenwirkungen beeinflussen die Hitzetoleranz erheblich.
Gerade in den heißen Monaten sollte eine Vorstellung in der Sprechstunde daher regelmäßig für eine Trinkberatung genutzt werden, um Fälle ausgeprägter Exsikkose zu vermeiden.
Genug trinken – so gelingt‘s
Eine erwachsene Person sollte im Schnitt auf mindestens 1,5 Liter Flüssigkeitszufuhr am Tag kommen. Empfehlenswert sind hier alle Wassersorten, ungezuckerter Tee sowie Saftschorlen mit einem größeren Wasseranteil. Vor allem bei vermindertem Durstgefühl kann es jedoch schwierig sein, dies einzuhalten. Einige Tipps können hilfreich sein, um eine ausreichende Trinkmenge zu gewährleisten:
- Zu Tagesbeginn bereits die erforderliche Wassermenge bereitstellen, sodass man abends eine Kontrolle über die getrunkene Menge hat.
- Regelmäßig vor und zu den Mahlzeiten trinken.
- Bei Verlassen des Hauses wenn möglich stets Wasser dabeihaben.
- Den Geschmack des Wassers durch Zitronen/Gurken/Minze oder Ähnliches aufwerten.
- Trink-Apps als Erinnerungshilfe nutzen.
Beratung erwünscht
Bei einer repräsentativen Stichprobe der deutschen Allgemeinbevölkerung im Alter von 14 bis 96 Jahren bekundeten 23 Prozent Interesse an einer Beratung durch ihren Hausarzt zum Schutz ihrer Gesundheit während Hitzewellen.
Vor allem Frauen, ältere Menschen, Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau und geringerem Einkommen, Menschen aus städtischen oder großstädtischen Gebieten, Alleinlebende sowie Menschen mit Migrationshintergrund zeigten ein größeres Interesse an einer solchen Beratung. Sie waren besonders daran interessiert, Ratschläge zum Umgang mit Medikamenten während Hitzewellen zu erhalten, während sie weniger an Ratschlägen zu Kühlstrategien interessiert waren.
Diese Ergebnisse legen nahe, dass Hausarztpraxen durch eine klimasensible Gesundheitsberatung insbesondere gefährdete Gruppen vor den negativen gesundheitlichen Folgen von Hitzewellen schützen können. Präventive Maßnahmen wie Aufklärung und Hitzeaktionspläne könnten dazu beigetragen, dass die Übersterblichkeit während Hitzeperioden zurückgeht.
Weitere hilfreiche Tipps können der Handlungsempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin entnommen werden (s. Link-Tipp unten).
Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.