Antidepressiva versus Lauftraining
Sowohl eine medikamentöse Therapie mit Antidepressiva als auch Sport sind in der Behandlung von Depression und Angst wirksam. Eine niederländische Studie hat nun einen direkten Vergleich von Antidepressiva und einem Gruppenlauftraining in Hinblick auf psychische und körperliche Endpunkte durchgeführt.
Eingeschlossen wurden Erwachsene bis 70 Jahre mit Depression oder Angststörung. Die Teilnehmenden ohne klare Präferenz für eine Therapieoption wurden randomisiert. Diejenigen, die eine Randomisierung ablehnten, erhielten ihre präferierte Therapie. So kam es, dass ein größerer Teil der 141 Teilnehmenden am Lauftraining teilnahm (mindestens zweimal die Woche, mindestens je 45 Minuten, Belastung 70 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz) und nur ein kleinerer Teil eine medikamentöse Behandlung (mit Escitalopram oder Sertralin) erhielt.
Nach 16 Wochen waren die Remissionsraten in beiden Gruppen vergleichbar (Antidepressiva: 44,8 Prozent; Laufen 43,3 Prozent). Von den untersuchten körperlichen Parametern erhöhten sich unter Antidepressiva das Köpergewicht (um 3 kg), der Taillenumfang (um 1,5 cm) und der Triglyceridspiegel, während in der Laufgruppe der Blutdruck sank und die maximale Sauerstoffaufnahme sowie die Herzfrequenzvariabilität anstiegen.
Diese Ergebnisse wurden mit einer Intention-to-treat-Analyse errechnet. Das erscheint besonders relevant, da in der Medikamentengruppe 82, in der Laufgruppe jedoch nur 52 Prozent adhärent waren. 15 Prozent der Patienten in der Laufgruppe nahmen an keinem einzigen Training teil.
Fazit: Die Studie zeigt, dass Gruppenlauftraining und Antidepressiva vergleichbare Remissionsraten erzielten, die Lauftherapie allerdings positivere Auswirkungen auf Parameter des metabolischen Syndroms und der Fitness hatte.
Trotz des Angebots eines strukturierten und angeleiteten Gruppenlauftrainings setzte nur die Hälfte diese Therapie konsequent um. Die Implementierung im Behandlungsalltag ist daher trotz der großen Patientenpräferenz sicher nicht einfach.
Quelle: Verhoeven JE, Han LKM, Lever-van Milligen BA, Hu MX, Révész D, Hoogendoorn AW, Batelaan NM, van Schaik DJF, van Balkom AJLM, van Oppen P, Penninx BWJH. Antidepressants or running therapy: Comparing effects on mental and physical health in patients with depression and anxiety disorders. J Affect Disord. 2023 May 15;329:19-29. doi: 10.1016/j.jad.2023.02.064. Epub 2023 Feb 23. PMID: 36828150.
Menschen mit Hypochondrie sterben früher
“Herr Doktor, der Hypochonder in Zimmer 8 ist gestorben!” “Jetzt übertreibt er aber.” Dieser bekannte – wenn auch nicht besonders lustige – Witz zeigt, dass Hypochondrie nicht als wirklich ernsthafte Erkrankung wahrgenommen wird. Eine schwedische Studie hat jetzt untersucht, ob Menschen mit Hypochondrie früher sterben und wenn ja, durch welche Ursachen.
Durch eine Identifikationsnummer können in Schweden die Daten zahlreicher Register zusammengeführt werden. So war es möglich, in einer großen Fall-Kontroll-Studie Menschen, für die zwischen 1997 und 2020 eine Hypochondrie dokumentiert worden war, mit Kontrollen ohne diese Diagnose unter Berücksichtigung zahlreicher anderer Variablen wie Bildung, Einkommen und psychiatrische Komorbidität zu vergleichen.
Die Mortalitätsrate lag bei von Hypochondrie Betroffenen bei 8,5/1.000 Personenjahre, bei den Kontrollen bei 5,5/1.000 Personenjahre. Das war besonders auf eine erhöhte kardiovaskuläre Sterblichkeit und Suizide zurückzuführen. Als Komorbidität lag bei knapp der Hälfte eine Depression vor, auch andere psychiatrische Diagnosen waren häufiger.
Fazit: Menschen mit Hypochondrie haben zwar nicht die schwerwiegenden Erkrankungen, die sie befürchten, aber dennoch ein Risiko, kürzer zu leben. Auch wenn die genauen Mechanismen dieses Risikos unklar bleiben, macht es Sinn, aufmerksam für Komorbiditäten wie zum Beispiel eine Depression und das kardiovaskuläre Risiko zu sein.
Quelle: Mataix-Cols D, Isomura K, Sidorchuk A et al. All-Cause and Cause-Specific Mortality Among Individuals With Hypochondriasis. JAMA Psychiatry. Published online December 13, 2023. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2023.4744
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Diese findet sich in der Leitlinie Müdigkeit [1]: “Weitergehende Labor- oder apparative Untersuchungen sollten nur bei auffälligen Vorbefunden/spezifischen Hinweisen in der empfohlenen Basisdiagnostik erfolgen”.