Risiko von UnterversorgungHauterkrankungen bei People of Colour

In den meisten medizinischen Fachbüchern werden Hauterkrankungen mit Bildern von Menschen mit heller Haut abgebildet. Die Kenntnisse von Hauterkrankungen bei People of Colour sind daher bisweilen lückenhaft – was das Risiko von Unterversorgung und Fehldiagnosen birgt.

Die Kenntnis von Dermatosen bei People of Colour ist meist nur rudimentär.

Werden in medizinischen Lehr- und Fachbüchern Hauterkrankungen erklärt, finden sich dort fast ausschließlich Abbildungen von hellen Hauttypen. Eine Studie aus dem Jahr 2021 hat das für deutsche Lehrbücher einmal genauer untersucht [1]: Ganze 91 Prozent der Bilder aus 17 dermatologischen Lehrbüchern zeigten helle Hauttypen (Hauttypen I-II nach Fitzpatrick).

“Es stellt sich somit die Frage, ob die sich diversifizierende deutsche Bevölkerung durch die aktuelle Medizinerausbildung gut abgebildet und versorgt ist”, resümieren die beiden Autoren. Denn manche Symptome von Hauterkrankungen zeigen sich bei People of Colour (PoC) anders als bei Menschen mit heller Hautfarbe.

Auch dem Studenten Malone Mukwende fiel das während seines Medizinstudiums in Großbritannien auf – und er wollte daran etwas ändern. Mittlerweile hat Mukwende das klinische Lehrbuch “Mind the Gap” veröffentlicht, in dem Symptome verschiedener Hauterkrankungen bei PoC aufgeführt sind, und außerdem die englischsprachige Webseite www.blackandbrownskin.co.uk ins Leben gerufen.

Geordnet nach Lokalisation – Abdomen, Brust, Kopf und Nacken sowie obere oder untere Extremität – finden sich von A wie Akne bis Z wie Zoster Abbildungen von Hauterkrankungen bei PoC. Jeder Arzt und jede Ärztin kann mitmachen und Bilder einsenden. Mukwende will damit eine Plattform schaffen, die Ärzten hilft, die richtige Diagnose zu stellen und die Patientenzufriedenheit von PoC erhöhen.

Rudimentäre Kenntnis

“Die Kenntnis von Dermatosen auf dunkel pigmentierter Haut ist meist nur sehr rudimentär und führt daher oft zu Unsicherheit oder Fehldiagnosen”, resümiert auch Professor Peter Schmid-Grendelmeier in einem Fachbeitrag aus dem Jahr 2022 [2]. Umso hilfreicher ist es, häufige Dermatosen bei PoC zu kennen und einige praktische Tipps im Hinterkopf zu haben.

Als Dermatose mit deutlich höherer Prävalenz bei People of Colour als bei Menschen mit heller Haut gibt Schmid-Grendelmeier unter anderem Sarkoidose und Lupus erythematodes an, als Dermatose mit geringerer Prävalenz zum Beispiel Psoriasis (s. Tab. oben, gekürzt nach [2]).

Der Experte gibt zudem praktische Tipps und weist darauf hin, dass durch eine gleichmäßig helle Grundbeleuchtung und eine leicht seitliche, fokale Beleuchtung (etwa mit einer Lampe mit etwas fokussiertem Strahl) Veränderungen in der Hauttextur, aber auch aus der Haut heraustretende Läsionen wie kleine Papeln oder Quaddeln bei PoC sehr viel deutlicher zu erkennen sind.

“Zu gleißendes Licht oder direkte Sonnenbestrahlung kann hinderlich sein, da dann durch die Reflexion auf der dunklen Haut glänzende Stellen aufscheinen können, die die Beurteilung erschweren. Das gilt auch für das Fotografieren von Läsionen auf der dunklen Haut: Eine gleichmäßige Ausleuchtung ist sehr wichtig; hingegen sind Aufnahmen ohne, aber ganz besonders mit Blitzlicht oft überblendet, da die Belichtungsautomatik aufgrund der dunklen Haut zu stark belichtet”, schreibt Schmid-Grendelmeier in seinem Beitrag.

Während auf heller Haut die Wood-Lampe ein ideales Hilfsmittel sei, um diskrete Pigmentverschiebungen zu erkennen, sei die Wood-Lampe bei PoC nur wenig nützlich, da in der Regel kein Enhancement zu erkennen sei, weil das Melanin der Haut überwiege. Für die Erkennung von Mykosen und bakteriellen Infekten wie dem Erythrasma könne hingegen auch bei People of Colour die Wood-Lampe verwendet werden.

Keratosen und Fibrosen

Generell weisen PoC eine bis zu 15-fach erhöhte Neigung zur Ausbildung hypertropher Narben und Keloide auf, berichtet Dr. Christoph Bendick im Fachbuch “Braun-Falco‘s Dermatologie, Venerologie und Allergologie” [3]. Vor allem im Brustbereich finden sich demnach auch spontane Keloide.

Die Läsionen können hautfarben oder hyperpigmentiert sein und je nach Lokalisation ein erhebliches funktionelles oder kosmetisches Problem darstellen. Bevorzugt betroffen seien die Brust, Schultern und Ohren. In Kenntnis dieser Eigenschaft sollten medizinisch nicht unbedingt notwendige chirurgische Eingriffe gerade in diesen Bereichen eher zurückhaltend geplant werden, empfiehlt Bendick.

Entzündliche Dermatosen

Der systemische Lupus erythematodes betrifft alle PoC mit Ausnahme von Menschen mit afrikanischem Hintergrund häufiger als Weiße, berichtet der Dermatologe weiter. Ganz überwiegend seien Frauen betroffen.

Komplikationen wie schwere Hautbeteiligung, Arthritis, Nephritis und Psychosen, verbunden mit einer schlechteren Prognose, seien charakteristisch für den Krankheitsverlauf bei PoC. Patientinnen und Patienten aus Asien erkrankten besonders häufig an Lupus-Nephritis.

Die Sarkoidose ist bei Afro-Amerikanern laut Bendick bis zu zehnmal häufiger als bei Menschen mit heller Hautfarbe, wobei 25 Prozent der Betroffenen Hautveränderungen aufweisen. Hypopigmentierte anuläre und vor allem perinasal papulöse Hautveränderungen dominierten, während das Erythema nodosum seltener gesehen werde.

Das mit Fieber, bilateral vergrößerten Hiluslymphknoten und Polyarthralgie einhergehende Löfgren-Syndrom komme bei PoC aus Amerika deutlich seltener vor als in der weißen Bevölkerung.

Hauttumore

Das Basalzellkarzinom tritt laut Bendick bei PoC, ebenso wie Morbus Bowen, deutlich seltener auf als bei hellhäutigen Menschen und ist in der Regel pigmentiert. Auch das Melanom sei bei PoC je nach ethnischer Gruppe 10- bis 30-mal seltener.

In der Regel trete es als akrale Variante auf; demgegenüber träten andere Melanomformen in den Hintergrund, amelanotische Melanome sind dem Experten zufolge sehr selten. Albinismus, Vitiligo und Xeroderma pigmentosum prädisponierten zur Entwicklung eines Melanoms bei PoC.

Menschen subsaharischer und arabischer Herkunft haben Bendick zufolge ein doppelt so hohes Risiko, an Mycosis fungoides zu erkranken wie Europäer. Eine hypopigmentierte Variante dieses kutanen T-Zell-Lymphoms, meist an Gesäß und Stamm, werde bei jüngeren PoC beobachtet.

Fazit

Bei der Diagnostik von Hauterkrankungen bei People of Colour ist die Wood-Lampe oft nur wenig nützlich, besser ist eine gleichmäßig helle Grundbeleuchtung und eine leicht seitliche, fokale Beleuchtung (etwa mit einer Lampe mit etwas fokussiertem Strahl), um Veränderungen in der Hauttextur zu erkennen.

Bestimmte Hauterkrankungen wie Dermatosis papulosa nigra kommen fast ausschließlich bei PoC vor, auch von anderen Hauterkrankungen wie Lupus erythematodes und Sarkoidose sind PoC deutlich häufiger betroffen als Menschen mit heller Haut.

Dies im Hinterkopf zu haben hilft dabei, Dermatosen bei PoC zu diagnostizieren – oder wie der Medizinstudent Malone Mukwende auf seiner Webseite schreibt: “Not only minding the gap but bridging it too.”

Quellen

1. JDDG 2021; doi 10.1111/ddg.14543

2. hautnah Dermatologie 2022; 38(S1), doi 10.1007/s15012-021-6808-4

3. Dr. Christoph Bendick in Braun-Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie; 7. Auflage, Springer, 2018

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