S3-Leitlinie aktualisiertChronische Nierenkrankheit: Neue Leitlinie für die hausärztliche Versorgung

Die S3-Leitlinie „Versorgung von Patienten mit chronischer Nierenkrankheit in der Hausarztpraxis“ ist auf den neuesten Stand gebracht worden. Eine wesentliche Neuerung ist die Empfehlung von SGLT-2-Hemmern für bestimmte Patienten.

Nicht nur die Niere im Blick: Menschen mit chronischer Nierenkrankheit haben auch ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko.

Screening

Bei asymptomatischen Erwachsenen ohne Risikofaktoren für eine chronische Nierenkrankheit (CKD) wird kein Screening empfohlen. Ein Screening sollte nur bei Risikopersonen durchgeführt werden, dazu gehören:

  • Menschen mit Diabetes: Hier wird bei Erstdiagnose eine Serumkreatinin-Bestimmung mit eGFR empfohlen. Bei bestehendem Diabetes sollte einmal jährlich die eGFR bestimmt werden. Höhere Kontrollfrequenzen können sich bei höheren CKD-Stadien ergeben.
  • Menschen mit arterieller Hypertonie: Auch hier wird bei Erstdiagnose eine Serumkreatinin-Bestimmung mit eGFR empfohlen. Bei einer eGFR <60 ml/min/1,73 m2 wird eine Urinuntersuchung auf Albumin und Kreatinin (UACR) empfohlen.
  • Menschen mit Herzinsuffizienz: mindestens einmal jährliche Bestimmung von Serumkreatinin, eGFR, Natrium und Kalium.
  • Menschen, die regelmäßig potenzielle nephrotoxische Medikamente einnehmen: Bei temporärer Einnahme sollte eine eGFR-Bestimmung vor und nach der Therapie erwogen werden. Bei dauerhafter Einnahme sollte mindestens einmal jährlich die Nierenfunktion überprüft werden.

Diagnostik

In der Leitlinie wird eine CKD bei einer eGFR <60 ml/min/1,73 m2 und/oder bei Vorhandensein einer Albumin-Kreatinin-Ratio im Spontanurin (UACR) >30 mg/g Kreatinin definiert. Bei Erstdiagnose einer eGFR <60 ml/min/1,73 m², wird empfohlen, die Messung nach drei Monaten zu wiederholen, um die Diagnose einer CKD zu stellen.

Wann überweisen?

  • Die erneute eGFR-Messung nach drei Monaten dient der Abgrenzung einer akuten Nierenerkrankung (AKD): Bei Verdacht auf AKD sollte eine Kontrolle der eGFR innerhalb von zwei Wochen erfolgen oder bei entsprechender Symptomatik eine Überweisung bzw. Einweisung in die Nephrologie.
  • Auch bei rascher Progression der CKD, eGFR <30 ml/min/1,73 m² oder bei einer eGFR < 60 ml/min/1,73 m² und weiteren Hinweisen auf eine Nierenerkrankung wird eine Überweisung zum Nephrologen empfohlen. Genetische Erkrankungen sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Tipp: In der Leitlinie findet sich dazu eine Entscheidungshilfe zur Überweisung in die Nephrologie mit weiteren Punkten (s. unten, Quelle: Abb.3 / S.70 Langfassung S3-Leitlinie). Neu: Zum Abschätzen des Progressionsrisikos der CKD wird der Risiko-Score „Kidney Failure Risk Equation“ (KFRE) empfohlen, der ab sofort in deutscher Sprache verfügbar ist (risiko-nierenversagen.de). Ermöglicht wurde die deutsche Version von den federführenden Gesellschaften, der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) und der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM).

Bei Erstdiagnose: Sonografie der Nieren

Bei Erstdiagnose einer CKD empfiehlt die Leitlinie

  • eine Urinuntersuchung auf Albumin und Kreatinin (UACR),
  • eine Bestimmung der Hämaturie mit einem Streifentest im Urin,
  • eine Kontrolle des Blutdrucks und
  • neu: eine einmalige Ultraschalluntersuchung der Nieren und des ableitenden Harnsystems.

Cave: Die Bestimmung der UACR kostet laut Angabe der Leitlinienautorinnen und -autoren ca. 3,80 € (Stand 2024) und sollte aus Wirtschaftlichkeitsgründen nicht häufiger als angemessen bestimmt werden.

Die UACR ist dabei auch wichtig, um die neue Empfehlung zum Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren bei Menschen mit Nachweis einer Albuminurie oder eingeschränkten Nierenfunktion zu stellen (s. Abschnitt Medikamentöse Therapie).

Tipp: Zum Stellenwert der UACR findet sich in der Leitlinie eine Faktenbox (S. 63 Langfassung S3-Leitlinie)

Medikamentöse Therapie

SGLT-2-Hemmer

  • Eine wesentliche Neuerung der Leitlinie: Personen mit einer Albuminurie ≥ 300 mg/g, und/oder einer eGFR <45 ml/min/1,73 m² unabhängig von einer Albuminurie, sollte ein SGLT-2 Hemmer empfohlen werden.
  • Bei einer eGFR <20 ml/min/1,73 m² sollte keine Therapie mit einem SGLT-2 Hemmer begonnen werden.
  • Grundsätzlich sollte sich bei Personen mit CKD die Entscheidung für einen SGLT-2-Hemmer an verschiedenen (weichen und harten) orientieren, wobei sie „der individuellen ärztlichen Expertise unterliegt“ (s. Entscheidungshilfe unten, Quelle: Abb.5 /S.98 Langfassung S3-Leitlinie):

Hypertonie

  • Die Leitlinie empfiehlt allen Menschen mit CKD und einem Blutdruck > 140/90 mmHg Maßnahmen zur Blutdrucksenkung. Der Zielwert sollte dabei individuell festgelegt werden. Damit widerspricht die Leitlinie den KDIGO-Empfehlungen, die basierend auf der SPRINT-Studie einen Zielwert < 120 mmHg empfiehlt, sofern kein Frailty, hohes Sturzrisiko, niedrige Lebenserwartung oder eine orthostatische Dysregulation besteht. „Das Ziel von <120 mmHg erscheint uns und der ESH-Leitlinie zu niedrig, zumal die Messbedingungen des Blutdrucks in der SPRINT-Studie in der Praxis häufig nicht befolgt werden (können)“, heißt es dazu.
  • Neu: Zur Therapie sollten bevorzugt Angiotensin-Konversionsenzymhemmer (ACE-Hemmer, ACEI) oder Angiotensinrezeptorblocker (ARB) verordnet werden.

Hyperurikämie und Gicht

  • Neu ist eine klare Nicht-Empfehlung für Personen mit CKD und asymptomatischer Hyperurikämie: Hier sollte keine harnsäuresenkende Therapie empfohlen werden.
  • Bei symptomatischer Hyperurikämie (rezidivierende Gichtanfälle) ist eine an die Nierenfunktion angepasste harnsäuresenkende Therapie indiziert. Es wird auf die DEGAM-Leitlinien „Diagnostik und Therapie der akuten Gicht“ und „Häufige Gichtanfälle und Chronische Gicht“ (Anm. d. Red.: Achtung: letztere ist abgelaufen!) verwiesen.

Kardiovaskuläres Risikomanagement

CKD-Patienten haben bekanntlich generell ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Daher empfiehlt die Leitlinie

  • Neu: Personen ≤ 75 Jahren mit CKD ohne ein kardiovaskuläres Ereignis sollen zur Primärprävention ein Statin verordnet bekommen, wenn das kardiovaskuläre Gesamtrisiko mit einem validierten Risikoscore als hoch eingeschätzt wird.
  • Neu: Bei Personen > 75 Jahre mit CKD ohne manifeste kardiovaskuläre Erkrankung gibt es keine ausreichende Evidenz für oder gegen den Beginn einer Statintherapie.
  • Neu: Personen mit CKD ohne ein kardiovaskuläres Ereignis sollen keine Thrombozytenaggregationshemmer empfohlen werden.
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