Serie KollegentippsEin ehrlicher Einblick ins Landarztleben

Dr. Iris und Ruben Bernau ermöglichen angehenden Hausärztinnen und Hausärzten einen unverstellten Blick aufs Landarztleben: Die beiden nehmen Blockpraktikanten nicht nur in der gemeinsamen Praxis auf, sondern auch in ihrem Privathaus.

Zeigen, wie Praxisalltag und Familienleben gelingen können: Dr. Iris und Ruben Bernau.

Land(arzt)luft schnuppern – in der Praxis von Dr. Iris und Ruben Bernau gewinnt das für angehende Hausärztinnen und Hausärzte eine völlig neue Dimension.

Denn die beiden empfangen Blockpraktikanten nicht nur in ihrer Praxis, sondern auch in ihrem Familienleben: Weil sie die Medizinstudierenden auch in ihrem Privathaus beherbergen, zeigen sie ganz umfassend auf, was Landarztleben konkret bedeutet. “Wir leben damit nicht zuletzt vor, wie sich Familie und Beruf in der Hausarztmedizin vereinen lassen”, sagt Hausarzt Ruben Bernau.

Seit 2011 ist Bernau, der auch im Hausärzteverband Niedersachsen sowie im Vorstand des Instituts für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband (IHF) aktiv ist, im niedersächsischen Hambergen niedergelassen. Seit 2019 ist seine Ehefrau Iris auch Praxispartnerin.

Modellstudiengang macht Landarzt-Praktikum zur Pflicht

Dass Medizinstudierende aus dem rund 90 Kilometer entfernten Oldenburg zu ihnen in die Praxis kommen, liegt nicht nur an einem wachsenden Interesse am Landarztleben oder der Attraktivität der Praxis. Vielmehr ist es explizite Vorgabe des Modellstudiengangs Humanmedizin, der in Oldenburg bereits viele Ansätze des Masterplans 2020 umsetzt, sich auch auf die andere Seite der Weser zu “trauen”.

Doch für die Studierenden ist diese Vorgabe mit Blick auf die Bahnverbindungen nicht immer leicht umzusetzen, weiß Bernau. Vor einigen Jahren haben er und seine Frau sich daher zusammengesetzt – und eine Idee entwickelt: Ihr Privathaus, nur wenige Minuten von der Praxis entfernt, bietet ausreichend Raum, die Medizinstudierenden zu beherbergen.

Eine Handvoll angehender Hausärztinnen und Hausärzte war seither zu Gast: In der Regel für vier bis fünf Tage ziehen sie bei Bernaus ein und werden Teil der Familie.

Gemeinsamer Feierabend vor dem Fernseher

“Wir verstehen das komplett als Angebot”, erklärt Bernau eine wichtige Grundhaltung des Konzepts. Frühstückszeiten würden ebenso klar kommuniziert wie die Abfahrtszeiten in die Praxis. “Was die Studierenden davon dann annehmen, steht ihnen frei.”

So habe es bereits Besucherinnen gegeben, die abends mit der Familie vor dem Fernseher gesessen haben und sich neben den beiden Söhnen quasi als drittes Kind komplett in den familiären Alltag integriert haben, andere hätten sich lieber selbstständig gemacht und wären mit dem zur Verfügung gestellten Fahrrad eigenständig zur Praxis gefahren. “Für uns ist das beides vollkommen in Ordnung.”

Tatsächlich brauche es genau diese Offenheit, bilanziert Bernau nach den ersten Gehversuchen. Denn in der Tat: “Auch für uns als Gastgeber ist es nicht immer einfach”, gibt er zu. Nach einem stressigen Tag in der Praxis abends noch Gesellschaft im Wohnzimmer zu haben, könne auch gewöhnungsbedürftig sein. Doch auch hier gilt: Eine klare Kommunikation der eigenen Bedürfnisse helfe.

Nicht zuletzt lernen die angehenden Hausärztinnen und Hausärzte so, wie ein “hausärztliches Familienleben” aussehen kann: In der Regel teilen sich Iris und Ruben Bernau die Praxistage auf, er macht den Vormittag, sie den Nachmittag, für die beiden Söhne ist immer ein Elternteil ansprechbar.

Das Leben ist durchgetaktet

Der Alltag ist durchgetaktet, doch er ermöglicht den beiden auch, eigenen Interessen nachzugehen: Berufspolitik und Sport sind zwei große Leidenschaften, für beide werden feste Zeiten im Familienkalender geblockt. “Dieses durchgetaktete Leben in Form unseres digitalen Familienkalenders erschreckt Medizinstudierende oft auf den ersten Blick”, weiß Bernau.

Doch in den Tagen des Blockpraktikums erleben sie ganz konkret, wie viele Freiheiten ein solches Lebensmodell bietet. Da sehen sie Ruben Bernau ebenso beim Hausbesuch wie bei der Rückkehr von der Joggingrunde.

Viele beeindruckt das nachhaltig, weiß er aus den Rückmeldungen. Natürlich sei (noch) nicht nachvollziehbar, ob die Studierenden wirklich in der Hausarztmedizin landen – “doch bei ihrem Abschied haben uns bis jetzt alle gespiegelt, dass sie sich ein solches Leben durchaus vorstellen können”.

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