Serie DiGAAbnehmen mit der App

Mit Adipositas dauerhaft seinen Lebenswandel umzustellen, fällt oft schwer. Eine Digitale Gesundheitsanwendung hilft dabei, sagt ein Bundesinstitut. Ein Einblick in Studiendaten und Funktionen von Zanadio.

Bisher war Zanadio nur für Frauen verordnungsfähig. Männer wurden im März ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen.

Dauerhaft abzunehmen, fällt vielen schwer. Denn viele schaffen es zwar oft über kurze Zeit, weniger zu essen oder sich mehr zu bewegen. Doch die Veränderung beizubehalten, klappt häufig nicht. Hier setzt die Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) Zanadio an.

Diese App fürs Smartphone unterstützt über 18-Jährige dabei, das eigene Verhalten langfristig zu ändern. Sie legt nach eigenen Angaben einen multimodalen Ansatz zugrunde, wie er in der S3-Leitlinie zur Adipositas-Prävention empfohlen wird, und baut dazu auf drei Phasen auf:

  1. Selbstbeobachtung
  2. Veränderung
  3. Stabilisierung

Funktionen von Zanadio

Die App vermittelt Wissen zu Ernährung, Bewegung und Verhalten auch zum Anschauen und Anhören – wochenweise kommen neue Inhalte in der “Akademie” hinzu.

Zudem kann “innerhalb weniger Stunden” Expertenrat via Chat eingeholt werden. Da sich die Gründe für Übergewicht unterscheiden, basiert das Programm darauf, zunächst das eigene Verhalten im Tagebuch zu dokumentieren (Bewegungseinheiten, Mahlzeiten, s. Bild links).

Danach hilft die App dabei, für sich selbst realistische Ziele zu setzen. Deren Erreichen wird auch mit “spielerischen” Aufgaben (Challenges) unterstützt. So wird zu Beginn ein Ziel für 12 Monate erfragt und was denjenigen dazu motiviert. Zudem können Zwischenziele eingetragen und bei Erreichen abgehakt werden.

Bei von Zanadio definierten Vorgaben werden zusätzlich Medaillen verliehen und die Nutzung belohnt (etwa mit Rezepten zum Herunterladen).

Eine Tages- und Wochenübersicht zeigen eine Bilanz aus Kalorien und Bewegung (siehe Abbildung unten). Die App kann Berichte erzeugen, die Patientinnen und Patienten an die Praxis weitergeben können. Die Funktionen sind in der Gebrauchsanweisung beschrieben: www.hausarzt.link/PpRcM

Die App gibt es aktuell auf Deutsch und Englisch, den Chat nur auf Deutsch. Nötig sind ein Smartphone mit mindestens iOS Version 13 oder Android Version 5. Die App ist mit vielen Fitnesstrackern kompatibel (Übersicht: www.zanadio.de/kompatibilitaet). Der Hersteller weist aber darauf hin, dass die Messdaten oft fehlerhaft sein können. Die Daten werden DSGVO-konform bei der Telekom in Deutschland gelagert, heißt es.

BfArM sieht medizinischen Nutzen

Die Studie zu Zanadio soll im Laufe des April publiziert werden, hieß es bei Redaktionsschluss (Diese wurde am 26.4. veröffentlicht). Die Basisdaten können bereits dem DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entnommen werden (siehe Tabelle unten).

Das Institut sieht demnach die Verbesserung des Gesundheitszustands und der Lebensqualität als belegt an: Es werde ein Gewichtsverlust von mindestens fünf Prozent verglichen mit der Kontrollgruppe erreicht.

Über zwölf Monate wurde die Zanadio-Nutzung mit “Leben wie bisher” (samt Diätversuchen, eigene Informationsbeschaffung etc.) untersucht. Es nahmen 149 18- bis 65-Jährige an der randomisiert kontrollierten Studie teil (BMI 30-40 kg/m2), davon 136 Frauen und 13 Männer. Sie wurden zufällig auf die Gruppen verteilt.

Primärer Endpunkt war die Gewichtsabnahme von mindestens fünf Prozent nach neun Monaten, sekundärer die Verbesserung von Wohlbefinden (WHO-5 Wellbeing Index) und Lebensqualität (WHOQoL-BREF). Nach drei, sechs, neun und zwölf Monaten fanden Telefon-Befragungen statt, bei denen auch Hilfsmittel der Kontrollgruppe erfragt wurden.

Bis 19. März war Zanadio Frauen vorbehalten, da zu wenige Männer an der Studie teilgenommen hatten. Seitdem hat das BfArM die Einschränkung aufgehoben: Inzwischen zeigten Daten aus dem Versorgungsalltag von 1.674 Frauen und 245 Männern vergleichbare Effekte für alle Geschlechter.

Der Hersteller gibt an, dass der Gewichtsverlust von rund acht Prozent bestätigt werden konnte. Weitere Informationen würden bald publiziert, hieß es auf Nachfrage von “Der Hausarzt”.

Kontraindikationen

Entsprechend der Studiendaten wird die DiGA für Personen mit einem BMI von 30-40 kg/m2 empfohlen (Adipositas Grad I und II oder Edmonton Obesity Staging System Stadium (EOSS) 0-2).

Cave: Ab Adipositas Grad III soll die DiGA nicht eingesetzt werden. Ebenso dürfen Begleiterkrankungen nicht weit fortgeschritten sein (ab EOSS 3) und keine sekundären Adipositasformen vorliegen (u.a. Cushing-, Prader-Willi-Syndrom, Hypogonadismus).

Ausgeschlossen ist der Einsatz bei einer Schwangerschaft, nach einer bariatrischen Op, Unterfunktion der Hypophyse sowie körperlichen Einschränkungen, die eine mäßige Aktivität nicht erlauben. Eine manifestierte Hypothyreose muss zuerst medikamentös behandelt werden.

Verlaufskontrolle alle 6 Monate

Das BfArM rät zu einer Mindestdauer von sechs Monaten, wobei zwölf Monate “dringend empfohlen” werden. Eine Höchstdauer gibt es derzeit nicht. Der Hersteller rät ergänzend, die App sollte mindestens einmal pro Woche genutzt werden.

Das DiGA-Verzeichnis sieht eine ärztliche Kontrolle alle sechs Monate vor. Dafür können Praxen die 01473 EBM (7,35 Euro) einmal im Behandlungsfall abrechnen, bei Redaktionsschluss nur für Frauen – der EBM soll zeitnah angepasst werden, sagt die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Sie darf nicht in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen angesetzt werden und ist höchstens zweimal im Krankheitsfall erlaubt.

Rezept oder Selbstzahler?

Zanadio kann entweder ärztlich auf Muster 16 verordnet werden oder von Versicherten selbst bei der Kasse beantragt werden.

Tipp: Wurde bereits eine Adipositas Grad I oder II diagnostiziert, können Versicherte mit dem Arztbrief den Antrag bei der Kasse selbst stellen und die Praxis spart so Zeit bei der Verordnung. Hilfreich für Versicherte ist dabei www.zanadio.de/krankenkassen. Die Webseite gibt eine Übersicht, wie die Beantragung je Kasse läuft.

Für gesetzlich Versicherte, die die Voraussetzungen der Indikation erfüllen, bezahlt die Kasse die DiGA. Zusätzlich können ein Bewegungs- (29,99 Euro) und Ernährungscoaching (39,99 Euro) auf eigene Kosten gebucht werden.

Privatversicherte sollten die Kostenübernahme zunächst bei ihrer Kasse anfragen. Sie können dann eine Rechnung über Zanadio erhalten, die sie bei der Kasse zur Erstattung einreichen.

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