Jahrbuch SuchtProblematischer Cannabis-Konsum hat zugenommen

Immer mehr Deutsche konsumieren Cannabis, und auch immer mehr Menschen wenden sich an Suchthilfe-Einrichtungen. Angesichts der Liberalisierung müssen solche Angebote gestärkt werden, fordern Experten.

Fast jeder Zehnte der 18- bis 59-Jährigen Deutschen gab 2021 an, in den 12 Monaten zuvor Cannabis konsumiert zu haben.

Hamm. Eine Zunahme von problematischem Cannabiskonsum in den vergangenen Jahrzehnten beobachten Experten der Suchthilfe und fordern angesichts einer teilweisen Legalisierung des Cannabis-Konsums eine Stärkung der Prävention.

Wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten “Jahrbuch Sucht” der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hervorgeht, zeigt sich in den vergangenen drei Jahrzehnten insgesamt ein steigender Trend beim Konsum von Cannabis.

Auch habe sich der Anteil der Menschen, die sich aufgrund von Problemen mit Cannabisgebrauch an die ambulante Suchthilfe gewandt haben, seit der Jahrtausendwende fast verdreifacht. Im stationären Bereich registrierten die Experten eine Verzehnfachung.

Fast jeder Zehnte konsumierte Cannabis

Laut dem Jahrbuch sind cannabinoidbezogene Störungen nach den alkoholbezogenen Störungen aktuell der zweithäufigste Anlass für den Zugang zu Suchthilfeangeboten. Seit 2013 registrierten die ambulanten Suchthilfestellen in Deutschland jährlich mehr als 25.000 solcher Fälle in Zusammenhang mit Cannabis. 2001 hatte die Gesamtzahl noch bei 3.700 gelegen.

Insgesamt hat die Zahl der Cannabis-Konsumenten in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen: Laut dem Bericht gab 2021 fast jeder Zehnte (8,8 Prozent) der 18- bis 59-Jährigen an, in den vergangenen 12 Monaten Cannabis konsumiert zu haben – 2012 waren es noch 5 Prozent.

Männer konsumierten dabei etwas häufiger als Frauen und stuften ihren Konsum häufiger als problematisch ein. Ein problematischer Konsum besteht den Experten zufolge dann, wenn eine Person Schwierigkeiten hat, den Konsum zu kontrollieren oder bereits psychosoziale Folgen bemerkbar werden.

Mehr Beratungsangebote gefordert

Seit dem 1. April ist in Deutschland der Besitz, private Anbau und Konsum bestimmter Mengen Cannabis für Erwachsene erlaubt. Ab Juni sollen sogenannte Anbauvereine staatlich kontrolliert unter strengen Auflagen Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder abgeben dürfen. Vor dem Hintergrund der Gesetzesänderung fordert die DHS eine auskömmliche Finanzierung von Beratungs- und Schutzmaßnahmen.

“Zwar gibt es gute Angebote zur Prävention des problematischen Cannabiskonsums”, sagte Peter Raiser, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Es sei jedoch dringend erforderlich, diese “deutlich auszubauen und weiterzuentwickeln”. Aktuell beobachte man stattdessen vielerorts sogar Kürzungen.

Weniger Zigaretten, mehr E-Zigaretten

Auch auf die weitverbreiteten Suchtmittel Tabak und Alkohol geht der Bericht ein: Den Experten zufolge raucht etwa ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland (38,2 Prozent der Männer und 31,3 Prozent der Frauen) – Tendenz fallend.

So erreichte 2023 der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch an Zigaretten mit 764 Stück den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Immer weniger Jugendliche greifen demnach zur Zigarette: Mit 7 Prozent ist der Anteil Rauchender bei Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren deutlich geringer als bei den Erwachsenen. Allerdings weisen Studien auf einen Anstieg bei der Nutzung von E-Zigaretten hin.

Außerdem bleibe Deutschland ein Alkohol-Hochkonsumland, schreiben die Experten. Zwar waren der Bier-, Schaumwein- und Schnapskonsum in den vergangenen zwei Jahrzehnten leicht rückläufig.

Deutschland liege mit einem Verbrauch von mehr als 10 Litern Reinalkohol bei Menschen über 15 Jahren aber weiter zwei Liter über dem durchschnittlichen Konsum der OECD-Mitgliedsländer (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

dpa/red

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