Die Weiterbildungsförderung hat zum Ziel, die Zahl der Facharztanerkennungen in der Allgemeinmedizin zu erhöhen. Das IGES-Gutachten (siehe Kasten oben) untermauert, dass dies auch gelingt: So ist demzufolge die Zahl von 2012 bis 2022 um 57 Prozent gestiegen, was “vermutlich ohne die Förderaktivitäten nicht erreichbar gewesen wäre”.
Es zeigt aber auch, dass für Studierende Anreize gesetzt werden, weit überproportional spezialisierte Fachgebiete zu wählen. Ist der Anteil der Allgemeinmedizin an allen Facharztanerkennungen doch seit 1998 leicht von 16,1 auf inzwischen 13,3 Prozent gesunken.
International wird als gesundes Verhältnis zwischen Hausärzten und Gebietsärzten 60:40 angesehen. Dieses Verhältnis wurde auch von der Gesundheitsministerkonferenz 1998 als erstrebenswert definiert.
Dies ist allerdings kein “Versagen” des Förderprogramms, nahm doch die Zunahme spezialisierter Facharztabschlüsse bereits seit 1975 immer weiter zu. Anzunehmen, dass die Förderung dies komplett umkehren kann, ist illusionär.
Wichtig: Um aber eine Trendwende erzielen zu können, musste die fünfjährige Weiterbildung Allgemeinmedizin (1998) finanziell abgesichert und Weiterbildungspraxen unterstützt werden.
Vier Erfolgsfaktoren
Um mehr allgemeinmedizinische Facharztanerkennungen zu erreichen, haben sich in anderen europäischen Ländern folgende Faktoren als besonders wirkungsvoll erwiesen:
- strukturierte curriculare Weiterbildung,
- gezielte Auswahl und intensive Qualifizierung der Weiterbildenden,
- enge Begleitung und Koordination der Weiterbildung und Evaluation der Weiterbildungsfortschritte und der Qualität der Lehre
- gezielte Vorbereitung auf die spätere Rolle in der Versorgung.
In Belgien, Frankreich und den Niederlanden organisieren die Medizinfakultäten die allgemeinmedizinische Weiterbildung. In Deutschland ist die Allgemeinmedizin bekanntermaßen in den Universitäten unterrepräsentiert.
Deswegen ist die Umsetzung des Masterplans Medizinstudium 2020 von immenser Bedeutung für die Nachwuchssicherung. Eine strukturierte praxisnahe Weiterbildung, die auf den Beruf vorbereitet, übernehmen in Deutschland die Kompetenzzentren.
Wichtig: Diese kompensieren also die fehlende Vorbereitung auf die Weiterbildung in den Universitäten. Das Förderprogramm finanziert die Kompetenzzentren, die zu einer hohen Weiterbildungszufriedenheit führen. Schon ein IGES-Gutachten von 2022 unterstreicht dies: “Kompetenzzentren Weiterbildung bestärken Wunsch nach hausärztlicher Tätigkeit.”
Quotierung “wichtigster Hebel”
Ein Quotensystem, nach dem Weiterbildungsplätze je nach Bedarf in der Versorgung vergeben werden, ist laut IGES der stärkste Hebel. In Frankreich, wo der Etatismus besonders ausgeprägt ist, wird ein solches Quotenverfahren mit Erfolg angewendet. In Deutschland wird eine Quotierung zwar diskutiert, aber nach allgemeiner Einschätzung abgelehnt.
- Weitere starke Erfolgsfaktoren sind:
- Stärkung hausärztlicher Inhalte während der Ausbildung,
- kurze Weiterbildungszeit,
- hausärztliche Gatekeeper-Rolle in der Versorgung,
- kooperative und arbeitsteilige Berufsausübung.
Alle diese Erfolgsfaktoren adressiert der Hausärztinnen- und Hausärzteverband: die Umsetzung des Masterplans, die zentrale koordinierende Rolle der hausärztlichen Versorgung (HZV) sowie kooperative oder arbeitsteilige Formen der Berufsausübung (HÄPPI, siehe Artikel “Als HÄPPI-Teampraxis in die Zukunft“).
Lediglich eine kürzere Weiterbildungszeit würde in Deutschland zu negativen Effekten führen, ist sich der Verband sicher. Denn alle spezialisierten Fachgebiete haben mindestens fünf Jahre Weiterbildungszeit – eine Verkürzung würde den Status der Allgemeinmedizin entwerten.
Fazit
- Die Weiterbildungsförderung nach §75a SGB V hat in den letzten zehn Jahren die Facharztanerkennungen in der Allgemeinmedizin gesteigert.
- Eine gut strukturierte Weiterbildung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor laut IGES-Gutachten. Hierfür sind in Deutschland die Kompetenzzentren unverzichtbar, die wiederum vom Förder- programm finanziert werden.
- Die Allgemeinmedizin muss in der Ausbildung und Berufsausübung weiter gestärkt werden. Dazu sind der Masterplan Medizinstudium 2020, eine starke hausärztliche Rolle in der Versorgung sowie arbeitsteilige Tätigkeit (z. B. HÄPPI) wichtig.