PräventionFit im Alter – dank Hausarzt?

Körperliche Aktivität kann gerade im Alter zum Erhalt eines selbstständigen und gesunden Lebens beitragen. Eine Studie hat untersucht, welche Rolle Hausärztinnen und Hausärzte dabei spielen.

Eine ärztliche Beratung kann Patienten zur Aufnahme von Kursangeboten und mehr sportlicher Aktivität bewegen.

Verschiedene Studien belegen den Wert einer regelmäßigen und systematischen körperlichen Aktivität vor allem im Alter [1]; zudem gewinnen Gesundheitsförderung und Prävention gerade im Hinblick auf den wachsenden Bevölkerungsanteil älterer Menschen rapide an Bedeutung.

Um Ältere zu mehr Bewegung zu motivieren und sie längerfristig für aktivierende Angebote zu gewinnen, sind verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen: Zum einen ist eine gute Kenntnis der Interessen und Bedürfnisse älterer Menschen vonnöten, um passende Bewegungsangebote bereitzustellen. Zum anderen kommt es auf funktionierende Wege der Ansprache, Motivation und Gewinnung an.

In beiden Bereichen mangelt es an empirischen Erkenntnissen. Es existieren zahlreiche lokale und regionale Initiativen, welche mangels Kommunikation und evidenzbasierter Planung oft ins Leere laufen.

Immer wieder wird davon ausgegangen, dass gerade Hausärztinnen und Hausärzte eine entscheidende Rolle dabei spielen können, als vertrauensvolle und zielgerichtete Mediatoren für Gesundheits- und Fitness-Angebote zu fungieren.

Viel Interesse für Fitness

Um einen Beitrag zu diesem Forschungsfeld zu leisten, hat das Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie der Universitätsmedizin Mainz im Rahmen einer Befragung den Status quo der Mobilität und sportlichen Ertüchtigung von über 70-jährigen hausärztlichen Patienten untersucht. Aufsetzend auf einer früheren Vorstudie wurden im Jahr 2023 insgesamt 915 Fragebögen in 13 Landkreisen in Rheinland-Pfalz ausgegeben, wovon 446 Bögen ausgefüllt zurückgeschickt wurden.

Die Befragten bewerten ihren eigenen Gesundheitszustand als überwiegend gut (62 Prozent), obwohl ein Teil angibt, gelegentlich unter Schmerzen zu leiden, welche die Beweglichkeit einschränken (59 Prozent). Dennoch gehen 89 Prozent der Befragten spazieren, wobei fast jeder Zweite (45 Prozent) mehrmals pro Woche unterwegs ist.

Das Interesse an körperlicher Ertüchtigung stand in der Untersuchung im Vordergrund. Die Ergebnisse zeigen, dass die Teilnehmenden überraschend aktiv, sportlich interessiert und informiert sind. So gibt jeder vierte Befragte (25 Prozent) an, sich im Fitnessstudio sportlich zu betätigen, während 23 Prozent ein Kursangebot zum Beispiel im örtlichen Sportverein wahrnehmen.

Immerhin die Hälfte (53 Prozent) gibt an, dass sie mehr für die eigene Gesundheit machen beziehungsweise sich noch mehr sportlich betätigen wollen.

Bei den über 70-jährigen Studienteilnehmern ist auffällig, dass Frauen mit Blick auf sportliche Betätigung andere Interessen als Männer haben. Sie besuchen häufiger Kursangebote und geben an, mehr Interesse an ruhigeren Sportarten wie Yoga oder Ausdauersport (72 Prozent) und an Teamsport (62 Prozent) zu haben.

Ältere sind gut informiert

Für die Befragten ist es kein Problem zu überblicken, welche Sport- und Bewegungsangebote es in ihrem Umkreis gibt (75 Prozent). Dies deckt sich mit dem Befund, dass 77 Prozent im Großen und Ganzen wissen, welche Bewegungs- und Gesundheitskurse bei ihnen vor Ort angeboten werden.

Obwohl 37 Prozent angeben, sich nicht über bestehende Bewegungsangebote in ihrer Nähe zu informieren, haben diese Befragten häufig mittels des Kontakts zu Bekannten einen Überblick (45 Prozent), welche Kurse vor Ort zur Verfügung stehen.

Des Weiteren erfahren die Befragten häufig aus der Zeitung (31 Prozent), aus dem Wochenblatt (33 Prozent) und gelegentlich über Einrichtungen wie der Volkshochschule (22 Prozent) sowie der Krankenkasse (12 Prozent) von den Möglichkeiten, bestimmte Kursangebote wahrzunehmen.

Prinzipiell zeigt sich, dass bei den meisten Befragten durchaus ein Interesse vorhanden ist, selbst ein sportliches Kursangebot zu besuchen. Allerdings geben sie an, dass ein wohnortnahes Angebot die Aufnahme erleichtert, da sie einen langen Anfahrtsweg nicht gerne in Kauf nehmen (64 Prozent). Ein moderater Kostenbeitrag stellt für 76 Prozent kein Hindernis dar.

Hausarzt als Vermittler erwünscht

Mehrere Studien legen nahe, dass gerade Hausärztinnen und Hausärzte mit Blick auf Empfehlungen, die über die unmittelbare Diagnose und Therapie von Erkrankungen hinausgehen, besonderes Vertrauen bei Patienten genießen [2].

Dieses Vertrauen hat sich bei älteren Patienten zum einen über eine oft jahrelange Bindung zum Arzt aufgebaut [3], zum anderen kennt der Hausarzt die persönliche Situation seiner Patienten [4]. Es ist denkbar, dass ältere Menschen sportliche Angebote mehr und nachhaltiger akzeptieren, wenn der Hausarzt hier eine entsprechende Vermittlerrolle einnimmt [2].

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass hier großes Potenzial besteht: Auf die Frage nach dem Wert und der Vertrauenswürdigkeit verschiedener Quellen bekunden 89 Prozent, den Hausarzt als Ratgeber für sportliche Kursangebote als besonders glaubwürdig und verlässlich einzuschätzen.

Damit liegen Hausärzte deutlich vor anderen ratgebenden Instanzen wie Familienmitgliedern (72 Prozent) oder etwa dem lokalen Wochenblatt (40 Prozent).

Dieser Befund wird durch die Aussage untermauert, dass 48 Prozent der Befragten stärker an einem Kurs interessiert sind, wenn sie eine entsprechende Therapieempfehlung ihres Arztes hierzu bekommen.

Eine ärztliche Beratung kann Patienten also zur Aufnahme von Kursangeboten und damit zu mehr sportlicher Aktivität bewegen [5]. Allerdings gibt nur ein kleinerer Teil der Befragten (28 Prozent) an, von ihrem Arzt schon einmal eine Empfehlung zu mehr körperlicher Aktivität erhalten zu haben.

Fazit

  • Möchte man Menschen für Gesundheits- und Fitnessangebote gewinnen, so kommt es auf die Ausgestaltung der Angebote und die Motivierung an [6-8]. Die Entwicklung der Angebote sollte sich demnach mehr an den Befindlichkeiten, Bedürfnissen und Interessen der Zielgruppe orientieren.
  • Auch gilt es, bessere Zugänge zu körperlicher Aktivität für ältere Menschen zu finden. So fehlt vor Ort oft die Möglichkeit, sich einen gebündelten Überblick über lokale Gesundheits- und Fitnessangebote zu verschaffen. Ferner gibt es keine Instanz, die Gesundheits- und Fitnessangebote zielgerichtet, passgenau und mit hoher Glaubwürdigkeit vermitteln kann.
  • Neben der vorliegenden Untersuchung weisen erste Interventionsstudien darauf hin, dass der Hausarzt als Mediator von Sportangeboten ein vielversprechender Ansatz sein kann, um diese Defizite zu überwinden [9,10]. Er sieht seine Patienten regelmäßig; das ihm entgegengebrachte Vertrauen ist sehr hoch [2,3,11]. Das hausärztliche Setting vereint verschiedene Vorteile, um Patienten zu einer Aufnahme und längerfristigen Wahrneh- mung von individuell geeigneten Bewegungsangeboten zu motivieren [12-14].
  • Um eine adäquate Bewegungsberatung im Sinne der Prävention leisten zu können [2,9,10], bedarf es allerdings einer Anpassung vorhandener Strukturen und Finanzierungsmodelle und eines Informationssystems über lokal verfügbare Bewegungsangebote.

Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert.

Literatur:

  1. Schneider V. Bewegung. Gesundheitspädagogik: Einführung in Theorie und Praxis. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden; 2017. p. 291-304.
  2. Jens Kleinert JB, Christian Zepp, Katharina Glöckler,, Christoph Breuer EQPW. Aus der Arztpraxis in den Sportverein? Herausforderung an eine ärztliche Präventionsempfehlung zur Veränderung des Bewegungsverhaltens
  3. Bücker B, Mai A, Klaassen-Mielke R, Brach M, Wilm S, Platen P, et al. Einstellungen von Hausärzten zu einem Bewegungsprogramm für mobilitätseingeschränkte Ältere (HOMEfit) [Attitudes of Family Practitioners Towards an Exercise Program for Mobility-Limited Elderly (HOMEfit)]2017. 466-72 p.
  4. Schers H, van den Hoogen H, Bor H, Grol R, van den Bosch W. Familiarity with a GP and patients’ evaluations of care. A cross-sectional study. Family Practice. 2005;22(1):15-9.
  5. Gabrys L, Jordan S, Behrens K, Schlaud M. Prävalenz, zeitliche Trends und regionale Unterschiede ärztlicher Bewegungsberatung in Deutschland [Prevalence, Current Trends and Regional Differences of Physical Activity Counselling in Germany]2016. 53-8 p.
  6. Dapp U, Lorentz C, Laub S, Anders J, von Renteln-Kruse W, Minder C, et al. Im Alter aktiv und gesund leben – Ergebnisse einer repräsentativen Seniorenbefragung in Hamburg. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie. 2009;42(3):245-55.
  7. Becker S, Huy C, Brinkhoff KP, Gomolinsky U, Klein T, Thiel A, et al. “Ein aktives Leben leben” – Sport, Bewegung und Gesundheit im mittleren und höheren Erwachsenenalter – Konzeption, Datenerhebung und erste Ergebnisse eines repräsentativen Basis-Surveys für die 50-70-jährige baden-württembergische Wohnbevölkerung [“Living an active life” – Sports, exercise and health in middle-aged and older adults – An empirical database on physical activity, health behavior and lifestyle in the 50- to 70-year-old residential population of Baden-Wuerttemberg]. Gesundheitswesen. 2007;69.
  8. Hoebel J, Finger JD, Kuntz B, Lampert T. Sozioökonomische Unterschiede in der körperlich-sportlichen Aktivität von Erwerbstätigen im mittleren Lebensalter. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz. 2016;59(2):188-96.
  9. Prüfer F, Joos S, Miksch A. Die Rolle des Hausarztes in der kommunalen Gesundheitsförderung. Prävention und Gesundheitsförderung. 2015;10(2):180-5.
  10. Peters S, Schwab M, Faller H, Meng K. Schulung für Ärzte zur Bewegungsförderung bei Älteren. Prävention und Gesundheitsförderung. 2017.
  11. Banzer W. Körperliche Aktivität und Gesundheit : Präventive und therapeutische Ansätze der Bewegungs- und Sportmedizin. Berlin, Heidelberg2017.
  12. Hartmann-Tews I. Senior_innen in Bewegung – Beobachtungen zur Relevanz von Geschlecht und Alter in verschiedenen Sport-Settings. In: Sobiech G, Günter S, editors. Sport & Gender – (inter)nationale sportsoziologische Geschlechterforschung: Theoretische Ansätze, Praktiken und Perspektiven. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden; 2017. p. 235-48.
  13. Gabrys L, Thiel C, Saborowski G, Vogt L, Banzer W. Bewegungsberatung durch Experten aus der Sportwissenschaft. Eine Public Health Strategie zur Erhöhung körperlicher Aktivität bei speziellen Zielgruppen. Sportwissenschaft. 2013;43(1):12-9.
  14. Bock C. Sport, Bewegung und kardiovaskuläre Prävention. In: Becker S, editor. Aktiv und Gesund? Interdisziplinäre Perspektiven auf den Zusammenhang zwischen Sport und Gesundheit. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden; 2014. p. 195-217.
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