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KongressberichtNAFLD – die stille Epidemie?

Die massiv unterschätze Volkskrankheit nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) wird in den nächsten Jahren massiv auf uns zu kommen. Hier spielt die Ernährung eine Schlüsselrolle, sowohl bei der Pathogenese wie auch bei der Therapie - und genau hier muss umgehend der Hebel angesetzt werden.

Hierzulande weisen rund 30 Millionen Bundesbürger Fetteinlagerungen in der Leber auf.

Nach den Worten von DGVS-Präsident Prof. Dr. Heiner Wedemeyer, Medizinische Hochschule Hannover, handelt es sich bei der NAFLD bereits jetzt um ein Massenphänomen: “Weltweit ist etwa jeder dritte Erwachsene betroffen [1], hierzulande weisen rund 30 Millionen Bundesbürger Fetteinlagerungen in der Leber auf”.

In den nächsten zehn Jahren wird die heute schon sehr hohe Zahl der Betroffenen weiter stark ansteigen, warnte Prof. Wedemeyer bei der Jahrespressekonferenz der deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS). “Da rollt eine Riesenwelle auf unser Gesundheitssystem zu”.

Fatales Risikopotenzial

Diese Entwicklungen sind vor allem deshalb so “unglaublich problematisch”, weil die NAFLD schweren Folgeerkrankungen den Weg bereitet. So ist diese mit einem hohen Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose behaftet und inzwischen nicht nur in den USA, sondern auch in Europa der Hauptgrund für eine Lebertransplantation [2]. Ferner haben NAFLD-Patienten laut Prof. Wedemeyer “unabhängig vom Vorliegen einer Leberzirrhose ein deutlich erhöhtes Risiko für ein primäres Leberzellkarzinom”[3].

“Wir müssen jetzt handeln”

Fett- und zuckerreiche Ernährung und damit assoziiert erhöhte Blutfettwerte, metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus Typ 2 sowie bauchbetonte Adipositas sind die Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung einer NAFLD. Sie ist mithin, wie so viele andere auf dem Vormarsch befindlichen Erkrankungen, ernährungsbedingt.

Entsprechend muss der therapeutische ebenso wie der präventive Hebel exakt bei der Modifizierung der Ernährung ansetzen, “und zwar jetzt”. Ansonsten, so Prof. Wedemeyer weiter, sehen wir uns mit einer rasanten Zunahme an Leberzirrhose und Leberkarzinomen konfrontiert.

Aktuell sind zwar neue medikamentöse Therapieansätze spezifisch für Patienten mit einer Fettlebererkrankung in fortgeschrittener klinischer Entwicklung: “Erste Zulassungen werden für Ende 2024 erwartet”. Ungeachtet dessen wird die Grundlage jeder NAFLD-Therapie nach Aussage von Prof. Wedemeyer eine Ernährungstherapie bleiben: “Sie steht im Zentrum”.

Kalorienzufuhr drosseln

Eine gezielte Reduktion der Kalorienzufuhr und damit des Körpergewichts ist laut Prof. Wedemeyer “die erste, weil allerwichtigste Maßnahme”. Entsprechend empfiehlt die im April 2022 überarbeite DGVS-Leitlinie [4] als Basis der NAFLD-Behandlung auch eine Lebensstilmodifikation inklusive einer ausreichenden Kalorienreduktion.

Wie dies umgesetzt werden kann, beispielsweise mit einer mediterranen Ernährung oder strikter Einschränkung von Kohlehydraten, wurde auch spezifisch für Patienten mit Fettlebererkrankung untersucht. Eine randomisierte Studie aus Dänemark kommt aktuell zu dem Schluss, dass es sich bei High Fat und Low Carb nicht um die geeignete Strategie handelt [5]. “Sie hat keine langfristig anhaltenden Effekte und darüber hinaus konnten keine signifikanten Veränderungen für histologische Parameter festgestellt werden”.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es zumindest derzeit keine spezielle NAFLD-Diät gibt, die empfohlen werden kann. “Für alle, die für ihr Körpergewicht zu klein sind, hat eine Kalorienreduktion die höchste Relevanz – auf welchem Weg auch immer dies erreicht wird”. Denn durch die gedrosselte Kalorienzufuhr kommt es zur deutlichen Verbesserung der Fettleberhepatitis und eine Progression der Leberfibrose kann aufgehalten werden.

Aber: Vorsicht vor Mangelernährung

Prof. Wedemeyer verwies ausdrücklich darauf, dass es trotz Kaloriensparen sehr wichtig ist, abwechslungsreich zu essen und ausreichend Nährstoffe zu sich zu nehmen. Denn: “Auch der dicke Fettleberpatient kann durchaus mangelernährt sein”.

So benötigen vor allem NAFLD-Patienten mit einer Leberzirrhose genug Proteine. Des Weiteren muss gerade bei dieser Patientengruppe auf eine ausreichende Zufuhr von Mikronährstoffen wie ganz besonders dem Spurenelement Zink geachtet werden.

Für Kaffeeliebhaber hat der Gastroenterologie aus Hannover übrigens noch einen guten Tipp: das beliebte Getränk hat einen dosis-abhängigen positiven Effekt auf die Leber. “Der Konsum von Kaffee konnte in großen Kohorten-Studien mit einer Verbesserung von Markern der Leberentzündung und einem reduzierten Risiko für Leberzellkarzinome assoziiert werden”.

Literatur:

  1. Riazi K. et al. The prevalence and incidence of NAFLD worldwide: a systematic review and meta-analysis. The Lancet Gastroenterology & hepatology. 2022;7(9): 851–861.
  2. Belli L.S. et al. Impact of DAAs on liver transplantation: Major effects on the evolution of indications and results. An ELITA study based on the ELTR registry. Journal of Hepatology. 2018;69(4): 810–7.
  3. Anstee Q.M. et al. From NASH to HCC: current concepts and future challenges. Nature reviews Gastroenterology & hepatology. 2019;16(7): 411–428.
  4. Updated S2k Clinical Practice Guideline on Non-alcoholic Fatty Liver Disease (NAFLD); April 2022 – AWMF Registration No.: 021-025. Zeitschrift für Gastroenterologie. 2022;60(9): e733–e801.
  5. Hansen C. D. et al. Effect of Calorie-Unrestricted Low-Carbohydrate, High-Fat Diet Versus High-Carbohydrate, Low-Fat Diet on Type 2 Diabetes and Nonalcoholic Fatty Liver Disease : A Randomized Controlled Trial. Ann Intern Med. 2023 Jan; 176(1): 10–21.
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