KongressberichtWissenschaft trifft auf Hausarztpraxis

Hausärztinnen und Hausärzte werden tagtäglich mit Erkrankungen aus allen Teilgebieten der Medizin konfrontiert. Dies erfordert eine umfassende Weiterbildung, wie sie das Praxis update alljährlich bietet.

Eine Urtikaria kann, muss aber nicht Ausdruck einer Allergie sein.

Chronische Urtikaria: Quälender Juckreiz

Unter einer Urtikaria versteht man ein induziertes oder spontanes Auftreten von Quaddeln und /oder Angioödemen. Während Quaddeln durch eine zentrale Schwellung der oberen und mittleren Dermis und einem Erythem charakterisiert sind, Juckreiz bzw. Brennen hervorrufen und innerhalb von 24 Stunden verschwinden, ist das Angioödem, bei dem die Dermis und die Subkutis anschwellen, schmerzhaft und kann bis 72 Stunden anhalten.

Eine Urtikaria kann, muss aber nicht Ausdruck einer Allergie sein, wobei Medikamente und Nahrungsmittel am häufigsten sind. Seltener ist die durch physikalische Reize (Reiben, Kälte, Druck, Wärme, Licht, Vibration) induzierbare Urtikaria und die aquagene bzw. die Kontakt-Urtikaria.

Gibt es keinen Auslöser, so spricht man von einer spontanen Urtikaria. Hält diese länger als sechs Wochen an, so lautet die Diagnose chronische Urtikaria, die spontan oder induzierbar auftreten kann. Die chronische spontane Urtikaria, die nichts mit einer Allergie zu tun hat, tritt meist zwischen dem 20. Und 40. Lebensjahr auf, wobei die Lebenszeitprävalenz bei ca. zwei Prozent liegt.

Bei 60 Prozent der Patienten manifestiert sie sich nur in Quaddeln, bei 33 Prozent in Quaddeln und Angioödemen und bei sechs Prozent nur in Angioödemen. Die Quaddeln können über viele Jahre immer wieder auftreten, begleiten den Patienten aber nicht ein Leben lang.

Die Mastzellen sind die Schlüsselzellen bei der Pathogenese der urtikariellen Reaktion. Sie können durch exogene Allergene aber auch durch Autoantigene aktiviert werden, man spricht von einer autoimmunen bzw. autoallergischen Urtikaria. Aber auch chronische Infekte vor allem im Zahn-, Hals-Nasen-Ohren-Bereich oder im Magen-Darm-Trakt wie Helicobacter pylori können eine chronische spontane Urtikaria auslösen.

Dasselbe gilt für die nicht allergische Intoleranz gegenüber Konservierungs- und Farbstoffen in Lebensmitteln oder Medikamenten wie NSAR. In ca. 80 Prozent der Fälle gelingt es trotz intensiver Bemühungen nicht, die eigentliche Ursache zu finden. Es ist jedoch sinnvoll, verdächtige Medikamente wie Schmerzmittel abzusetzen und andere Trigger wie Stress zu vermeiden.

Da keine kausale Therapie zur Verfügung steht, bleibt nur die symptomatische Behandlung. Basistherapie sind Anthistaminika. Wegen der sedierenden Nebenwirkung sollten heute aber nur solche der 2. Generation (Desloratidin, Loratidin, Cetirizin, Levocetirizin, Fexofenadin, Ebastin, Rupatadin) eingesetzt werden.

Wenn nach zwei Wochen mit der Standarddosierung keine Besserung erreicht wird, sollte die Dosierung bis auf das vierfache erhöht werden. Für therapierefraktäre Fälle steht der monoklonale Antikörper gegen IgE, Omalizumab zur Verfügung (Zuberbier T et al., Deutsche S3-Leitlinie 2022, AWMF-Leitlinienregister (013-028) (Christiane Bayerl, Wiesbaden).

Schilddrüse: Übertherapie vermeiden

Eine neue Studie (Yamada S et al., Thyroid. 2023; 33:428-439) zeigt, dass durch die Anwendung alters- und geschlechtsspezifischer Referenzwerte von TSH die Zahl der fälschlicherweise als Schilddrüsen-krank diagnostizierten Patienten deutlich abnimmt. Ohne eine Anpassung der Referenzwerte werden viele Patienten unnötig behandelt.

Bei erstmals erhöhtem oder erniedrigtem TSH-Wert sollte bei normalem fT4 und fT3 keine dauerhafte Therapie eingeleitet werden. Der erste Schritt sollte vielmehr eine Wiederholung der Bestimmung nach zwei bis drei Monaten sein. Die Erfahrung zeigt, dass dann bei 50 Prozent der Wert normal ist.

Auch sollte man beachten, dass im höheren Alter das TSH physiologischerweise ansteigt, was auch bei der Therapieeinstellung zu bedenken ist, d.h. als Ziel-TSH sollte ein höherer Wert empfohlen werden (M. Fassnacht, Würzburg).

Wie sicher sind PPI?

In den letzten Jahren wurden vor allem in der Laienpresse Risiken und Nebenwirkungen der Therapie mit PPI ausgiebig diskutiert. In einer Studie (Bai AD et al., Jama Netw Open. 2023 Oct;6(10):e2339893) konnte gezeigt werden, dass die Kombination aus Ceftriaxon und Lansoprazol zu einer Verlängerung der QT-Zeit führen kann, welches den Nährboden für lebensbedrohliche ventrikuläre Arrhythmie bis hin zum akuten Herztod darstellt.

Dieses Risiko scheint bei anderen PPI nicht vorzuliegen. In einer anderen Studie (ASPREE-Studie) (Mehta RS et al., Gastroenterology. 2023Sep;165(3):564–572) fand sich kein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Demenz. Doch die Daten legen nahe, dass die Einnahme von PPI das Risiko für die Akquisition von resistenten Keimen erhöht (Willems RPJ et al., JAMA Netw Open. 2023 Feb 1;6(2):e230470).

Dagegen scheint die PPI-Einnahme für Schwangere auch im ersten Trimenon sicher zu sein (Choi A et al., JAMA Netw Open. 2023 Jan 3;6(1):e2250366) (Oliver Pech, Regensburg).

SGLT-2-Inhibitoren bei Frailty

Im Rahmen einer sekundären DAPA-HF-Studie, wurde die Wirksamkeit und Sicherheit des SGLT-2-Inhibitors Dapagliflozin bei älteren Frailty-Patienten untersucht. Im Gegensatz zu den oftmals geäußerten Bedenken hinsichtlich einer medikamentösen Übertherapie bei herzinsuffizienten Patienten mit Frailty zeigt die Studie, dass diese Patienten in einem besonderen Maß von dem SGLT-2-Inhibitor profitieren.

Damit konnte auch bei solchen Patienten die Rate an Krankenhausaufenthalten und auch die Mortalität gesenkt werden. Darüberhinaus konnte auch die Symptomlast und die Funktionalität verbessert werden, wobei der Effekt in der Gruppe mit dem Frailty-Index am stärksten ausgeprägt war (Butt JH et al., Ann Intern Med. 2022;175(6):820-830).

Diese Ergebnisse könnten darauf hinweisen, dass möglicherweise mit dem SGLT-2-Inhibitor die Progression der Frailty unterbrochen oder zumindest verlangsamt werden kann (Jürgen M. Bauer; Heidelberg).

Therapie der rheumatoiden Arthritis

Glukokortikoide (GC) sind in der Starttherapie der RA unverzichtbar. Die Dosis sollte jedoch spätestens nach acht Wochen den Low-Dose-Bereich erreicht haben und nach drei bis spätestens sechs Monaten sollte die GC-Therapie beendet sein. Doch bei diesem Punkt klafft eine große Lücke zwischen dem Anspruch und der Versorgungsrealität. Im Alltag werden 40-50 Prozent der RA-Patienten dauerhaft mit GC behandelt.

Ein Abbau der DMARD-Therapie insbesondere der Biologika sollte nur bei einer mindestens über sechs Monate anhaltenden stabilen Remission diskutiert werden. Es sollte eine gemeinsame Entscheidung von Arzt und Patient zugrunde liegen.

Eine unabdingbare Voraussetzung ist eine regelmäßige engmaschige Kontrolle, um im Falle eines “Flare” die Therapie sofort wieder intensivieren zu können. (Bernhard Hellmich, Kirchheim unter Teck)

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