Definition
Die Mukoviszidose (Zystische Fibrose) ist eine multisystemische Erbkrankheit aus der Gruppe der Stoffwechselstörungen. Mit einer Inzidenz von 1:3300 bis 1:4800 Neugeborenen in Deutschland, gehört sie zu den seltenen Erkrankungen [1].
Verantwortlich ist ein angeborener Defekt der Chloridkanäle in den Drüsenzellen, der zur Produktion von zähflüssigem Sekret führt, das nur schwer über die Atemwege und die Sekretwege anderer Organe abtransportiert werden kann.
Dies betrifft vor allem die Lunge und das Pankreas, eine Beteiligung der oberen Atemwege, der Leber, des Darms und der Geschlechtsorgane ist jedoch ebenfalls möglich.
Symptome
Die Störung der Chloridkanäle exokriner Drüsen führt zu einem zähflüssigen, hochviskösen Sekret. Es kommt dadurch zu Obstruktionen in den kleinen und mittleren Atemwegen, die häufige Atemwegsinfektionen verursachen. Die daraus resultierende chronische Entzündung führt zu einem fortschreitenden Lungenumbau mit Bronchiektasie und respiratorischer Insuffizienz.
Im Pankreas kommt es zu einer Zerstörung des exokrinen Pankreasgewebes. Die Symptome der exokrinen Pankreasinsuffizienz umfassen chronische Malabsorption, Steatorrhoe, Kachexie, Wachstumsstörungen und einen Mangel an fettlöslichen Vitaminen. Etwa 30 Prozent der Erwachsenen entwickeln im Verlauf der Erkrankung einen Diabetes mellitus Typ 3c.
Bis zu 20 Prozent der Neugeborenen weisen einen Mekoniumileus auf (nahezu pathognomisch für Mukoviszidose), und bei ca. 20 Prozent der Erwachsenen liegt ein distales intestinales Obstruktionssyndrom (DIOS) vor.
Zu den möglichen Komplikationen in den Gallengängen gehören Cholestase, rezidivierende Cholelithiasis, periportale Fibrose und, seltener, Leberzirrhose mit portaler Hypertonie. Bei Männern kommt es zur Azoospermie mit Infertilität. Bei Frauen hingegen ist die Fruchtbarkeit nur leicht eingeschränkt. Schließlich können Störungen der Knochenmineralisierung, salzhaltiger Schweiß und Depressionen auftreten.
Behandlung
Die Hauptbehandlungsstrategie hinsichtlich der pulmonalen Symptomatik umfasst die Entfernung des viskösen Sekrets mittels Mukolyse, Drainagelagerung und Klopfmassage und das Vermeiden von Atemwegsinfekten (vor allem Pseudomonas-Infektionen mit Tobramycin).
Die Pankreasinsuffizienz wird u.a. durch die Substitution von Pankreas-enzymen behandelt. Eine hochkalorische Nahrungssupplementierung mit Substitution der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K ist indiziert.
Die Wiederherstellung der CFTR-Funktion wurde erstmals mit der Zulassung von Ivacaftor (IVA) im Jahr 2012 für Patienten mit einer einzigen Variante im CFTR-Gen (G551D) ermöglicht [2]. Seitdem sind mehrere neue CFTR-Modulatoren zugelassen worden.
Mit dem Aufkommen von CFTR-Modulatoren, die auf pathogene Varianten in CFTR abzielen, hat sich das Behandlungsparadigma in Richtung Korrektur des zugrundeliegenden Defekts verschoben.
Seit August 2020 ist in Europa eine Kombination aus den drei CFTR-Modulatoren Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor (als Kaftrio bekannt) verfügbar, welche die Lungenfunktion und Lebensqualität von Patienten mit dem häufigsten Gendefekt (F508del) deutlich verbessert [3].
Die Therapie ist damit für fast 90 Prozent der Mukoviszidose-Patienten geeignet. Seit Anfang 2022 kann die Dreifachtherapie bei Kindern ab dem 6. Lebensjahr eingesetzt werden. Die Einleitung einer Therapie bei Patienten mit etablierter Krankheit kann das Fortschreiten der Krankheit zwar drastisch verlangsamen, jedoch nicht vollständig aufhalten.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Krankheit wird durch pathogene Varianten im CFTR-Gen auf Chromosom 7 ausgelöst, das für den Anionenkanal CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Regulator) kodiert. Es handelt sich um eine Krankheit mit autosomal-rezessivem Erbgang. In der Literatur werden über 2.000 bekannte allelische Varianten beschrieben. Krankheitsverursachende CFTR-Varianten sind in sechs Mutationsklassen eingeteilt [4].
- Klasse I: Fehlende Proteinsynthese (ca. 22 Prozent, u.a. G542X, W1282X und R553X)
- Klasse II: Beeinträchtigte Reifung und vorzeitiger Proteinabbau (ca. 88 Prozent, u.a. F508del, N1303K, I507del)
- Klasse III: Störung des Gatings (6 Prozent, u.a. G551D, S549N)
- Klasse IV: Defekte in der Ionenkanalpore (6 Prozent, u.a. D1152H, R347P, R117H)
- Klasse V: Verminderte Anzahl von CFTR-Transkripten aufgrund von Promotor- oder Spleißanomalien (5 Prozent, u.a. 3849+10kbC>T, 2789+5G>A, A455E)
- Klasse VI: Verstärkter Abbau in der Plasmamembran (u.a. rPhe508del)
Untersuchungen und Diagnose
Seit 2016 ist in Deutschland ein Neugeborenen-Screening auf Mukoviszidose verfügbar. Für eine definitive Diagnose sind mindestens ein klinischer Nachweis und der Nachweis einer CFTR-Dysfunktion erforderlich. Der klinische Nachweis umfasst eines der oben beschriebenen Symptome oder ein Geschwisterteil mit Mukoviszidose.
Der Nachweis einer CFTR-Dysfunktion erfolgt durch einen Schweißtest oder dem molekulargenetischen Nachweis von zwei Mukoviszidose verursachenden Varianten im CFTR-Gen. Alternativ ist eine Messung der transepithelialen nasalen Potenzialdifferenz verfügbar.
Krankheitsverlauf und Prognose
Der Verlauf der zystischen Fibrose wird von der Lungenbeteiligung und des Ernährungszustandes beeinflusst. Patienten mit pathogenen Varianten der Klassen I bis III sind in der Regel schwer betroffen, während Patienten mit pathogenen Varianten der Klassen IV bis VI einen milderen Phänotyp aufweisen.
Nach Zahlen aus dem Berichtsband 2022 liegt die Lebenserwartung eines Neugeborenen mit Mukoviszidose unter optimaler Diagnostik und Therapie, bei 60 Jahren [5]. Dies zeigt, dass Mukoviszidose keine Kinderkrankheit mehr ist. Heute erreichen doppelt so viele Patienten das Erwachsenenalter als noch vor 20 Jahren.
Prävention
Die Prävention der Mukoviszidose ist aktuell noch nicht möglich. Bei Neugeborenen mit zwei betroffenen Genkopien ist die Krankheit bereits bei Geburt in einigen Organen wie Pankreas und Leber vorhanden, entwickelt sich aber erst nach der Geburt in der Lunge. Gentherapeutische Ansätze befinden sich derzeit (2023) noch im Stadium präklinischer oder früher klinischer Forschung (Phasen 1 und 2).
Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.
Quellen:
1. Rath, Matthias, Najm, Juliane, Gilberg, Eberhard and Felbor, Ute. “Mukoviszidose: Screening im Neugeborenenalter und mutationsspezifische Therapieansätze” Medizinische Genetik, vol. 28, no. 3, 2016, pp. 355-375. https://doi.org/10.1007/s11825-016-0105-3
2. Condren ME, Bradshaw MD. Ivacaftor: a novel gene-based therapeutic approach for cystic fibrosis. J Pediatr Pharmacol Ther. 2013 Jan;18(1):8-13. doi: 10.5863/1551-6776-18.1.8. PMID: 23616732; PMCID: PMC3626070.
3. Middleton PG, Mall MA, Dřevínek P, Lands LC, McKone EF, Polineni D, Ramsey BW, Taylor-Cousar JL, Tullis E, Vermeulen F, Marigowda G, McKee CM, Moskowitz SM, Nair N, Savage J, Simard C, Tian S, Waltz D, Xuan F, Rowe SM, Jain R; VX17-445-102 Study Group. Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor for Cystic Fibrosis with a Single Phe508del Allele. N Engl J Med. 2019 Nov 7;381(19):1809-1819. doi: 10.1056/NEJMoa1908639. Epub 2019 Oct 31. PMID: 31697873; PMCID: PMC7282384.
4. Marson FAL, Bertuzzo CS, Ribeiro JD. Classification of CFTR mutation classes. Lancet Respir Med. 2016 Aug;4(8):e37-e38. doi: 10.1016/S2213-2600(16)30188-6. Epub 2016 Jul 1. PMID: 27377414.
5. https://www.muko.info/mukoviszidose/ueber-die-erkrankung/lebenserwartung