EditorialLieber Klasse statt Masse!

Liebe Leserinnen und Leser,

Überversorgung in der Medizin wird viel diskutiert, wobei sie im Einzelfall meist schwer zu erfassen und noch schwerer zu beweisen ist. Bei Arzneimitteln hat das AMNOG 2011 eine Wende eingeleitet, seitdem rückt die Nutzen-Schaden-Abwägung stärker in den Fokus. Das ist für andere Therapien oder Medizinprodukte noch selten. Initiativen wie „Choosing wisely“ aus den USA sind rar, unter den Fachgesellschaften geht seit Jahren die DEGAM beim Thema Über-/Fehlversorgung voran. Nach dem Motto „Klasse statt Masse“ hat sie sich zum Ziel gesetzt, Patienten vor Überversorgung zu schützen. Ende 2017 soll hierzu ihre erste Leitlinie erscheinen. Darin stellt die DEGAM Negativempfehlungen und Sondervoten zu Leitlinien spezialistischer Fächer zusammen. Warum ist dies gerade für Hausärzte so wichtig?

Anders als Fachärzte müssen Hausärzte davon ausgehen, dass spezifische Krankheiten oder Risiken nur eines von vielen Problemen ihrer Patienten sind. Gerade Screening-Empfehlungen, die sich an Spezialisten richten, um die in ihrem Fach vordergründigen Krankheiten zu detektieren, sind also für die „Breite“ in der Hausarztpraxis ungeeignet – und können eine Kette von Überdiagnostik und Übertherapie auslösen. Welche Auslöser gibt es sonst noch für eine Überversorgung?

Dafür gibt es viele Gründe: Unbestritten ist, dass es meist um viel Geld geht. Etwas wegzulassen, zu reduzieren oder nicht zu tun, wird in der Regel nicht bezahlt, das „Tun“ – gerade auch im Hinblick auf Tests und Gerätemedizin – hingegen schon. Lieber Klasse statt Masse! Darüber hinaus geben Leitlinien oft an, was man tun sollte und weniger, worauf man verzichten könnte. Hinzu kommt, dass Ärzte lang praktizierte Methoden häufig nicht mehr hinterfragen, obwohl neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Mitunter versprechen Tests auch Gewissheit, mit der man das eigene Handeln vermeintlich absichern kann. Dabei gerät leicht aus dem Blick, dass viele Tests die Unsicherheit vergrößern können, etwa durch falsch-positive Ergebnisse.

Nicht zuletzt fordern Patienten bestimmte Diagnostikverfahren und Therapien ein, weil sie im Internet und über Bekannte davon erfahren haben. Es braucht Mut und umfangreiches ärztliches Wissen, ihnen zu erklären, warum es in ihrem Fall sinnvoll ist, etwas nicht zu tun.

Überversorgung ist facettenreich und kann in der Praxis letztlich sogar fatale Konsequenzen haben, wie Martin Beyer vom Frankfurter Institut für Allgemeinmedizin in „Jeder Fehler zählt“ berichtet (ab S. 44). Und lesen Sie auch den von Matthias Thöns geschilderten spannenden Fall, in dem die PEG-Sondenernährung am Lebensende ohne Therapieziel vom Landgericht München als Übertherapie eingestuft wurde (ab S. 66). (ab S. 66)

Ihre

Dr. Monika von Berg, Chefredakteurin „Der Hausarzt“

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