KommentarDrei Test-Szenarien für Hausärzte

Wie wirkt sich die neue „Test-Verordnung“ für Hausärzte aus? Zu unterscheiden sind künftig wahrscheinlich drei Test-Konstellationen.

Rachenabstrich zum Test auf SARS-CoV-2.

Rückwirkend zum 14. Mai ist eine „Verordnung zum Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“ in Kraft getreten. Danach haben Versicherte Anspruch auf Leistungen der Labordiagnostik in definierten Fällen auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. Nach dem Gesetzestext dürfen solche Leistungen nur durch die zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) der Länder erbracht oder von diesen an „geeignete Dritte“ delegiert werden.

Das sind die Beweggründe

In der Begründung zur Verordnung wird klargestellt, dass die Regelung für alle GKV-Versicherten und auch Personen gilt, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Als Begründung für die Einbeziehung von z.B. privat Krankenversicherten, wird angegeben, dass deren private Krankenversicherungen die Testungen asymptomatischer Personen auf eine Infektion im Hinblick auf Coronavirus SARS-CoV-2 typischerweise nicht umfassen sowie dadurch auch Personen einbezogen werden, die nicht krankenversichert sind.

Der Anspruch, der sich aus der Verordnung ableitet, besteht allerdings nur auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit SARS-CoV-2. Tests auf Antikörper sind (zunächst) ausgeschlossen, da nach dem momentanen Stand der medizinischen Wissenschaft noch ungeklärt ist, inwieweit ein Antikörpernachweis mit dem Vorliegen einer Immunität korreliert.

Ziel der Maßnahme ist vielmehr, durch einen direkten Erregernachweis umfassender als bisher insbesondere Personengruppen direkt auf das Virus zu testen, bei denen noch keine Symptome für SARS-CoV-2 vorliegen, bei denen aber dennoch eine Infektion naheliegend erscheint oder bei denen eine hohe Gefahr besteht, dass sie oder andere Personen in ihrem Umfeld bei Infektion mit SARS-CoV-2 besonders gefährdet wären.

Wie wirkt sich das Gesetz auf den Praxisbetrieb aus?

Fall 1: Beim bisherigen Vorgehen und Leistungsabrechnung bei COVID 19-Verdachtsfällen und –Erkrankungen ändert sich nichts. Es bleibt dabei, dass COVID-19-Fälle in der Praxis, bei denen das Virus labordiagnostisch nachgewiesen wurde, mit dem Diagnoseschlüssel „U07.1G“ kodiert werden. Der Kode „U07.2G“ ist für „Verdachtsfälle“, bei denen eine klinisch-epidemiologische COVID-19-Erkrankung nach der Falldefinition des Robert Koch-Institutes (RKI) diagnostiziert wurde, eine SARS-CoV-2 Infektion mit einem Labortest aber nicht nachgewiesen wurde, zum Beispiel weil kein Test stattgefunden hat oder dieser negativ ausgefallen ist.

In beiden Fällen können Praxen weiter Abstriche zur Testung durchführen und an ein geeignetes Labor zur Auswertung überweisen. Der Abstrich wird mit der Grund- oder Versichertenpauschale abgerechnet. Zudem sollte die 32006 EBM angegeben werden, damit der Laborbonus nicht geschmälert wird. Alle Leistungen bei solchen Patienten können mit der Pseudonummer 88240 gekennzeichnet werden und unterliegen damit einer extrabudgetären Vergütung!

Fall 2: Die Verordnung ermöglicht – anders als bisher – Virustests bei asymptomatischen Patienten. Diese konnten Praxen bislang nicht testen, weil sie nicht die RKI-Kriterien erfüllten. Fälle, bei denen Hausärzte der Auffassung sind, dass keine Test-Indikation vorliegt, sind mit Hinweis auf die Verordnung ans Gesundheitsamt zu verweisen. Hausärzte werden wahrscheinlich besonders bei der Abklärung von Patienten einbezogen sein, die eine Risikomeldung durch die neue Corona-Warn-App erhalten haben.

Bereits zum 1. Juni wurde für die Kodierung asymptomatischer Personen, bei denen aber trotzdem ein Test erfolgte, welcher negativ ausfällt, die U99.0 eingeführt. Sie ist immer zusammen mit der Z11 anzugeben. Das gilt auch für Abstriche nach App-Warnungen: Hier soll der Kode lediglich auf die U07.1G geändert werden, wenn das Ergebnis positiv ist.

Fall 3: Darüber hinaus schafft die Verordnung die Voraussetzung für Reihentests zum Beispiel in medizinischen Einrichtungen, Pflegeheimen, Kitas oder Schulen. Diese werden vom Gesundheitsamt angeordnet. Die Ämter können die Tests selbst übernehmen oder hierzu Verträge mit Ärzten schließen. Hier könnten Hausärzte regional also sehr unterschiedlich betroffen sein. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung sind Abrechnungsvorgaben für Reihentests derzeit noch in der Abstimmung.

Fazit

Ab sofort müssen Hausärzte weiterhin entscheiden, ob sie bei einem Patienten selbst einen Test veranlassen können oder wegen fehlender Indikation zum Gesundheitsamt schicken müssen. Bleibt zu hoffen, dass diese auf die neue Situation vorbereitet sind. Eine Regressgefahr bei einer Fehlentscheidung ist unwahrscheinlich, da in beiden Fällen in etwa die gleichen Kosten für die Kassen entstehen.

Der Gesetzgeber hat die Einschränkung bei der Veranlassung der Tests bei asymptomatischen Patienten vermutlich vorgesehen, um eine übermäßige Ausweitung zu verhindern. Dieses Angebot, den ÖGD als „Bremser“ zu nutzen, sollten Hausärzte annehmen. Vorsicht ist allenfalls bei Privatpatienten geboten, insbesondere bei solchen, die ihre Erstattungen über die Beihilfe oder als Versicherte der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) und Postbeamtenkrankenkasse (PostB) erhalten. Hier ist es möglich, dass deren Kassen eine Kostenübernahme verweigern und diese Patienten uns Ärzten dann „böse“ sind. Der nun gebahnte Weg über den ÖGD mag umständlich sein, schützt diese Versichertengruppe aber vor einem solchen Schaden.

Offen ist die Frage der Auswirkung der Verordnung auf die Veranlassung von COVID-19-Antikörpertests. Ausgeschlossen werden sie durch die Verordnung nicht, sondern lediglich in dieses „Programm“ nicht eingeschlossen. Zwecks Antikörperbestimmung können wir folgerichtig keinen Patienten zum ÖGD schicken. Beachten sollte man aber auch hier die zum Abstrichtest parallelen Voraussetzungen: Nur wenn ein begründeter Verdacht auf eine Infektion oder eine abgelaufene Infektion besteht, sollte man einen solchen Labortest derzeit veranlassen und mit „U07.1“ oder „U07.2“ kennzeichnen. Wenn ein Versicherter nur wissen will, ob er Antikörper hat und sich deshalb in einer (zweifelhaften) Immunlage wägen will, muss er die Kosten selbst tragen.

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