KardiologieNeue Entwicklungen und Perspektiven

Auf den Dresdner Herz-Kreislauf Tagen wurden neue Entwicklungen zur Diagnose des kryptogenen Schlaganfalls und zur Diagnose und Behandlung der Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion vorgestellt. Zu Beginn wurde allerdings das Thema Big-Data und Telemedizin diskutiert.

“Big data ist, wenn man Fragen, die man eigentlich nicht beantworten kann, doch versucht zu beantworten”, so Stefan Anker, Berlin. Big Data erfasst große Datenmengen, bringt diese Daten miteinander in Verbindung und zieht daraus Rückschlüsse. Studien spiegeln oft nicht die Situationen im täglichen Leben wieder, weil sich die Studiensituation nicht auf das tägliche Leben übertragen lässt oder weil die Studien zu klein sind.

Um das Missverhältnis zwischen Realität und Studien aufzuheben, vermisst Big Data die Realität. So ist die durchschnittliche tägliche Gehgeschwindigkeit ein zulassungsfähiger Endpunkt für kardiologische Erkrankungen geworden. Mit Hilfe von Smartphones können heute diese Informationen leicht gewonnen werden. Die Schlussfolgerungen sind zwar mit einem Fehler von mindestens 25 Prozent behaftet, was aber nicht so problematisch ist, da es bei Big-Data um Populationen geht und nicht um einzelne Menschen. Big Data ist mit anderen Worten die Frage nach dem Durchschnitt, also der Allgemeinheit, nicht dem einzelnen Patienten.

Eine erfolgreiche deutsche Studie zu den Möglichkeiten von Big Data und Telemedizin ist die Studie TIM HF2, an der 1.500 Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter oder erhaltener Pumpfunktion teilgenommen haben. Primärer Endpunkt war die prozentuale Reduktion der Lebenszeit mit hoher Qualität. Die Telemedizin konnte den Verlust an Lebenszeit mit hoher Qualität um 20 Prozent senken, die Gesamtsterblichkeit um 30 Prozent und die kardiovaskuläre Sterblichkeit um 33 Prozent. Die Compliance war hoch: Mehr als 80 Prozent der Patienten waren mit den Geräten zufrieden. Ein großes Problem solcher Studien ist der hohe Personalaufwand. Um eine Wirkung auf die gesamte Population zu entwickeln, müssten in der Zukunft automatische Betreuungsmethoden mit Hilfe von computergesteuerten Telefonaten entwickelt werden.

Kryptogener Schlaganfall

Eine Subgruppe der kryptogenen Schlaganfälle sind embolische Schlaganfälle mit ungeklärter Ursache (ESUS), so PD Dr. Möbius-Winkler. Es handelt sich um nicht lakunäre Hirninfarkte ohne Stenose der großen Arterien, die in der Bildgebung embolisch wirken. Ihre Rezidivrate ist verhältnismäßig hoch, daher ist eine möglichst genaue Diagnose wichtig. Neurologen empfehlen Diagnostik mit CT und MRT um die ischämische Läsion zu zeigen, 12-Kanal-EKG, transthorakales Echo, 24-Stunden-EKG und eine Echountersuchung der extra- und intrakraniellen Gefäße. Nach Aussage des Referenten sei das nicht ausreichend.

In Studien nimmt mit der Dauer des Langzeit-EKGs die Zahl der identifizierten Patienten mit Vorhofflimmern zu. Bei einer Überwachung über drei Jahre wird beispielsweise bei 30 Prozent der Patienten Vorhofflimmern identifiziert, daher sollte mindestens ein 30-Tage-EKG durchgeführt werden. Die American Society of Echocardiography empfiehlt, die unklare Ursache eines Thrombus mit Transthorakalem Echokardiogramm (TTE) zu untersuchen. Bei hohem Echo-Kontrast lag vermutlich ein Thrombus vor und es sollte entsprechend behandelt werden. Jedoch ist das TTE nur bei der Detektion von Linksventrikulären Thromben überlegen, sonst ist es der Trans-ösophagealen Echokardiographie (TEE) unterlegen. Daher ist das TEE vorzuziehen.

ASS ist das Medikament der Wahl

Nach wie vor ist ASS das Medikament der Wahl: Laut der Navigate-ESUS-Studie verhindert Rivaroxaban Schlaganfälle nicht besser als ASS, verursacht aber vermehrt Blutungsereignisse, aufgrund derer die Studie abgebrochen wurde. Die RESPECT ESUS-Studie untersucht ASS versus Dabigatran: Bisher bekannt gewordene Daten zeigen, dass Dabigatran dem ASS nicht signifikant überlegen war und die Blutungsrate gleich war. Hier bleibt die Publikation abzuwarten.

Prof. Burkert Pieske, Berlin, betont, die Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) sei ein Problemkind, weil es für die Patienten – immerhin 50 Prozent der Herzinsuffizienz-Patienten – keine leitliniengerechte und nachweisbar wirksame Therapie gebe und auch die Diagnose schwierig sei. Nach der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) liegt Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion bei einer Ejektionsfraktion (EF) von > 50 Prozent vor, die jedoch auch andere Ursachen haben kann. Daher hat die ESC einen vierstufingen Algorithmus erarbeitet, mit dem der Hausarzt solche Patienten einstufen kann.

Trotzdem ist nach Daten des Referenten bei etwa 20 Prozent der Patienten die Diagnose unsicher. Bei diesen Patienten sollte ein Belastungstest durchgeführt werden, denn bei Belastungsdyspnoe kann das EKG in Ruhe zwar aussagekräftig sein, ist aber nicht immer ausreichend. Nach dem Echokardiogramm unter Belastung sollte noch die Hämodynamik invasiv (mind. Rechtsherzkatheter) und unter Belastung untersucht werden. Zum Schluss muss die Ätiologie geklärt werden.

RAS-Inhibitoren wirken umso besser, je näher die EF an die 40 Prozent kommt, aber bei HFpEF nicht so gut wie bei HFrEF. Trotzdem sollten vorhandene Risikofaktoren mit RAAS-Inhibitoren kontrolliert werden. Nach den ESC-Leitlinien sollten Risikofaktoren sehr gut behandelt werden und die Symptome mit Schleifendiuretika kontrolliert werden.

Verschiedene Behandlungsoptionen werden derzeit untersucht: Sacubitril/Valsartan kann den Spiegel von natriuretischen Peptiden, wie BNP, erhöhen und so das Herz schützen. In einer Studie mit Empaglifuzin an Diabetikern ohne Herzinsuffizienz traten deutlich weniger Fälle von Herzinsuffizienz auf. Daher wird in mehreren Phase-III-Studien untersucht, ob SGLT2 Hemmer das Risiko für Herzinsuffizienz senken.

In einer zweiten Studie wird die Wirkung von Spironolacton versus Placebo untersucht, nachdem eine erste Studie erfolglos blieb, weil ein großer Teil der Patienten die Medikation nicht eingenommen hat. Weitere Optionen sind Vericiguat, das die cGMP-Spiegel in Herzmuskelzellen steigert und normalisiert und die Lebensqualität zu steigern scheint, Druckentlastung durch einen Stent und intravenöses Eisen bei Eisenmangel.

Quelle: Dresdner Herz-Kreislauf Tage: Neue Entwicklungen, neue Perspektiven, aktuelle Studien”, 2019

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