ArzneimittelArzneireform: Das kommt auf Ärzte zu

Nach den jüngsten Skandalen um verunreinigte Arzneimittel will die Regierung nun die Aufsicht über die Arzneiversorgung verschärfen. Das Gesetz beinhaltet aber auch einige Änderungen für Hausärzte in der Praxis.

Künftig sollen Apotheker Arzneien auch nach reiner Fernbehandlung abgeben dürfen.

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Aufsicht über den Arzneimittelmarkt verschärfen. Werden Qualitätsmängel oder Fälschungen bei Medikamenten vermutet, sollen die Bundesbehörden, insbesondere das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul Ehrlich Institut (PEI), härter durchgreifen können (s. Kasten).

Das geht aus dem Entwurf für das „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV) hervor, dem das Bundeskabinett am Mittwoch (30.1.) zugestimmt hat. Darüber hinaus finden sich einige weitere Maßnahmen im Gesetz, die sich direkt auf Ärzte in der Praxis auswirken werden.

Mit diesen Änderungen müssen Ärzte rechnen

So sollen Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband bis Anfang 2020  festlegen, was eine elektronische Verordnung voraussetzt. Der Entwurf nennt zum Beispiel eine „qualifizierte elektronische Signatur“ als einen Aspekt. Das sogenannte E-Rezept erfordert auch Änderungen für die Apotheker.

Sie sollen künftig verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben dürfen, auch wenn zuvor eine ausschließliche Fernbehandlung stattgefunden hat. Zudem muss die Gesellschaft für Telematik (Gematik) bis 30. Juni 2020 die nötigen Spezifikationen und Zulassungsverfahren für die Technik E-Rezepte beschließen. Verschreibungspflichtige Medikamente sollen dabei nur der Anfang sein, folgen sollen die Verordnung von Klinikbehandlungen, Heil- und Hilfsmitteln sowie Betäubungsmitteln.

Endlich Klarheit bei Wundauflagen?

Mit der Arznei-Reform will Spahn auch den Disput mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) um die Versorgung mit Verbandmitteln klären. Der G-BA hatte 2018 einen Vorschlag zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten der Wundversorgung gemacht, um Ärzten die Verordnung und die Übersicht über die Vielzahl der Produkte zu erleichtern. Doch das Ministerium fürchtete, dass die Kassen dann antimikrobielle Wundprodukte nicht mehr bezahlen würden, und beanstandete daher die Richtlinie des G-BA.

In Paragraf 31 Abs. 1a S. 2 SGB V will der Gesetzgeber die Definition von Verbandmitteln nun verfeinern. Dort soll es künftig heißen: „Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend oder antimikrobiell ist.“

Der G-BA muss daher voraussichtlich bis Mitte 2020 seine Vorgaben nochmals überarbeiten. Für Ärzte soll dann eine Übergangsphase bis Mitte 2021 gelten: Bis dahin können sie noch Verbandmittel verschreiben und auf Kassenkosten abrechnen, wenn diese Leistung vor dem 11. April 2017 bereits erbracht wurde. Die Produktvielfalt bei Wundauflagen mit erheblichen Preisunterschieden führt gerade bei Hausärzten immer wieder zu Regressforderungen, da die Studienlage zu vielen Produkten bescheiden ist. Wie sich Hausärzte vor einem Regress schützen können, dazu hat Allgemeinmediziner Dr. Stephan Fuchs von der Universität Halle in „Der Hausarzt“ einige Tipps gegeben.

Verordnungsquoten für Biosimilars

Eine weitere Neuerung betrifft den Einsatz von Biosimilars: Hierzu sollen Kassenärztliche Vereinigungen (KV) und Krankenkassen auf Landesebene künftig Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele vereinbaren, heißt es im Gesetzentwurf. Denn Biosimilars sind in der Regel günstiger als Biologika. Regional verordnen Ärzte sie aber sehr unterschiedlich, da Wirksamkeit und Sicherheit vielen nicht vertraut sind.

Der G-BA soll daher bis etwa Mitte 2020 eine Richtlinie zur Austauschbarkeit von Biosimilars erarbeiten, die festlegt welche Biologika gegen Biosimilars ausgetauscht werden können. Bislang greift die „aut idem“-Regelung bei Biosimilars nicht, da diese den Originalpräparaten zwar ähnlich sind, aber nicht gleich – und deshalb nicht als Generikum gelten.

Folgerezept für Cannabis wird einfacher

Entbürokratisieren will Gesundheitsminister Spahn die Verordnung von Cannabis. Hat die Krankenkasse einmal die Therapie für einen Patienten genehmigt, so müssen sie nicht erneut die Zustimmung einholen, wenn der Arzt zum Beispiel die Dosierung der Blütensorte oder des Extrakts wechseln möchte. Zudem werden die Bearbeitungsfristen angeglichen: Erfolgt der Antrag auf Cannabistherapie im Anschluss an eine stationäre Behandlung, sollen auch hier die Kassen künftig innerhalb von drei Tagen über den Antrag entscheiden müssen.

Mehr Transparenz über AWB-Teilnahme

Offengelegt werden soll in Zukunft die Beteiligung von Ärzten an Studien zur Anwendungsbeobachtung (AWB) von Arzneimitteln. Neben der Lebenslangen Arztnummer (LANR) sollen Betriebsstättennummer und Praxisadresse an die Bundesbehörden, Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband gemeldet werden. Denn nicht alle Ärzte hätten in der Vergangenheit der Veröffentlichung ihrer AWB-Teilnahme zugestimmt. Dies sei für Patienten aber von Interesse, da ihre Behandlung Teil der Studie sein könnte, heißt es als Begründung im Gesetzentwurf.

Nach derzeitigem Plan soll die Arznei-Reform Mitte 2019 in Kraft treten. Der Bundesrat muss nicht zustimmen. „Patienten müssen sich sicher sein können, dass Arzneimittel ihnen helfen und nicht schaden“, kommentierte Spahn das Ziel des Gesetzes. Anlass dafür sind die jüngsten Skandale um gefälschte, gepanschte oder verunreinigte Medikamente, die etwa das Unternehmen Lunapharm oder den Blutdrucksenker Valsartan betreffen.

SPD-Fraktionsvize Prof. Karl Lauterbach sprach sich für eine weitergehende Bündelung aus. Arzneimittelsicherheit und die Kompetenz, Rückrufe anzuordnen, seien „klassische Bundesaufgabe“. Auch die FDP-Expertin Christine Aschenberg-Dugnus sagte, eine bessere Koordination der Landesbehörden reiche nicht. Gebraucht werde eine zentrale Aufsicht, angesiedelt beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Mit Material von dpa

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