DGU-Kongress 2018Urologie braucht das Querdenken

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie bewies auf ihrem Jahreskongress von 26. bis 29. September in Dresden erneut, dass die Urologie eine hoch spezialisierte und innovative Disziplin ist. Wir haben für Sie jene Themen ausgewählt, die für die hausärztliche Versorgung von Frauen und Männern mit urogenitalen Erkrankungen von besonderer Bedeutung sind.

Anticholinerge Nebenwirkungen beachten

Zu den potenziellen Nebenwirkungen anticholinerger Medikamente gehört nicht nur die sehr häufige Mundtrockenheit und Obstipation, sondern auch orthostatische Hypotonie, Muskelschwäche mit Sturzneigung und zentralnervöse Symptome wie Sedierung, kognitive Defizite, Verwirrtheitszustände bis hin zu Halluzinationen und Delir einschließlich lebensbedrohlicher vegetativer Entgleisungen.

Ältere und multimorbide Menschen scheinen gegenüber solchen Nebenwirkungen besonders vulnerabel zu sein und den einschlägigen Leitlinien zufolge sind vor jeder medikamentösen Behandlung von Demenz oder Verwirrtheitszuständen – als erste therapeutische Maßnahme – anticholinerge Medikamente abzusetzen.

Um das Ausmaß und die Verbreitung anticholinerger Nebeneffekte der medikamentösen Behandlung älterer Menschen mit hyperaktiver Blase abzuschätzen, führten Forschende der urologischen und geriatrischen Kliniken der Uni Witten/Herdecke eine prospektive, offene Beobachtungsstudie durch.

936 Patienten ≥ 65 Jahre, die in urologischen Praxen in Behandlung waren, wurden dafür rekrutiert. Etwa die Hälfte der Patienten nahm eine anticholinerge Medikation ein. Bei jedem Zehnten dieser Patienten lag der anticholinerge Belastungsscore (ACB) bei ≥ 3, das heißt in der höchstmöglichen Risikogruppe.

Bei älteren Patienten mit hyperaktiver Blase, bei denen nicht-medikamentöse Maßnahmen alleine nicht ausreichen, empfiehlt Prof. Andreas Wiedemann, Witten, die Verwendung eines nicht ZNS-gängigen Anticholinergikums.

Antivirulente Potenz von Pflanzenpräparaten

“Der unvernünftige Einsatz von Antibiotika hat maßgeblich zur Entwicklung multiresistenter Erreger beigetragen”, konstatiert Dr. Guiseppe Magistro, Urologe und Infektiologe am Klinikum der Universität München. Da die Entwicklung neuer Antibiotika stagniert, droht Magistro zufolge nun eine Zukunft, in der mehr Menschen an Infektionen durch multiresistente Keime sterben werden, als durch onkologische Erkrankungen.

Wirksame antivirulente Therapien als Alternative zur Antibiose wären dringend nötig, und möglicherweise könnten Phytopharmaka hier bereits heute eine wichtige Rolle spielen. Magistro und Mitforschende untersuchten die Wirkung potenziell antimi-krobieller Substanzen aus Phytopharmaka auf neun harnwegspathogene Bakterienarten. Rosmarinextrakt hemmte dabei das Wachstum von E. coli, Klebsiella spp., Proteus mirabilis, Pseudomonas aeruginosa und Citrobacter spp..

Hemmende Effekte auf die Adhäsionsfähigkeit von E. coli, Klebsiella spp. und Serratia zeigten sich wiederum für D-Mannose, Proanthocyanidine aus Cranberrys sowie für den Senfölglykosidmetaboliten Allylisothiocyanat (AITC), der unter anderem in Senf, Meerrettich und Wasabi vorkommt.

Thiocyanate beeinträchtigten auch die Motilität von E. coli, Klebsiella spp. und Proteus mirabilis. Thiocyanate und ihre Vorläufer sind in den genannten senfölglykosidhaltigen Nahrungsmitteln in besonders hohen Konzentrationen vorhanden, aber auch in Kohl.

Durch eine laktovegetabile Kost werden dem Körper insgesamt reichlich Thiocyanate zugeführt. Magistro und Kollegen verwenden ihre Ergebnisse als Grundstock für einen Erreger-Atlas, der eine spezifische Auswahl antimikrobieller Phytopharmaka ermöglicht, orientiert an dem Erreger, der dem Harnwegsinfekt zu Grunde liegt.

Neurogene Blasenfunktionsstörung

Eine Schweizer Studie zeigte, dass die primäre Behandlung von afebrilen Harnwegsinfekten auch bei Patienten mit neurogener Blasenfunktionsstörung unter bestimmten Voraussetzungen zunächst ohne Antibiotika erfolgen kann. Bei febrilen Infekten und bei Patienten, deren Symptome über 48 Stunden persistierten, wurde eine resistenzgerechte Antiobiose begonnen.

Medikamente können PSA verfälschen

Eine ganze Reihe nicht-urologischer Medikamente können den PSA-Wert senken. Dazu zählen beispielsweise Metformin, Insulin und andere Antidiabetika sowie ACE-Hemmer. Nachgewiesen wurde dieser Zusammenhang in der PROBASE-Studie mit mehr als 13.000 Probanden.

Nykturie der Frau: An Prolaps denken

Fast ein Drittel aller Frauen mit klinisch relevantem vaginalem Prolaps haben nachts vermehrten Harndrang. Besonders bei apikalem Prolaps ist die Nykturie ein häufiges Begleitsymptom. Durch eine vaginale Rekonstruktion kann bei einem Großteil der betroffenen Frauen zumindest eine Linderung und bei mehr als der Hälfte sogar eine komplette Remission der Symptome erreicht werden.

Abschied von der Kastanie

Die Früchte des Feldes und des Waldes mögen Herz und Gaumen in vielerlei Hinsicht erfreuen; als Volumenmaßstab für allerlei Pathologien sind sie in der Regel ungeeignet. Aus vier urologischen Zentren kam nun, pünktlich zum Herbst, im Brustton der Überzeugung und irgendwie auch sportlich, der längst fällige Abgesang an die Kastanie.

Als viel bemühte Vergleichsgröße zur Illustration des Volumens einer normalen Prostata im Patientengespräch sei sie obsolet. Ein Blick in den Herbstwald genügt, um jegliche Zweifel an der allzu großen Varianz der Fruchtvolumina bei der Gattung Aesculus restlos in alle Winde zu zerstreuen.

Der Gegenstand, den die Urologen nun als Alternative vorschlagen, birgt zwar ein gewisses Nebenwirkungsrisiko, nämlich die Beförderung von Klischees zu vermeintlich standestypisch elitären Sportarten, aber Sie müssen mit Ihrem Patienten ja nicht gleich ausführlich über Ihr aktuelles Handicap plaudern.

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