Impfempfehlungen Welche Impfungen braucht die Altersgruppe 60+?

Ältere Menschen sind besonders häufig von Infektionskrankheiten betroffen. Umso wichtiger ist ein adäquater Impfschutz. Folgende Impfungen werden für diese Altersgruppe empfohlen.

Impfungen haben einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Lebenserwartung geleistet, da sie zu einem Rückgang von Infektionserkrankungen und zu einer Reduktion der infektionsbedingten Mortalität geführt haben. Infektionskrankheiten sind auch im höheren Alter häufig. Ursächlich sind die Immunseneszenz, eine veränderte Mikroflora, eine reduzierte biologische Aktivität der Medikation, Multimorbidität und soziale Veränderungen im Alter. Letztere umfassen einerseits eine erweiterte Reisetätigkeit der fitten Senioren und andererseits die Bildung von Clustern der stärker beeinträchtigten Senioren z. B. in Altersheimen. Beides führt zu einer erhöhten Exposition gegenüber Infektionserregern bei einer reduzierten Immunantwort.

Impfempfehlungen 2020

Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut umfassen für die Altersgruppe 60+ neben den regelmäßigen Auffrischungen des Tetanus- und Diphtherieschutzes alle 10 Jahre (ein- malig kombiniert mit der Pertussis-Vakzine) die Pneumokokken-Impfung sowie die jähr- liche Influenza-Impfung mit einer quadrivalenten Vakzine. Ferner wird die Impfung gegen Herpes zoster mit einem adjuvantierten Totimpfstoff empfohlen (Tab. 1).

Influenza-Impfung

Die Virusgrippe wird durch Influenza-A- und -B-Viren verursacht. Die Influenza ist die Infektionskrankheit mit der höchsten bevölkerungsbezogenen Mortalität. Rund 90 Prozent der Todesfälle entfallen auf die Altersgruppe ab 60 Jahren. Die hohe Krankheitslast der Influenza ist bei Älteren vor allem durch Infektionen mit Influenza A(H3/N2) bedingt [2].

Während die Influenza-Impfung für alle Menschen ab 60 Jahren als Standardimpfung empfohlen wird, ist sie für Bewohner von Senioren- und Pflegeheimen eine Indikationsimpfung.

Die STIKO empfiehlt, grundsätzlich die quadrivalente Influenza-Vakzine (QIV) zu verwenden. Dieser Impfstoff enthält neben zwei Influenza-A-Stämmen, typischerweise A(H1/N1) und A(H3/N2), auch beide Influenza-B-Virusstämme (Yamagata und Victoria). Impfstoffe mit einem erhöhten Antigengehalt [3] oder einem Adjuvans [4] verstärken die immunogene Wirkung und zeigen eine verbesserte klinische Effektivität trotz Immunseneszenz im höheren Alter. Mittlerweile steht auch eine gänzlich in Zellkultur hergestellte QIV zur Verfügung, die eine höhere Wirksamkeit verspricht [5].

Bedingt durch die Immunseneszenz ist die Effektivität der Influenza-Impfung im Alter geringer als bei jüngeren Menschen. Daher bietet sie älteren Menschen keinen hundertprozentigen Schutz, bewahrt jedoch deutschlandweit etwa 400.000 der über 60-Jährigen vor einer Grippeinfektion und beeinflusst im Fall einer Infektion trotz Impfung den Krankheitsverlauf günstig.

Leider ist nur jeder dritte Deutsche über 60 Jahren gegen Grippe geimpft. Hohe Impfraten von 75 Prozent in der Bevölkerung und beim medizinischen Personal könnten den passiven Schutz der Älteren deutlich verbessern. Die saisonale Grippeimpfung ist nach wie vor eine wirksame Prophylaxe.

Herpes-zoster-Impfung

Seit Mai 2018 ist ein adjuvantierter Totimpfstoff auf Basis eines Subunit-Antigens gegen Herpes zoster verfügbar. Im Dezember 2018 hatte die STIKO die Standardimpfung mit diesem Impfstoff für Personen ab 60 Jahren und die Indikationsimpfung für Personen mit schwerer Grundkrankheit (z. B. Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz) ab 50 Jahren empfohlen [6].

Der Totimpfstoff besteht aus dem Glykoprotein E als Antigen und dem Wirkverstärker AS01, einer Kombination von Mono-Phosphoryl-Lipid A und Saponin. Die Kombination mit Adjuvanzien führt nach zwei intramuskulär applizierten Dosen zu einer starken und langanhaltenden Immunantwort. Die Schutzrate gegen Herpes zoster beträgt in allen untersuchten Altersgruppen über 90 Prozent, bei den unter 70-Jährigen sogar 97 Prozent. Wenn gegen Herpes zoster geimpfte Menschen trotzdem erkranken, entwickeln sie selten eine Post-zoster-Neuralgie. In der Zulassungsstudie kam dies bei unter 70-jährigen Geimpften gar nicht vor [7, 8].

Häufigste Nebenwirkung sind Lokalreaktionen. In einer Untersuchung nach Markteinführung wurden 837 Fälle von Herpes-zoster-Erkrankungen nach der Totimpfung berichtet – entsprechend 2,2 berichtete Fälle pro 100.000 Impfdosen [9]. Bei einem Teil der Fälle handelt es sich um Impfversager. Möglich wäre aber auch, dass es in sehr seltenen Fällen durch die Impfung zur Reaktivierung des Virus kommt.

Vermutlich profitieren Patienten, die bereits an einem Herpes zoster erkrankt sind, ebenfalls von einer Impfung, die Datenlage hierzu ist jedoch begrenzt. Evidenzbasierte Empfehlungen zum Mindestabstand der Impfung nach einer Zoster-Erkrankung sind gegenwärtig nicht möglich. Wenn bei Patienten mit hohem Risiko für Zosterrezidive eine Impfung geplant ist, sollte nach Meinung der Autoren ein Mindestabstand von 6 Monaten nach dem vorausgegangenen Zoster eingehalten werden.

Studien zeigen, dass die Anwendung des Herpes-zoster-Totimpfstoffs bei Personen, die zuvor mit dem Lebendimpfstoff geimpft wurden, sicher ist und eine adäquate Immunantwort auslöst, wenn zwischen den Verabreichungen ein Zeitraum von mindestens 5 Jahren liegt [6]. Wegen der begrenzten Wirksamkeit des Lebendimpfstoffs insbesondere bei über 70-Jährigen sollten Personen, die vorher mit Lebendimpfstoff geimpft wurden, 5 Jahre nach der Lebendimpfung zusätzlich mit dem Totimpfstoff geimpft werden.

Fazit

  • Ältere Menschen haben ein erhöhtes Risiko für Infektionskrankheiten. Die aktuellen Impfempfehlungen der STIKO sollten daher konsequent umgesetzt werden.
  • Trotz eingeschränkter Impfeffektivität bietet auch die jährliche Grippeimpfung einen relevanten Infektionsschutz.
  • Der adjuvantierte Herpes-zoster-Totimpfstoff zeigt auch im hohen Alter eine Wirksamkeit von über 90 Prozent.

SERVICE

Alle Autoren sind Mitglieder der AG Impfen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie. Informationen rund ums Impfen sind über die Homepage der Gesellschaft unter https://hausarzt.link/T6wWk frei verfügbar.

Quelle: (modifiziert nach [1])

Literatur unter www.hausarzt.digital

Mögliche Interessenkonflikte: A. Kwetkat: Forschungsförderungen von Pfizer und der Robert-Bosch-Stiftung sowie Vortragshonorare von Pfizer, MSD, Novartis, Daiichi-Sankyo und Bristol-Myers Squibb. Beratertätigkeit in Advisory Boards für Pfizer, Seqirus und GlaxoSmithKline. H.J. Heppner: Forschungsförderungen von Pfizer, Innovationsfonds GB-A und Robert-Bosch-Stiftung sowie Vortragshonorare von Pfizer, Novartis und AO-Trauma Europe. A.S. Endres hat keine deklariert. A. Leischker: Beratertätigkeit in Advisory Boards für Sanofi und GlaxoSmithKline.

Koautoren:

Prof. Dr. med. Hans Jürgen Heppner, Helios Klinikum, Schwelm und Lehrstuhl Geriatrie der Universität Witten-Herdecke, Dr. med. Anne-Sophie Endres, Evangelisches Geriatrie Zentrum Berlin, Dr. med. Andreas Leischker, Klinik für Geriatrie, Alexianer Krefeld GmbH, und Klinik für Geriatrische Rehabilitation, Alexianer Tönisvorst GmbH

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