ImmunisierungHerpes Zoster-Impfung im Praxisalltag

Die Behandlung von Herpes Zoster kann eine Herausforderung darstellen – insbesondere wenn Komplikationen auftreten. Die Impfung ist daher eine gute Sache, erfordert jedoch eine eingehende Aufklärung der Patienten.

So gut wie alle über 50-Jährigen hatten in ihrer Jugend eine Varizellen-Infektion und sind seitdem latent mit dem Virus infiziert, welches in den sensorischen Ganglien persistiert. Viele Jahre später kann es, etwa aufgrund einer Immunschwäche, zu einer Reaktivierung der Viren kommen, die sich als Herpes Zoster (HZ) manifestiert. “Probleme bereiten uns vor allem die Komplikationen, allen voran die Post-Zoster-Neuralgie”, erklärte Dr. Silvia Maurer, Bad Bergzabern.

Denn während die Effloreszenzen nach einiger Zeit wieder abheilen, leiden die Patienten unter der Post-Zoster-Neuralgie (PZN) häufig über mehrere Jahre.

Weitere schwere Komplikationen sind Sehstörungen oder der Sehverlust nach HZ ophthalmicus (HZO) sowie die Gesichtsnervenparese und die akute Zoster-Enzephalitis. “Auch der postherpetische Juckreiz kann die Patienten zur Verzweiflung bringen”, berichtete die Algesiologin.

Fallbeispiel:

Maurer schilderte den Fall einer 65-jährigen Frau, die aufgrund eines schweren HZ mit Neuralgie (V1/2 links) und Keratokonjunktivitis herpetica in stationärer Behandlung gewesen war.

Mit der Empfehlung zweimal täglich Umschläge mit einem Antiseptikum zu machen, wurde sie entlassen. Doch die starken Schmerzen hielten an und die Patientin stellte sich im März 2014 mit großem Leidensdruck bei Dr. Maurer vor.

Auf der Numerischen Rangskala (NRS, 0 bis 10) ordnete sie ihren Schmerz bei 7 ein. Sie litt insbesondere unter einer gesteigerten Empfindlichkeit auf Schmerzreize (Hyperalgesie) sowie auf geringfügige, physiologische Reize (Allodynie), die selbst das Waschen des Gesichts oder das Haare-Kämmen zur Qual machten.

Zudem waren bei der Erstanamnese noch Resteffloreszenzen sichtbar. “Hyperalgesie und Allodynie stellen die Kardinalsymptome neuropathischer Schmerzen dar”, erinnerte Maurer.

Die Patientin erhielt Pregabalin (75 mg 1-0-1), Hydromorphon (24h retardiert, 16 mg alle 24h) und Duloxetin (30 mg 1-0-0). Zudem wurde sie akupunktiert und nach Abheilen der Effloreszenzen mit Lidocain-Pflaster bzw. -Gel für den behaarten Kopf versorgt.

Die Referentin wies darauf hin, dass Duloxetin nur für die Therapie einer diabetischen Polyneuropathie, nicht jedoch bei PZN zugelassen ist. In diesem Fall konnte sie die Verordnung jedoch mit einer rezidivierenden depressiven Episode rechtfertigen.

Im Jahr 2019 stellte sich die Patientin erneut vor: Die Schmerzen hatten sich gebessert, sie nahm weiterhin Duloxetin sowie in reduzierter Dosis Pregabalin (25 mg 1-0-1) und Hydromorphon (24h retardiert, 4 mg alle 24h).

Anstelle des wirkungslos gewordenen Lidocain-Gels erhielt sie nun Ambroxol-Creme. Eine zusätzliche Tragik erhielt der Verlauf insofern, als die Patientin auf dem linken Auge infolge der Keratokonjunktivitis herpetica mittlerweile fast erblindet ist.

Impfung kann umfassenden Schutz bieten

Mit dem Ziel, Herpes Zoster samt seinen Komplikationen und Spätfolgen zu verhindern, empfiehlt die STIKO seit Dezember 2018 die Impfung mit dem adjuvantierten Herpes zoster-subunit- (HZ/su-)Totimpfstoff. Im Rahmen der Standardimpfung sollten alle Personen ab 60 Jahren geimpft werden. Für immunsupprimierte Patienten und solche mit schweren Grunderkrankungen gilt die Empfehlung bereits ab einem Alter von 50 Jahren [1].

Unter diese Indikationsimpfung fallen Patienten, die in der Hausarztpraxis häufig vertreten sind: Etwa Patienten mit rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen oder Asthma bronchiale, HIV-Infektion, chronischer Niereninsuffizienz und Diabetes mellitus.

Die Impfung besteht aus zwei Impfstoffdosen, die intramuskulär im Abstand von mindestens zwei bis maximal sechs Monaten verabreicht werden.

Die Effektivität des HZ/su-Totimpfstoffs wurde unter anderem in zwei großen internationalen doppelblinden, placebokontrollierten Studien mit Erwachsenen ab 50 Jahren (ZOE-50-Studie) bzw. 70 Jahren (ZOE-70-Studie) untersucht [2,3].

Wie die gepoolte Analyse zeigte, kann der Impfstoff sowohl vor einer HZ-Erkankung schützen als auch die Post-Zoster-Neuralgie verhindern. So betrug die Inzidenzrate pro 1.000 Personenjahre bei geimpften Personen ≥ 70 Jahren 0,8 gegenüber 9,3 bei ≥ 70-Jährigen mit Placebo-Impfung. Die Wirksamkeit des Impfstoffs lag in der Altersgruppe der ≥ 70-Jährigen bei 91,3 Prozent gegen HZ und bei 88,8 Prozent gegen PZN.

“Wirklich überzeugt hat mich die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen PZN, die selbst bei den über 80-Jährigen noch über 70 Prozent lag”, berichtete Maurer.

Die Impfung mit dem HZ/su-Totimpfstoff ist sicher, aber sehr reaktogen [1]. Die häufigsten lokalen Nebenwirkungen sind Schmerzen an der Injektionsstelle, Rötung und Schwellung.

Man sollte die Patienten darüber aufklären, dass insbesondere in den ersten zwei bis drei Tagen nach der Impfung auch Myalgie, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Fieber, Zittern oder gastrointestinale Beschwerden auftreten können. Maurer rät, den geimpften Arm in dieser Zeit nicht zu belasten.

Wissenswertes zur Impfung

  • Sind mehr als sechs Monate seit der 1. Impfung vergangen, muss man die Impfserie nicht neu beginnen. Die 2. Impfung sollte dann sobald wie möglich erfolgen.
  • War der Abstand zwischen den beiden Impfdosen zu kurz, ist die 2. Impfdosis im Abstand von zwei bis sechs Monaten nach der zu früh gegebenen Impfdosis zu wiederholen.
  • Eine Immunsuppression ist keine Kontraindikation für die Impfung. Details sind der Fachinformation zu entnehmen [4].
  • Die Impfung sollte mindestens zwei, besser vier Wochen vor dem Beginn einer geplanten immunsuppressiven Therapie abgeschlossen sein.
  • Bei Patienten, die bereits an HZ erkrankt waren, sind Nutzen und Risiken der Impfung mit dem HZ/su-Totimpfstoff individuell abzuwägen.

DGS-Regionalkonferenz “Update Schmerzmedizin 2019” in München. Vortrag: Herpes Zoster – von der Therapie zur Prävention, Dr. Silvia Maurer, Bad Bergzabern

Quellen

  1. Ständige Impfkommission (STIKO): Wissenschaftliche Begründung zur Empfehlung einer Impfung mit dem Herpes zoster-subunit-Totimpfstoff. Epid Bull 2018; 50:541-556
  2. Lal H et al. Efficacy of an Adjuvanted Herpes Zoster Subunit Vaccine in Older Adults. N Engl J Med 2015; 372:2087-2096
  3. Cunningham AL et al. Efficacy of the Herpes Zoster Subunit Vaccine in Adults 70 Years of Age or Older. N Engl J Med 2016; 375:1019-1032
  4. Fachinformation Shingrix® Stand: März 2018
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