Medizin und ForschungAktuelles vom GTH-Kongress

Im Februar fand in Bremen die 64. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung statt. Der Hausarzt fasst die neusten Entwicklungen übersichtlich zusammen.

Magnetresonanzangiografie (MRT) des Gehirns zur Beurteilung von Stenosen, Okklusionen, Aneurysmen oder anderen Anomalien.

Thromboseprophylaxe bei Schwangeren

Familienplanung unter laufender oraler Antikoagulation (OAK) – was ist dabei zu beachten? OAK wie Vitamin-K-Antagonisten (VKA) oder neue direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs) sind aufgrund teratogener Effekte in der Schwangerschaft kontraindiziert. Unter Phenprocoumon oder Warfarin kommt es in etwa 30 Prozent der Fälle zu Fehlgeburten in der Frühschwangerschaft und in jeweils etwa 7 Prozent zu Totgeburten in der Spätschwangerschaft bzw. zu Fehlbildungen.

Für DOAKs zeigte eine Studie mit 137 Frauen mit Exposition überwiegend im 1. Trimenon eine Rate von 49 Prozent Lebendgeburten, 23 Prozent Aborten und 28 Prozent Schwangerschaftsabbrüchen; insgesamt kam es bei 7 Kindern (5,1 Prozent) zu Fehlbildungen. Darum sollte schon in der Planung einer Schwangerschaft bzw. präkonzeptionell sowie bei bestätigter Schwangerschaft auf niedermolekulares Heparin (NMH) umgestellt werden, erklärte Prof. Dr. Birgit Linnemann, Regensburg.

Der Switch sollte definitiv vor der 6. Schwangerschaftswoche erfolgen, weil das Fehlbildungsrisiko etwa unter Phenprocoumon danach deutlich ansteigt. Die Behandlung sollte über den gesamten Schwangerschaftsverlauf erfolgen, postpartal ist eine Umstellung auf VKA möglich. Bei der Umstellung sind die unterschiedlichen Halbwertzeiten der OAK zu beachten: 5-7 Tage bei Phenprocoumon, 2-3 Tage bei Warfarin, 9-17 Stunden bei DOAKs. Als Mittel der Wahl zur Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) stehen die NMH Dalteparin, Enoxaparin, Nadroparin und Tinzaparin zur Verfügung, die in prophylaktischer, intermediärer oder volltherapeutischer Dosis verabreicht werden können. Vor Multidosepräparaten wird gewarnt: Sie enthalten plazentagängige Konservierungsmittel wie Benzylalkohol und sollten daher in der Schwangerschaft nicht verwendet werden.


Schlaganfall bei Kindern

Schlaganfall ist bei Erwachsenen die zweithäufigste Todesursache weltweit: 2016 erlitten 13,7 Millionen Menschen einen Stroke, der bei 80-85 Prozent der Betroffenen ischämisch war, 5,5 Millionen starben an der Erkrankung. Bei Kindern (>28 Tage bis ≤18 Jahre) ist die Inzidenz ischämischer Schlaganfälle mit 2-8/100.000 pro Jahr geringer – aber mit hoher Morbidität und Mortalität assoziiert, wie Dr. Lucia Gerstl, München, berichtete. Darum gilt auch und besonders bei Kindern: Time is Brain.

Am häufigsten treten Schlaganfälle im ersten sowie zwischen dem 14. und 17. Lebensjahr auf. Während bei den Adoleszenten das männliche Geschlecht prädominiert, sind bei jüngeren Kindern (<12 Jahre) die Geschlechter gleich verteilt. Fokale Symptome klassisch mit Hemiparese sowie Sprach- und Sehstörungen sind altersunabhängig das häufigste klinische Zeichen. Andere Symptome sind eher altersspezifisch: So sind unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Aufmerksamkeitsdefizit, Übelkeit/Erbrechen sowie Schwindel bei mehr als der Hälfte der Schulkinder (6-18 Jahre) zu finden, Krampfanfälle dagegen vorrangig bei jüngeren Kindern (31 Prozent) und vor allem bei Säuglingen (57 Prozent).

Als Risikofaktoren gelten an erster Stelle prothrombotischer Status, Herzerkrankungen und Arteriopathien, die einzeln (36 Prozent) oder kombiniert (40 Prozent) auftreten können. Bei etwa einem Viertel der Kinder können aber keine Risikofaktoren detektiert werden. Als diagnostischer Goldstandard gilt die möglichst frühe Magnetresonanztomografie (MRT), steht das Verfahren nicht zur Verfügung sollte unverzüglich ein CT eingeleitet werden. Allerdings kommt es bei der Diagnose zu relevanten Verzögerungen: So vergehen zwischen dem ersten Auftreten von Symptomen bis zur Diagnose durchschnittlich 23 Stunden, nur bei 20-30 Prozent wird der Schlaganfall innerhalb von sechs Stunden diagnostiziert. Für Gerstl ist vor allem eine fehlende Awareness für einen Schlaganfall bei Kindern – sowohl auf Seiten der Angehörigen als auch der Ärzte – für die Verzögerung verantwortlich.


Oberflächliche Venenthrombose lange unterschätzt

Obwohl die oberflächliche Venenthrombose (OVT) mindestens ebenso häufig ist, wie die tiefe Venenthrombose (TVT) wurde sie lange unterschätzt. Pro Jahr werden Prof. Dr. Rupert Bauersachs, Darmstadt, zufolge mehr als 100.000 Patienten im mittleren Alter von 68 Jahren behandelt. Anders als bei der TVT, bei der das Geschlechterverhältnis gleich ist, sind Frauen etwa doppelt so häufig betroffen. Die Risikofaktoren sind vergleichbar, allerdings ist eine Varikosis mit bis zu 90 Prozent häufiger als bei der TVT. Das Risiko für eine TVT ist bei OVT 7-fach erhöht. Zirka 30 Prozent der Patienten entwickeln eine asymptomatische, 2-4 Prozent eine symptomatische Lungenembolie (LE).

“Zum Alltagsmanagement und Outcome hatten wir bislang keine belastbaren Daten”, konstatierte Bauersachs. Die liefert jetzt erstmals die prospektive, offene, nicht-interventionelle Registerstudie INSIGHTS-SVT mit 1.184 Patienten mit gesicherter isolierter OVT, die in 71 Praxen und Kliniken behandelt wurden. Führendes Symptom war Schmerz, gefolgt von Verhärtung/Strangbildung, Rötung, Schwellung und Überwärmung. Die Ausdehnung der Thrombose war zu je einem Drittel gering (<10 cm) oder länger (10-20 Prozent, >20 Prozent), der Abstand zum tiefen Venensystem bei 20 Prozent der Patienten <10 cm. Die Diagnose wurde vor allem sonografisch gestellt. Die Antikoagulation erfolgte in erster Linie mit Fondaparinux (66 Prozent) gefolgt von Heparinen (32 Prozent), VKA und DOAKs wurden selten eingesetzt, Kombinationen waren möglich. Nur etwa die Hälfte der Patienten wurde länger als 25 Tage antikoaguliert, 10 Prozent erhielten keine Antikoagulation. Kompression und Kühlung waren die häufigsten begleitenden Maßnahmen.

Eine symptomatische venöse Thromboembolie (VTE als primärer Wirksamkeitsendpunkt) entwickelten nach drei Monaten 5,8 Prozent der Patienten: 4,7 Prozent eine OVT, 1,1 Prozent eine TVT und 0,8 Prozent eine LE. Die Mortalität lag bei 0,3 Prozent. Bei 0,3 Prozent kam es zu schweren Blutungen, bei 1,2 Prozent zu klinisch relevanten nicht-schweren Blutungen. Der klinische Verlauf zeigte eine Besserung bzw. Heilung bei mehr als 90 Prozent der Patienten nach drei Monaten, die auch nach einem Jahr fortbestand. Bei etwa 7 Prozent zeigte sich die Symptomatik jedoch unverändert oder verschlechtert. Die Daten aus INSIGHT-SVT können dazu beitragen, das Management der OVT zu optimieren.

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