EASD #55Herz-Kreislauf im Fokus der Diabetologie

Fast 15.000 Kongressbesucher kamen zur 55. Jahrestagung der European Association for the study of Diabetes nach Barcelona. "Der Hausarzt" stellt die neuesten Ergebnisse großer Studien vor.

Antidiabetikum bei Herzinsuffizienz

Dapagliflozin zusätzlich zur bisherigen Herzinsuffizienz-Medikation senkt bei Patienten mit bestehender Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion das Risiko für eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder einen Tod durch kardiovaskuläre Ursachen signifikant – unabhängig davon, ob die Patienten einen Typ-2-Diabetes hatten oder nicht. In der anlässlich des EASD-Kongresses vorgestellten und parallel publizierten DAPA-HF-Studie erlitten über median 18,2 Monaten hinweg 386 von 2.373 Patienten (16,3 Prozent) mit dem Natrium-Glukose-Cotransporter 2 (SGLT2)-Hemmer und 502 von 2.371 Patienten (21,2 Prozent) in der Placebogruppe ein solches Ereignis, was einer relativen Risikoreduktion von 26 Prozent durch Dapa-gliflozin entspricht (Hazard ratio 0,74; 95 Prozent Konfidenzintervall [KI] 0,65–0,85; p<0,001). Der Vorteil für den SGLT2-Inhibitor zusätzlich zur bisherigen Medikation ließ sich auch für einzelne Endpunkte zeigen: das Risiko für eine erstmalige Verschlechterung der Herzinsuffizienz (Hospitalisierung oder Notfallversorgung mit intravenöser Therapie wegen Herzinsuffizienz) sank um 30 Prozent, das Risiko für kardiovaskulär bedingtes Versterben um 18 Prozent und das Sterberisiko durch jedwede Ursache um 17 Prozent. Dabei profitierten die Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes gleichermaßen. Die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse resultierend aus Volumendepletion, renaler Dysfunktion oder Hypoglykämien war bei Therapie mit Dapagliflozin vergleichbar wie in der Placebogruppe. Bei der Vorstellung der Studienergebnisse in Barcelona betonte Prof. John McMurray von der Universität Glasgow, dass die Herzinsuffizienz-Therapie selbst die derzeit besten verfügbaren Medikamente umfasste und dennoch ein relevanter zusätzlicher Effekt von Dapagliflozin erreicht worden war.

Lesen Sie hierzu unseren Beitrag unter: https://hausarzt.link/KvsEB


Sulfonylharnstoffe überarbeitet

Seit den 1960er Jahren gelten Sulfonylharnstoffe der ersten Generation als Substanzen, die das Herz-Kreislauf-Risiko erhöhen können. Dass dies kein Klasseneffekt ist, zeigt die CAROLINA-Studie, in der der Dipeptidylpeptidase-Hemmer Linagliptin und der Sulfonylharnstoff Glimepirid hinsichtlich kardiovaskulärer Endpunkte verglichen wurden. An der Doppelblind-Studie, die die Nichtunterlegenheit von Linagliptin mit Glimepirid zeigen sollte, nahmen 6.033 Erwachsene mit Typ-2-Diabetes (HbA1C 6,5 – 8,5 Prozent) und erhöhtem kardiovaskulären Risiko aus 43 Ländern teil. Sie erhielten randomisiert entweder einmal täglich 5 g Linagliptin oder Glimepirid in einer täglichen Dosis von maximal 4 mg zusätzlich zu ihrer bisherigen Diabetes-Medikation.

Nach median 6,3 Jahren fand sich hinsichtlich kardiovaskulärer Endpunkte kein signifikanter Unterschied zwischen der Therapie mit den beiden Substanzen. Linagliptin hatte bereits in der CARMELINA-Studie seine kardiovaskuläre Sicherheit im Vergleich zu Placebo gezeigt. Dass Glimepirid in der CAROLINA-Studie nun hinsichtlich der kardiovaskulären Sicherheit ebenso gut wie Linagliptin abschnitt, stellt die lange verbreitete Annahme des kardiovaskulären Risikos von Sulfonylharnstoffen infrage. Die glykämische Kontrolle beider Substanzen war vergleichbar. Allerdings traten mit dem Sulfonylharnstoff drei Mal mehr Hypoglykämien aller Schweregrade auf als mit Linagliptin. Zudem nahmen die Patienten der Glimepirid-Gruppe mehr an Gewicht zu. Das hohe Hypoglykämierisiko und die Gewichtszunahme unter der Therapie bleiben daher limitierende Faktoren für den Einsatz dieser Substanzklasse.

Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag unter https://hausarzt.link/rwXUF


Auch in Europa ist noch Luft nach oben

Westeuropa ist nach der weltweiten SAGE-Studie bei der Erreichung von HbA1c-Zielen bei Typ-1-Diabetikern nur etwas besser als andere Regionen. Weltweit erreichen nur 24,3 Prozent einen Zielwert von < 7 Prozent, in Europa waren es 27 Prozent, erklärte Prof. Jürgen Seufert aus Freiburg. 47,2 Prozent gaben ein individuelles Therapieziel von 7,0 – 7,5 Prozent, 11 Prozent sogar von 7,5 – 8,0 Prozent an. Trotz der hohen Rate an individuellen Therapiezielen wurden diese auch nur von 23,9 Prozent erreicht, kaum mehr als weltweit. Schwere Hypoglykämien in den letzten sechs Monaten berichteten in Westeuropa mit 12,4 Prozent nicht weniger Patienten als in an-deren Regionen. Dabei waren in Westeuropa Insulinpumpen und kontinuierliche Blutzuckermessgeräte sowie lang- und kurzwirksame Insulinanaloga viel besser verfügbar als in anderen Regionen.


Ein Gläschen in Ehren

Eine in Barcelona vorgestellte Metaanalyse von zehn Studien mit 575 Typ-2-Diabetikern belegt, dass ein geringer bis moderater Alkoholkonsum (20 mg/Tag, 0,2 l Wein oder 330 ml Bier) günstige Effekte auf Triglyceride und Insulinspiegel hat. Nüchternblutzucker, HbA1c, Gesamtcholesterin, LDL oder HDL zeigten keinen signifikanten Effekt auf einen mäßigen Alkoholkonsum gegenüber keinem Alkoholkonsum.

Allerdings sollte bedacht werden, dass Alkohol bei einer Diabeteserkrankung das Risiko für Hypoglykämien erhöht und bei regelmäßigem Konsum mit einer Gewichtszunahme verbunden ist.


Low Carb ist nicht alles

Die Evidenz für Kohlenhydrat-reduzierte Diäten zur Verbesserung der glykämischen Kontrolle bei Typ-2-Diabetes ist begrenzt. Eine beim EASD vorgestellte Metaanalyse wertete 23 Studien für qualitative und 19 Studien für quantitative Analysen aus. Einen Effekt einer Low-Carb-Diät auf den HbA1c im Vergleich zur Normalkost zeigte sich nur bei Studien mit kurzer Dauer (3 – 6 Monate) und ein günstiger Effekt der Kohlenhydratbeschränkung auf Gewichtsreduktion, systolischen oder diastolischen Blutdruck oder Lipide allgemein ließ sich nicht belegen. Es wird vermutet, dass extreme Low-Carb-Diäten einfach nicht durchgehalten werden und schon deshalb keine Langzeiteffekte zeigen.


Diabetes-Zeichen schon in der Kindheit

Ein Typ-2-Diabetes im Erwachsenenalter kann sich schon im Kindesalter bemerkbar machen. Eine Geburtskohortenstudie zu genetischen Risikofaktoren für einen Typ-2-Diabetes im Erwachsenenalter und assoziierten metabolischen Veränderungen über die Lebensspanne hinweg fand heraus, dass sich bei späteren Diabetes-Patienten schon im Alter von acht Jahren ein signifikant niedrigerer Spiegel bestimmter HDL-Subtypen zeigte als bei Probanden der Geburtskohorte, die keinen Typ-2-Diabetes entwickelten.

Fast 15.000 Kongressbesucher kamen zur 55. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) nach Barcelona. Vom 16.bis 20. September 2019 wurden alltagsrelevante Fragen der Versorgung von Diabetespatienten diskutiert und neue Ergebnisse großer randomisiert-kontrollierter klinischer Studien vorgestellt.

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